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Kleine Drüsen mit großer Bedeutung

Zu viel Androgene

Bei bestimmten Störungen im Syntheseweg der NNR-Hormone produziert der Körper zu viel DHEA und in der Folge zu viele Androgene und gleichzeitig oft zu wenig Cortisol und Aldosteron. Betroffene zeigen je nach Geschlecht unterschiedliche Symptome. Bei Frauen sind Hirsutismus, Akne und Zyklus­störungen typisch. Sie können dem entgegenwirken, indem sie weibliche Sexualhormone einnehmen, beispielsweise orale Kontrazeptiva mit einem Antiandrogen wie Cyproteronacetat oder Dienogest.

Unter den Begriff »adrenogenitales Syndrom (AGS)« fallen verschiedene genetisch bedingte Erkrankungen, bei denen die Produktion mehrerer NNR-Hormone gestört ist. Auf die häufigste Form, den autosomal-rezessiv vererbten 21-Hydroxylase-Mangel (AGS Typ III), wird routinemäßig im Neugeborenen-Screening getestet.

Mit dem Gendefekt geborene Mädchen weisen bereits bei der Geburt ­Vermännlichungserscheinungen etwa des äußeren Genitals auf. Im frühen Kindesalter entwickeln sie eine starke Intim- und Achselbehaarung mit Bartwuchs, die Muskulatur ist stark ausgeprägt. Betroffene Jungen kommen scheinbar verfrüht in die Pubertät (Pseudopubertas praecox), wachsen zunächst sehr schnell, bleiben schließlich aber unterdurchschnittlich klein, weil sich die Epiphysenfugen schnell schließen. Bei einem unbehandelten AGS droht Unfruchtbarkeit.

Patienten müssen lebenslang Glucocorticoide und Mineralocorticoide substituieren. Gegen die Androgen-Überproduktion wirken synthetische Corticosteroide wie Dexamethason oder Prednison. Sie senken die ACTH-Produktion, woraufhin die überschießende Androgensynthese abnimmt.

Eine experimentelle Therapie steht pränatal zur Verfügung. Frauen, die ein Mädchen mit AGS bekommen könnten, nehmen drei Mal täglich Dexamethason oral ein (off-label). Da das Glucocorticoid von der Plazenta nicht metabolisiert wird, erreicht es unverändert den Feten. Diese Behandlung ist jedoch umstritten, da in der frühen Phase in Unkenntnis des Geschlechts des Kindes sieben von acht Feten (vier männliche und drei weibliche) unnötig therapiert werden. Der Grund: Die experimentelle Behandlung startet unmittelbar nach Feststellung der Schwangerschaft, da die Genitaldifferenzierung sehr früh, das heißt ab der 7. Woche nach der ­Konzeption, beginnt. Die Diagnostik ­eines AGS erfolgt derzeit aber erst in der 11. Schwangerschaftswoche. Dann zeigt sich, ob der Fetus tatsächlich betroffen ist. Erkrankte Jungen brauchen keine Behandlung (2, 21).

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