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Affenpocken

Impfstoffe werden nur gezielt eingesetzt

Kaum Evidenz für Impfung und Tecovirimat

Momentan ist unklar, wie gut Imvanex bei der Postexpositionsprophylaxe wirklich hilft, denn dafür ist der Impfstoff nicht zugelassen, sondern als klassische Schutzimpfung. Ähnliches gilt für das antivirale Mittel Tecovirimat, das zur Therapie einer akuten Infektion mit Menschen-, Affen- oder Kuhpocken in der EU zugelassen ist, nicht zur Postexpositionsprophylaxe. Von diesem Medikament stehen laut Wendtner derzeit bereits geringe Mengen zur Verfügung, doch gebe es noch keine konkrete Indikationsstellung.

Die bisherigen wenigen Fälle in Deutschland seien milde Verläufe. Tecovirimat sei für Patienten mit schwereren Verläufe reserviert, so Wendtner. Dabei denkt der Arzt vor allem an Immunsupprimierte wie Patienten mit Tumorerkrankungen oder medikamentös nicht kontrollierter HIV-Infektion.

Professor Dr. Roman Wölfel, Oberstarzt und Leiter des Instituts für Mikrobiologie der Bundeswehr in München, betonte ebenfalls, dass die Affenpocken deutlich weniger gefährlich seien als die klassischen, oftmals tödlichen Pocken. Alle Notfall- und Impfpläne, die man seit Langem für reguläre Pockenausbrüche habe, ließen sich hier nicht einfach als Blaupause anwenden.

Eher Haut- als Geschlechtskrankheit

Einig waren sich die Experten, dass derzeit keine Gefahr für eine größere Ausbreitung der Affenpocken in der Allgemeinbevölkerung abzusehen ist. »Wir müssen das Infektionsgeschehen aufmerksam verfolgen, aber es gibt keinen Grund zur Panik«, so Wölfel. Gleichwohl sei es sehr wichtig, Kontakte nachzuverfolgen, Betroffene und Kontaktpersonen zu isolieren und Risikogruppen zu identifizieren und zu schützen.

Bei der Benennung von Risikopersonen drückte Wendtner sich bewusst äußerst vorsichtig aus. Bislang sind vor allem Männer, die Geschlechtsverkehr mit Männern hatten (MSM), betroffen. Dies dürfe aber nicht zur Stigmatisierung führen. In Kanada ist zum Beispiel mittlerweile auch ein Schulkind erkrankt. »Ein enger Körperkontakt ist entscheidend«, betonte der Arzt.

Zwar konnte sein Labor erstmals Affenpockenviren im Sperma eines der beiden in München behandelten Männer nachweisen. Doch Pockeninfektionen seien in erster Linie Schmierinfektionen, die vor allem von den hochinfektiösen Pusteln ausgingen, die nicht immer gut zu erkennen seien. Daher sei eine Übertragung generell bei engem Hautkontakt möglich, nicht nur beim Geschlechtsverkehr, und auch nicht nur bei ungeschütztem Sex.

Wendter geht davon aus, dass es nicht nur bei männlichen Betroffenen bleiben wird. Er sprach von geschlechtsunabhängig promiskuitivem Verhalten als derzeitigem Risikofaktor.

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