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Arzneistoffe vor der Zulassung

Im Galopp durch die Pipeline

Herzinsuffizienz, Migräne und atopische Dermatitis: Für diese und andere Indikationen stehen interessante neue Wirkstoffe kurz vor der Zulassung. Professor Dr. Manfred Schubert-Zsilavecz stellte sie beim Fortbildungskongress Pharmacon@home gewohnt dynamisch vor.
Kerstin A. Gräfe
04.06.2021  18:00 Uhr

In Deutschland sei die Herzinsuffizienz die dritthäufigste Todesursache überhaupt, informierte der pharmazeutische Chemiker von der Goethe-Universität in Frankfurt am Main. »Die letzte innovative Substanz in diesem Segment war im Jahr 2016 der Neprilysin-Inhibitor Sacubitril«, erinnerte er. Mit Vericiguat (Verquvo® von MSD und Bayer), einem Stimulator der löslichen Guanylatcyclase (sGC), stehe nun ein neues Wirkprinzip zur Therapie der Herzinsuffizienz kurz vor der Zulassung. In den USA sei Vericiguat bereits Anfang dieses Jahres von der US-amerikanischen Gesundheitsbehörde FDA zugelassen worden. Für Europa habe die Europäische Arzneimittelbehörde (EMA) kürzlich eine Empfehlung ausgesprochen. 

Was kann der Wirkstoff? Ein wichtiger Player in der kardialen Funktion im Myokard ist Stickstoffmonoxid (NO). Dieses aktiviert die sGC, die die Umwandlung von Guanosintriphosphat (GTP) in cyclisches Guanosinmonophosphat (cGMP) katalysiert. Bei Herzinsuffizienz werde unter anderem infolge von oxidativem Stress zu wenig NO gebildet, wodurch die Aktivität der sGC »gehemmt beziehungsweise geschwächt« sei. Letztlich werde zu wenig GTP in cGMP umgewandelt, was zu einer myokardialen Dysfunktion führen könne.

»Vericiguat agiert als direkter Aktivator der sGC und sorgt dafür, dass vermehrt cGMP gebildet wird«, erklärte Schubert-Zsilavecz. Klinisch überzeugt habe der Wirkstoff in der klinischen Phase-III-Studie VICTORIA, in der er, zusätzlich zur Standardtherapie gegeben, die Rate kardiovaskulärer Todesfälle oder Hospitalisierung signifikant senken konnte.

Ganz neu ist das Wirkprinzip nicht. Mit Riociguat (Adempas®), das zur pulmonalen Hypertonie zugelassen ist, sei bereits eine strukturell sehr ähnliche Substanz verfügbar. »Riociguat muss jedoch dreimal täglich appliziert werden, Vericiguat hingegen nur einmal täglich«, informierte der Referent. Erreicht habe man diese pharmakokinetische Veränderung mittels einer Demethylierung und Fluorierung. »Vericiguat ist sozusagen ein aktiver Metabolit von Riociguat«. 

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