Früh erkennen, gezielt behandeln |
Annette Rößler |
14.01.2024 08:00 Uhr |
Levodopa ist seit mehr als 30 Jahren die Standardtherapie bei PK, sollte aber nach Möglichkeit nicht gleich zu Beginn eingesetzt werden, da es zur Entwicklung von motorischen Komplikationen beiträgt. Begonnen wird die Therapie daher laut Leitlinie vor allem bei jüngeren Patienten bevorzugt mit einem Dopaminagonisten oder einem MAO-B-Hemmer als Monotherapie. Patienten, die von Anfang an Levodopa benötigen, sollten es aber laut Leitlinie auch erhalten.
Bei den Dopaminagonisten werden ergoline von nicht ergolinen Wirkstoffen unterschieden. Ergoline Substanzen haben als Grundstruktur Ergolin, einen stickstoffhaltigen Tetrazyklus, der typisch für die Mutterkornalkaloide ist. Ergoline Dopaminagonisten sind Bromocriptin, Cabergolin, Pergolid und Lisurid. Ihr Einsatz wird grundsätzlich nicht mehr empfohlen, da sie als Nebenwirkung eine Fibrose der Herzklappen verursachen können, die nicht reversibel ist.
Nicht ergoline Dopaminagonisten sind chemisch heterogen. Ihre Wirkung bei Parkinson beruht vor allem auf der Aktivierung von Dopamin-D2-Rezeptoren im Corpus striatum. Therapeutisch eingesetzt werden Pramipexol, Ropinirol, Piribedil und Rotigotin sowie Apomorphin, das jedoch nur zur subkutanen Injektion oder Infusion sowie als Sublingualfilm zur Verfügung steht und daher eine Sonderstellung einnimmt.
Laut Leitlinie lässt sich aus der Literatur keine eindeutige Empfehlung für einen der Wirkstoffe aufgrund überlegener Wirksamkeit ableiten, sodass praktische Überlegungen die Substanzauswahl steuern sollten. So sind Pramipexol und Ropinirol als Retardformulierungen und Rotigotin als transdermales Pflaster verfügbar, was jeweils eine einmal tägliche Anwendung ermöglicht. Ropinirol wird über CYP1A2 verstoffwechselt, sodass bei gleichzeitiger Gabe mit Induktoren oder Inhibitoren dieses Enzyms die Ropinirol-Dosis angepasst oder ein Wechsel auf einen anderen Dopaminagonisten erwogen werden sollte. Pramipexol wird größtenteils unverändert über die Niere ausgeschieden, was bei eingeschränkter Nierenfunktion nachteilig, bei Leberinsuffizienz aber vorteilhaft gegenüber anderen Dopaminagonisten sein kann.
Potenzielle Nebenwirkungen von Dopaminagonisten sind Impulskontrollstörungen und Halluzinationen. Sie können ein Absetzen erforderlich machen.
Dopamin ist auch der zentrale Neurotransmitter im Belohnungssystem des Gehirns. Dies ist wohl der Grund dafür, dass es bei einer medikamentösen Verstärkung der Dopaminwirkung durch Dopaminagonisten zu Impulskontrollstörungen (IKS) kommen kann.
Laut Leitlinie sind von IKS in Studien zwischen 14 und 18,5 Prozent der Parkinson-Patienten betroffen. Am häufigsten sind Spielsucht, pathologisches Kaufverhalten, Hypersexualität und Binge Eating. Die Störungen können zu jedem Zeitpunkt der Erkrankung und auch erst deutlich nach dem Beginn einer Therapie mit einem Dopaminagonisten auftreten.
Ein Absetzen des Dopaminagonisten bessert die Symptomatik. Allerdings darf dies nicht schlagartig passieren, sondern die Dosis sollte schrittweise reduziert werden. Denn nicht wenige Patienten (15 bis 24 Prozent) entwickeln nach dem Absetzen ein Dopaminagonisten-Entzugssyndrom (DAWS) mit Symptomen wie bei einem Entzug von Psychostimulanzien: Angst, Depression, Agitation, Schlafstörungen, Reizbarkeit, Fatigue, Suchtverlangen, orthostatische Hypotension, Schwitzen, Hitzewallungen, Übelkeit, Schwindel und generalisierte Schmerzen. Da es keine spezifische Therapie gegen ein DAWS gibt, sollte bei schweren und anhaltenden Beschwerden erwogen werden, den Dopaminagonisten in einer niedrigen Dosis wieder einzusetzen.
Monoaminoxidasen (MAO-A und MAO-B) sind mitochondriale Enzyme, die Monoamine abbauen. Als Monoamine werden verschiedene Neurotransmitter und Neuromodulatoren bezeichnet, die als strukturelle Gemeinsamkeit eine Aminogruppe aufweisen, die über eine Ethylgruppe mit einem aromatischen Ring verknüpft ist. Zu den Monoaminen zählen neben Dopamin unter anderem Adrenalin, Noradrenalin und Serotonin sowie das biogene Amin Tyramin. Letzteres ist vor allem in gelagerten und fermentierten Nahrungsmitteln wie reifem Käse, Rotwein oder Schokolade enthalten und wirkt als indirektes Sympathomimetikum.