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Tuberkulose

Blick in die Pipeline

Die Tuberkulose gehört auch 2023 noch zu den tödlichsten Infektionskrankheiten weltweit. Nach vielen Jahren mit wenig Fortschritt befinden sich neue vielversprechende Arzneimittel und Impfstoffe in der klinischen Entwicklung, wozu die Identifizierung des Mykobakterium-Genoms entscheidend beigetragen hat.
Bettina Wick-Urban
16.07.2023  08:00 Uhr

Impfstoffe zur Ausrottung der Tuberkulose

In Expertenkreisen herrscht Einigkeit, dass eine weltweite Ausrottung der TB nur durch einen wirksamen Impfstoff möglich ist. Den derzeit einzig verfügbaren, aber in Deutschland nicht zugelassenen Bacillus-Calmette-Guérin-(BCG-)Lebendimpfstoff empfiehlt die Ständige Impfkommission (STIKO) des Robert-Koch-Instituts aufgrund der geringen Wirksamkeit und der schlechten Verträglichkeit nicht mehr (3).

Höchste Priorität bei der Entwicklung haben Impfstoffe, die bei Erwachsenen und Jugendlichen eine Erkrankung verhindern, da diese das höchste Risiko für eine Ansteckung und Erkrankung haben (17). Basierend auf den von der WHO im Jahr 2018 neu definierten Therapiezielen sind mittlerweile zahlreiche Impfstoffe in der klinischen Entwicklung:

  • präventive Impfstoffe zur Vermeidung einer TB-Infektion bei Kindern beziehungsweise TB-Erkrankung bei Jugendlichen und Erwachsenen (Latent Tuberkulose Infizierte; LTBI+) und
  • therapeutische Impfstoffe zur Vermeidung eines TB-Rückfalls beziehungsweise in Kombination mit TB-Medikamenten zur Verkürzung der Behandlungsdauer, zur Erhöhung der Heilungsrate vor allem bei DR-TB sowie zur Reduktion von Resistenzen.
Impfstoffname Impfstofftyp Patienten-Zielgruppe Entwicklungsphase
VPM1002 präventiv, therapeutisch Kinder, Jugendliche, Erwachsene III
M72/AS01E präventiv Jugendliche, Erwachsene (LTBI+) II
MTBVac präventiv Kinder, Jugendliche, Erwachsene (LTBI+) II
RUTI therapeutisch Erwachsene mit aktiver TB II
V7 therapeutisch Erwachsene mit aktiver TB III
Tabelle 2: Tuberkulose-Impfstoffe in der klinischen Entwicklung

Impfziel: Prävention

Am weitesten fortgeschritten in der Entwicklung neuer TB-Impfstoffe ist VPM 1002, eine rekombinante BCG-Vakzine, die am Max-Planck-Institut in Göttingen von der Arbeitsgruppe um Professor Dr. Stefan Kaufmann entwickelt wurde. VPM 1002 enthält ein gentechnisch modifiziertes Mycobacterium bovis vom BCG-Subtyp Prag. Diese Bakterien wurden so verändert, dass das Gen hly in das bakterielle Genom integriert wurde. Dieses Gen codiert für das membranperforierende Protein Listeriolysin O (Hly) aus Listeria monocytogenes. Das Protein sorgt dafür, dass die phagosomale Membran von Wirtszellen, die VPM 1002 in sich tragen, durchlöchert wird, sodass die Antigene ins Zytosol gelangen können. Dadurch wird der Zelltod dieser Zellen induziert. Zudem scheint dies auch die MHC-basierte Antigenpräsentation zu erleichtern und damit die T-Zellantwort zu stimulieren. Damit Listeriolysin wirken kann, benötigt es einen sauren pH-Wert von deutlich unter 6. Dies wird durch die Deletion des Urease-C-Gens erreicht. Wird Urease C nicht produziert, bleibt der pH-Wert im sauren Bereich (18).

In einer Phase-II-Studie mit HIV-exponierten und nicht exponierten Neugeborenen in Südafrika war VPM 1002 gut verträglich und zeigte eine gute Immunogenität (19). Derzeit wird der Impfstoff in Phase III in gleich zwei Studien getestet: in einer Studie an Neugeborenen mit dem Studienendpunkt »Prävention einer TB-Infektion« und in einer zweiten Studie an Erwachsenen, bei denen nach einer überstandenen Lungen-TB-Erkrankung ein Rückfall verhindert werden soll. Mit ersten Ergebnissen wird Ende 2023 gerechnet (9).

M72/AS01E (GSK) enthält zwei immunogene Mtb-Antigene in einem rekombinanten Fusionsprotein plus das Adjuvans AS01, die die Lymphozytenproliferation sowie die Interferon-γ-Produktion steigern sollen (17). Ziel ist die Prävention von TB-Erkrankungen bei infizierten Jugendlichen und Erwachsenen (LTBI+).

In einer randomisierten Studie erhielten 3375 Mtb-infizierte Erwachsene ohne aktive TB oder HIV-Infektion zwei Dosen M72/AS01E im Abstand von vier Wochen und wurden drei Jahre im Hinblick auf das Auftreten einer aktiven pulmonalen TB mittels Nachweis von Mtb im Sputum nachbeobachtet. Daten von zwei Jahren nach der zweiten Injektion zeigten einen Schutz von 54 Prozent bei Gabe von M72/AS01E im Vergleich zu Placebo. Nach 2,7 Jahren betrug der Schutz 50 Prozent. Eine Vergleichskontrolle mit BCG-Impfung gab es in der Studie nicht. Mehr Probanden, die M72/AS01E erhielten, berichteten über Reaktionen an der Injektionsstelle sowie über grippeähnliche Beschwerden. Schwerwiegende Nebenwirkungen traten gleich häufig in der Verum- und in der Placebogruppe auf (20, 21). Eine Phase-III-Studie ist in Planung.

MTBVac (Biofabri) ist ein Lebendimpfstoff, der genetisch attenuiertes M. tuberculosis enthält. Dabei wurden in Mtb zwei Gene deletiert, die als zentrale Schaltstellen für die Expression zahlreicher Virulenzgene gelten: phoP, ein Transkriptionsfaktor für Virulenzfaktoren und fadD26, das an der Synthese eines Lipids beteiligt ist. (17). Die Vakzine soll bei Kindern die Infektion mit TB verhindern sowie bei infizierten Jugendlichen und Erwachsenen das Ausbrechen der Erkrankung.

Der Impfstoff erwies sich in einer Phase-I-Studie mit Erwachsenen als sicher (22). In einer Phase-II-Studie mit gesunden Neugeborenen zeigte MTBVac in allen getesteten Dosen eine antigenspezifische T-Helferzell-Antwort mit einem Peak nach 70Tagen. Eine stärkere Immunogenität als die BCG-Kontrollvakzine zeigte sich in der höchsten getesteten Dosis, die über ein Jahr anhielt. Die Verträglichkeit war gut. In der höchsten Dosisgruppe sowie in der BCG-Gruppe traten vermehrt milde Reaktionen an der Injektionsstelle auf (23).

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