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Häufige Arzneistoffe

Steckbrief Levodopa

Levodopa (L-Dopa) ist eine körpereigene Substanz, die seit mehr als 50 Jahren als Parkinsonmittel eingesetzt wird. Noch immer gehört sie zu den meist verordneten Arzneistoffen – von einem Molekül mit On-Off-Phänomen und einer innigen Beziehung zu Carbidopa und Benserazid.
Daniela Hüttemann
07.07.2021  07:00 Uhr

Was ist das Einsatzgebiet von Levodopa?

Levodopa kam 1973 in Kombination mit Benserazid unter dem Namen Madopar® auf den Markt und schaffte es schon 1977 als Fixkombination mit Carbidopa auf die Liste unentbehrlicher Arzneimittel der Weltgesundheitsorganisation. Es gilt auch heute noch als wichtigstes Parkinson-Medikament. Mittlerweile wird es auch bei anderen Erkrankungen mit Dopamin-Mangel wie dem Restless-Legs-Syndrom eingesetzt, off Label zum Teil auch noch bei weiteren Erkrankungen, nicht aber bei Medikamenten-bedingtem Parkinsonismus.

Warum wird Levodopa immer mit anderen Arzneimitteln kombiniert?

Levodopa ist eine Vorstufe von Dopamin und anderen Neurotransmittern. Im Gegensatz zu diesen kann es die Blut-Hirn-Schranke passieren. Erst im Gehirn wird Levodopa zu Dopamin umgebaut. Ohne Partner wird jedoch 95 Prozent des Levodopa schnell in der Körperperipherie abgebaut. Um dies zu verhindern, wird es mit einem Decarboxylase-Hemmer (Carbidopa, Benserazid) oder einem COMT-Hemmer (Entacapon, Tolcapon, Opicaponto) kombiniert. Dadurch kann die nötige Levodopa-Dosis auf 20 Prozent im Vergleich zur Monotherapie gesenkt werden. So werden auch Nebenwirkungen wie Übelkeit, Erbrechen und Arrhythmien durch peripher gebildete Neurotransmitter reduziert.

Die Kombination Levodopa plus Benserazid wird am häufigsten verschrieben. Die Ersteinstellung sollte aber, vor allem bei jüngeren Patienten, mit einem anderen Parkinsonmittel wie Dopamin-Rezeptoragonisten, Muskarin-Rezeptorantagonisten oder MAO-B-Hemmern erfolgen, um Levodopa erst später einsetzen zu müssen, da die Wirkung mit den Jahren nachlässt.

Welche Kontraindikationen müssen beachtet werden?

Kontraindiziert ist es bei Überempfindlichkeit, bei Patienten jünger als 25 Jahre (da die Skelettentwicklung abgeschlossen sein muss), bei schweren endokrinen Funktionsstörungen, bei schweren Stoffwechsel-, Herz-, Leber-, Nieren- und Knochenmarkerkrankungen, bei Psychosen, beim Engwinkelglaukom sowie bei Behandlung mit Reserpin, nicht-selektiven MAO-Hemmern oder einer Kombi aus MAO-A- und MAO-B-Hemmern. Zudem darf Levodopa nicht von Schwangeren oder Frauen im gebärfähigen Alter ohne gesicherten Empfängnisschutz eingenommen werden.

Wie wird Levodopa dosiert?

Die Dosierung richtet sich nach der Schwere der Symptome und der Verträglichkeit. Das Arzneimittel muss eingeschlichen werden. Zu Therapiebeginn wirkt Levodopa meist sehr gut, vor allem gegen Akinese und Rigor. Nach der sogenannten Honeymoon-Phase lässt die Wirkung nach drei bis fünf Jahren jedoch häufig nach und es kommt zu Dyskinesien und Wirkungsfluktuationen, dem sogenannten On-Off-Phänomen. Dabei nimmt die Wirksamkeit grundsätzlich ab, kann aber abrupt und vorübergehend wiederkehren.

Anfangs wird die Tagesdosis auf ein bis vier Einzelgaben verteilt, später sollen es mindestens vier Einzeldosen sein. Tagesdosen von 800 mg Levodopa und 200 mg Benserazid sollten nicht überschritten werden. Proteinreiche Mahlzeiten und Antazida vermindern die Wirkung. Die Therapie darf nicht plötzlich beendet werden, sondern sollte ausgeschlichen werden. Es gibt schnell freisetzende Wirkformen, aber auch Depotpräparate.

Welche Nebenwirkungen kann Levodopa haben?

Die Liste ist lang. Gastrointestinale Symptome wie Übelkeit und Erbrechen treten meist zu Therapiebeginn auf und lassen sich durch langsame Dosissteigerung oder die Einnahme zu den Mahlzeiten reduzieren. Gleiches gilt für orthostatische Ereignisse. Mit der Zeit können Dyskinesien auftreten, die sich in unwillkürlichen oder heftigen Bewegungen äußern. Typisch für dopaminerge Therapien sind Impulskontrollstörungen wie pathologische Spielsucht, Libidosteigerung, Impulskäufe oder Essattacken. Eine Besonderheit ist eine leichte Rotfärbung des Urins sowie mögliche Verfärbungen anderer Körperflüssigkeiten und Gewebe wie Speichel, Zähne, Zunge und Mundschleimhaut. Manche Patienten verlieren auch den Appetit oder Geschmackssinn. Levodopa kann darüber hinaus Herz-Rhythmus-Störungen, Depressionen und starke Schläfrigkeit bis hin zu Schlafattacken auslösen.

Welche Wechselwirkungen mit Levodopa sind möglich?

Auch hier gibt es viel zu beachten. Domperidon und Metoclopramid (MCP) können die Resorption beziehungsweise deren Geschwindigkeit erhöhen. Die Wirkung von Levodopa wird eingeschränkt durch Opioide, Reserpin-haltige Antihypertensiva und Neuroleptika. Nicht empfohlen wird die gleichzeitige Einnahme mit Sympathomimetika wie Epinephrin oder Amphetamin, da Levodopa deren Wirkung verstärken kann. Gleiches gilt für Antihypertensiva. Bei Diabetikern sollte der Blutzuckerspiegel öfter überprüft und die antidiabetische Therapie gegebenenfalls angepasst werden. Schwerwiegende Interaktionen in Form von Herz-Rhythmus-Störungen können mit Fluranen bei einer Narkose auftreten. 

Was gibt es noch zu Levodopa zu wissen?

In den 1950er-Jahren entdeckte der schwedische Pharmakologe Arvid Carlsson das Dopamin. Zudem konnte er zeigen, dass die Verabreichung von Levodopa an Hunde, bei denen durch Reserpin-Gabe Parkinsonismus erzeugt wurde, die Symptome lindern kann. Dafür bekam er im Jahr 2000 den Nobelpreis für Medizin. 1961 verabreichten die österreichischen Forscher Walther Birkmayer und Oleh Hornykiewicz erstmals schwer kranken Parkinson-Patienten Levodopa intravenös und konnten so die Symptome fast völlig aufheben. Vorsicht übrigens vor Nahrungsergänzungsmitteln mit der Juckbohne (Mucuna pruriens) oder Ackerbohne (Vicia faba): Sie enthalten natürlicherweise hohe Mengen Levodopa. Und: L-Dopa wirkt auch als Klebstoff, mit dem sich Miesmuscheln an Oberflächen anheften.

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