Beratung nicht ohne Blick in die Fachinfo |
»Bei den Nebenwirkungen unterscheiden sie sich jedoch«, führte Laufer weiter aus. Die Erhöhung von LDL-Werten sei zum Beispiel kein Klasseneffekt, sondern vor allem bei Baricitinib, Ruxolitinib und Upadacitinib sehr häufig zu sehen. Zu Herpes-zoster-Ausbrüchen komme es häufiger unter Baricitinib, Ruxolitinib und Tofacitinib. Ruxolitinib fällt zum Teil etwas mehr aus der Spur bei Art und Häufigkeit der unerwünschten Wirkungen. Dies könne jedoch auf die unterschiedliche Indikation bei Patienten mit ganz anderen Voraussetzungen und Vorerkrankungen zurückzuführen sein. Insgesamt beschrieb Laufer die Wirksamkeit als beeindruckend und die Nebenwirkungen als beherrschbar, wenngleich auch nicht harmlos.
»In der Apothekenpraxis ist ein Blick in die Fach- und Gebrauchsinformation wichtig«, so Laufer, da bei allen je nach Schweregrad eine Dosisanpassung bei Patienten mit Leber- oder Nierenfunktionsstörungen nötig ist. Da JAK-Hemmer über Cytochrom-Enzyme und p-Glykoprotein verstoffwechselt werden und dabei unterschiedliche metabolische Wege gehen, gilt es auch das Interaktionspotenzial zu beachten, zum Beispiel mit Ketoconazol und Rifampicin. Fettreiche Nahrung beeinflusst die Wirkstoffspiegel dagegen nicht, weshalb diese Arzneistoffe unabhängig von den Mahlzeiten eingenommen werden können.
Während die JAK-Inhibitoren als sehr selektiv für Januskinasen gelten, hat man erstaunlicherweise bei Baricitinib noch zwei Off-Target-Effekte beobachtet: Es hemmt wohl auch die Kinasen AXL, die eine Rolle bei der Aufnahme von Coronaviren in menschliche Zellen per Endozytose spielt, sowie NAK, die sich das Virus für seine Produktion (Virus Assembly) zu nutze macht. Damit wirkt es nicht nur antiinflammatorisch, weshalb es bereits bei schwerem Covid-19 eingesetzt wird, sondern zusätzlich noch antiviral, erklärte Laufer.
Der Antrag auf Zulassungserweiterung ist bei der EMA bereits in Bearbeitung, die WHO empfiehlt die Anwendung von Baricitinib seit letzter Woche und mehr als 30 Studien mit diesem JAK-Hemmer bei Corona-Infektionen laufen noch. »Ich bezweifle, dass es ein Wundermittel bei Covid-19 ist, aber sicherlich eine Bereicherung unseres Arzneimittelschatzes«, so der Referent.