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Arzneimittel

Gefälscht oder nur schlechte Qualität?

Die Weltgesundheitsorganisation kennt Arzneimittel schlechter Qualität, die den Spezifikationen der Arzneibücher nicht entsprechen, und gefälschte Arzneimittel, die vorsätzlich und in betrügerischer Absicht verändert wurden. Wie häufig kommt das vor und in welchen Ländern? Welche Gegenmaßnahmen sind sinnvoll?
Ulrike Holzgrabe
12.11.2023  08:00 Uhr

Arzneimittelknappheit lockt Fälscher

Fälschungen treten häufig dann auf, wenn ein Arzneimittel besonders begehrt ist und es zu Verknappungen kommt. So kamen nach dem Zweiten Weltkrieg Penicillin-Fälschungen (Injektionslösungen ohne Penicillin) auf den Markt, da es zu wenig davon gab. Dieses Ereignis wurde in dem Buch von Grahame Greene »Der dritte Mann« thematisiert. Als 2006/7 eine Schweinegrippe-Pandemie drohte, wollten sich viele Menschen mit Oseltamivir (Tamiflu®) bevorraten, was schnell zu einem Engpass führte. In dieser Zeit wurden Tamiflu®-Präparate gefunden, die Metronidazol oder Paracetamol anstatt Oseltamivir enthielten.

Das hat das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) während der Covid-19-Pandemie 2020 dazu veranlasst, nachdrücklich vor gefälschten Arzneimitteln zu warnen (10). Die WHO vermeldete beispielsweise gefälschtes Chloroquin (Produktwarnung 4/2020) und Hydroxychloroquin sowie gefälschte In-vitro-Diagnostika und Laborreagenzien (3/2020).

Die internationale kriminalpolizeiliche Organisation (Interpol) berichtete im März 2020 über 34.000 gefälschte medizinische Waren:

  • Arzneimittel wie antivirale Substanzen (Remdesivir), pflanzliche Arzneimittel, Antimalariamittel;
  • medizinische Geräte wie Gesichtsmasken, Antiseptika, Coronatests, Handschuhe und sogar Beatmungsgeräte;
  • Desinfektionsmittel für die Hände, Gele, Seifen und Reinigungstücher (11).

Auch die Covid-Impfstoffe wurden in großem Maßstab gefälscht (12). Für Fälscher war »the liquid gold in 2021 the vaccine«. Viele Fälschungen wurden im »Darknet« gehandelt (13).

Noch aktueller: Semaglutid (Ozempic® von Novo Nordisk), ein GLP-1-Agonist zur Behandlung von Typ-2-Diabetes, führt zur Gewichtsreduktion, was eine breite Off-Label-Nutzung ausgelöst hat. Die Ozempic-Pens werden im Internet als Schlankheitsmittel gehandelt, was zu einer massiven Verknappung des für Diabetespatienten wichtigen Arzneimittels geführt hat. Im Juli 2023 wurden Fälschungen bekannt, die Glargin-Insulin statt Semaglutid enthielten. Dies löste massive und lebensgefährliche Unterzuckerungen aus.

Solche Fälschungen wurden im Sommer nur in der Schweiz und Australien sowie im Kosovo, der Türkei und in Südafrika, aber noch nicht in Deutschland beobachtet. Die Fälschungen stammen aus illegalen Lieferketten (14, 15).

Und es geht noch weiter: Mitte Oktober teilte das Regierungspräsidium Freiburg mit, dass gefälschtes Ozempic von einem Zwischenhändler aus Lörrach in Umlauf gebracht worden sei. Die Packungen stammen ursprünglich von einem österreichischen Großhändler, der sie aus Großbritannien bezogen hat. Die Sekundärpackungen sind dem Originalpräparat ähnlich, allerdings unterscheiden sich die Pens deutlich. Welche Gefahr von den Fälschungen ausgeht, ist derzeit noch unklar, ebenso ob es Securpharm-Alarm gibt. Nach Angaben der Netzgesellschaft Deutscher Apotheker (NGDA) wurde bislang noch keine gefälschte Ware auf dem deutschen legalen Apothekenmarkt gefunden (Stand 12. Oktober 2023). Die beschlagnahmten Chargen werden zurzeit untersucht.

Ende Oktober wurde der Fall einer nur leicht übergewichtigen, aber nicht diabetischen Kundin – von Patientin kann man wohl nicht sprechen – aus Österreich gemeldet, die von einem Arzt, einem Schönheitschirurgen, dreimal Ozempic® erhalten hatte. Bei Kauf der vierten Packung muss sie wohl eine Fälschung, das heißt Insulin, bekommen haben, was aufgrund von starken »Nebenwirkungen« zu einer Krankenhauseinweisung geführt hat. Nach einer Nacht konnte die Frau wieder entlassen werden. Mutmaßlich sind weitere Fälschungen in Österreich in Umlauf.

Inzwischen warnt auch die Europäische Arzneimittelbehörde (EMA) vor gefälschtem Ozempic® in der EU und in Großbritannien, denn Fälschungen wurden bereits in mindestens 14 Ländern gefunden. Tirzepatid (Mounjaro®), ein weiterer GLP-1-Agonist der Firma Eli Lilly, ist ebenfalls von Produktpiraterie betroffen. Das bedeutet, dass das Ausmaß dieses Fälschungsskandals noch gar nicht abgesehen werden kann.

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