Blick in die Pipeline |
Die bakterielle Proteinsynthese ist das Angriffsziel mehrerer Arzneistoffe, die sich derzeit in klinischer Erprobung befinden. Mit Linezolid ist bereits ein Vertreter der Oxazolidinone für die Behandlung von MDR- und XDR-TB zugelassen. Linezolid bindet an die 50S-Ribosomenuntereinheit und blockiert die Bindung von tRNA an die Bindungsstelle. Der Arzneistoff hat eine gute Wirksamkeit auch bei MDR- und XDR-TB und weist keine Kreuzresistenz mit anderen TB-Arzneimitteln auf. Problematisch ist jedoch seine schlechte Verträglichkeit vor allem bei längerer Gabe, da er toxisch auf die Mitochondrien wirkt. Schwerwiegende Nebenwirkungen wie Anämie und Thrombozytopenie, verursacht durch die Suppression des Knochenmarks, periphere Neuropathie, optische Neuritis, Laktatazidose, sowie Pankreatitis können auftreten (6).
Auch mit Interaktionen ist zu rechnen. Linezolid ist ein reversibler, nicht selektiver Monoaminooxidase-(MAO-)Hemmer. Die Kombination mit serotonergen Substanzen wie Citalopram, Escitalopram, trizyklischen Antidepressiva, Triptanen, Tramadol oder Fentanyl ist wegen der Gefahr eines Serotonin-Syndroms kontraindiziert.
Delpazolid ist ein Linezolid-Analogon, das an die 23s-rRNA bindet und die bakterielle Proteinsynthese blockiert. In einer ersten Studie an wenigen Patienten mit DS-pulmonaler TB zeigte Delpazolid im Vergleich zur HRZE-Standardtherapie oder Linezolid eine stärkere antibakterielle Wirksamkeit (10). Mit Ergebnissen einer Dosisfindungsstudie ist Ende des Jahres zu rechnen (9). Es wird erwartet, dass Delpazolid besser verträglich ist als Linezolid. Die mitochondriale Toxizität ist geringer, da es eine niedrigere Talkonzentration und eine um 30 bis 50 Prozent kürzere Halbwertszeit als Linezolid aufweist.
Sutezolid, ein weiteres Linezolid-Analogon, zeigt in vitro die höchste mykobakterizide Aktivität der Oxazolidinone gegen DS- und DR-TB-Erreger (6). In einer ersten Studie an Patienten mit pulmonaler TB zeigte Sutezolid im Vergleich zu HRZE eine gute Wirksamkeit und relativ gute Verträglichkeit. Die am häufigsten beobachtete Nebenwirkung, war eine asymptomatische Aminotransferase-Erhöhung (11). Derzeit wird Sutezolid in Kombination mit Bedaquilin, Delamanid und Moxifloxacin untersucht (9).
Kein generell neuer Wirkmechanismus, jedoch neu bei der Behandlung von TB, ist die Hemmung der Leucyl-tRNA-Synthetase, einer Aminoacyl-tRNA-Synthetase. Am weitesten fortgeschritten ist die Entwicklung von GSK-3036656 (GSK). Der Arzneistoff war in vitro stark antibakteriell wirksam sowohl gegen DS-TB- als auch DR-TB-Erreger. In einer ersten Studie an Patienten mit pulmonaler DS-TB bestätigte sich die gute bakterizide Wirksamkeit nach 14 Tagen täglicher oraler Einnahme. Der Wirkstoff wurde verglichen mit der Standardtherapie gut vertragen. Schwerwiegende Nebenwirkungen wurden nicht beobachtet (12). Mit Ergebnissen einer Studie, in der GSK-3036656 in Kombination mit Delamanid oder Bedaquilin untersucht wird, ist Ende 2023 zu rechnen (9).