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Arzneimittel

Gefälscht oder nur schlechte Qualität?

Die Weltgesundheitsorganisation kennt Arzneimittel schlechter Qualität, die den Spezifikationen der Arzneibücher nicht entsprechen, und gefälschte Arzneimittel, die vorsätzlich und in betrügerischer Absicht verändert wurden. Wie häufig kommt das vor und in welchen Ländern? Welche Gegenmaßnahmen sind sinnvoll?
Ulrike Holzgrabe
12.11.2023  08:00 Uhr

Was ist schlechte Qualität?

Es stellt sich die Frage, ob es sich bei den genannten Fällen um Fälschungen von Arzneimitteln handelt oder schlicht um Arzneimittel schlechter Qualität.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) definiert »Substandard«-Qualität als außerhalb der Spezifikationen, die klassischerweise von Arzneibüchern vorgegeben werden. Unzureichende Qualität ist meist auf eine mangelhafte Herstellung oder Zersetzung in zeitlich abgelaufenen Arzneimitteln zurückzuführen. Zu dieser Kategorie zählen somit beispielsweise die mit Nitrosaminen verunreinigten Sartane. Auslöser war eine veränderte Herstellung, die zu Verunreinigungen, sprich zur Bildung von Nitrosaminen wie N-Nitrosodimethylamin und Analoga, führte (3).

Wie aus den Meldungen der FDA (Tabelle 1) zu entnehmen ist, fand man bei einer ausgiebigen Risikoanalyse nahezu aller Arzneimittel auf dem Markt zusätzlich eine ganze Reihe von nitrosierten Arzneistoffen in Arzneimitteln. Hier reagieren primäre und sekundäre Aminfunktionen von Arzneistoffen mit Nitriten und Nitraten aus Hilfsstoffen (4, 5) zu sogenannten »Nitrosamine drug-substance-related impurities« (NDSRI). Neben N-Nitroso-Orphenadrin und N-Nitroso-Quinapril (Tabelle 1) werden fast monatlich mehr Nitrosamine berichtet, deren Toxizität nicht bekannt ist. Zur Vermeidung der NDSRI-Bildung müssen künftig entweder saubere Hilfsstoffe verwendet oder die Formulierungen angepasst werden.

Datum Arzneistoff Arzneiform Ursache
12/2022 Quinapril Tabletten 20 und 40 mg N-Nitroso-Quinapril
10/2022 Quinapril und Hydrochlorothiazid Tabletten USP, 12,5 und 20 mg, N-Nitroso-Quinapril
9/2022 Aciclovir Injektion intravenös dunkelrote, braune und schwarze Partikel in der Ampulle
8/2022 Propofol Injektionslösung USP sichtbare Partikel in der Ampulle
5/2022 Anagrelide Kapseln schlechte Freisetzung
4/2022 Accupril (Quinapril HCl) Tabletten 10, 20 und 40 mg N-Nitroso-Quinapril
3/2022 Idarubicin Hydrochlorid Injektion USP evtl. Partikel (Kieselgel und Eisenoxid)
3/2022 Orphenadrin Citrat 100 mg Tabletten mit verzögerter Freisetzung Nitroso-Orphenadrin
3/2022 Accuretic™ (Quinapril HCl, Hydrochlorothiazid) Tabletten N-Nitroso-Quinapril
3/2022 Natriumacetat Injektionslösung, USP, 400 mEq/100 mL (4 mEq/mL) 100 mL gefüllt in 100 mL Ampullen Partikel
3/2022 0,9 % Natriumchlorid zur Injektion USP 250 mL lecke und unsterile Ampulllen
1/2022 Polymyxin B zur Injektion USP, 500.000 Units/Vial Ampullen Partikel
1/2022 Metformin-Hydrochlorid Tabletten mit verzögerter Freisetzung N-Nitrosodimethylamin (NDMA)
Tabelle 1: Arzneimittelrückrufe vom Markt durch die FDA aufgrund von Qualitätsmängeln; gesammelt 2022

Anfang Oktober dieses Jahres wurde zudem von Fluoxetin-Lieferengpässen berichtet, da Chargen aufgrund von Verunreinigungen mit Nitroso-Fluoxetin der Sandoz-Töchter Hexal und 1A-Pharma nicht freigegeben werden konnten. Die Lage soll sich aber in Kürze wieder entspannen.

Auch das mit Histamin verunreinigte Gentamicin, das zu allergischen bis anaphylaktischen Reaktionen bei Pferden und Menschen geführt hat (6, 7), gehört in diese Kategorie. Hier wurde im Fermentationsmedium für die Gentamicin-Produktion das Fischpepton ausgetauscht. Da die Fische, aus denen das Pepton isoliert wurde, vom neuen Lieferanten nicht ordnungsgemäß gelagert worden waren, erzeugten Mikroorganismen (M.morgani oder K.pneumoniae) in den Fischen durch enzymatische Decarboxylierung mehr Histamin aus Histidin, sodass in diesem Pepton mehr Histamin enthalten war als im ursprünglich verwendeten Produkt. Mit dem Wechsel zum ursprünglichen Pepton-Hersteller traten keine allergischen Reaktionen mehr auf.

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