Klassiker und Exoten |
Den Einsatz dieser Drogen bestimmen die pharmazeutisch relevanten, also pharmakologisch aktiven Pflanzeninhaltsstoffe, die in den Wurzeln und Rhizomen vorkommen. Hier ist eine große phytochemische Bandbreite zu finden, zum Beispiel ätherische Öle in der Baldrianwurzel, Saponine in der Süßholzwurzel, Schleimpolysaccharide in der Eibischwurzel, iridoide Bitterstoffe in der Enzianwurzel, Gerbstoffe in der Ratanhiawurzel, Scharfstoffe im Ingwerwurzelstock, Cumarine in der Angelikawurzel oder Anthranoide in der Rhabarberwurzel. Auch Flavonoide und viele weitere phenolische Substanzen kommen vor. Alkaloide werden in der Ipecacuanhawurzel akkumuliert, außerdem gibt es Drogen mit etwas ungewöhnlicheren Inhaltsstoffen wie die Javanische Gelbwurz mit dem Curcumin.
Die Studienlage für Drogen und Extrakte aus Arzneipflanzen ist extrem heterogen. Zu vielen, genauer gesagt zu den meisten, gibt es keine einzige akzeptable randomisierte, kontrollierte klinische Studie (RCT). Nur wenn eine ausreichend hochwertige RCT vorhanden ist, aus der sich ein positives Nutzen-Risiko-Verhältnis ableitet, vergibt der Ausschuss für pflanzliche Arzneimittel (HMPC) der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) den sogenannten Well-established-use-Status. Drei klassische und apothekenrelevante Wurzel- und Rhizom-Drogen, die es in diese Kategorie geschafft haben, sind der Ingwerwurzelstock, die Baldrianwurzel und der Cimicifugawurzelstock.
Der HMPC erstellt Monographien zu pflanzlichen Drogen und deren Zubereitungen und teilt sie in die Kategorien »well-established use« (WEU) und »traditional use« (TU) ein:
WEU: Die Droge oder Zubereitung wird länger als zehn Jahre in der EU genutzt und die Wirksamkeit und Sicherheit wurden in klinischen Studien bestätigt. Für die Zuordnung zu dieser Kategorie bedarf es mindestens einer RCT, die ausreichend groß und methodisch hochwertig ist. Noch besser ist, wenn Metaanalysen auf der Basis mehrerer RCT zur Verfügung stehen.
TU: Die Droge oder Zubereitung wird länger als 30 Jahre und davon mindestens 15 Jahre in der EU verwendet. Sie wird dann auf der Basis ausreichender Sicherheitsdaten und ihrer traditionellen Anwendung mit plausibler Wirkung registriert. Hier gibt es gemäß HMPC-Einschätzung keine ausreichende Evidenzbasis zur Einstufung in die Kategorie WEU.