Auswirkungen auf das Mikrobiom |
Für Kinder scheint der Kontakt mit bestimmten, in anderen Ökosystemen vorkommenden Bakterienkulturen auch besonders wichtig zu sein, um eine gesunde, möglichst vielfältige Darmflora aufbauen zu können. So mehren sich Hinweise, dass aus diesem Grund Allergien und Autoimmunerkrankungen in ländlichen Regionen wesentlich seltener auftreten als in Städten. Die Erklärung für die schon seit Langem diskutierte sogenannte Hygiene-Hypothese könnte also im Darm liegen.
Erst vor Kurzem bestätigte eine im Fachjournal »Nature Medicine« erschienene Beobachtungstudie einer Arbeitsgruppe des Helmholtz-Zentrums München und des Dr. von Haunerschen Kinderspitals erneut, dass Kinder auf dem Bauernhof seltener Asthma entwickeln (DOI: 10.1038/s41591-020-1095-x). »Als Gründe legen die Beobachtungen nahe, dass sich diese Kinder öfter in Ställen aufhalten und frische Kuhmilch trinken«, sagte Ege, einer der Autoren der Studie.
Auf einem Bauernhof aufzuwachsen, scheint vor Asthma zu schützen, zeigt eine aktuelle Studie. Den Grund dafür sehen die Autoren in der Vielfalt der Darmmikrobiota. / Foto: Adobe Stock/Stefano Carella
Die Reifung des Immunsystems sehen die Wissenschaftler dabei untrennbar mit der Reifung der kolonisierenden Bakterien, also der intestinalen Mikrobiota, verbunden. Je vielfältiger das Umweltmikrobiom, desto vielfältiger die Darmflora und desto höher die Schutzwirkung vor der chronisch-entzündlichen Erkrankung der Atemwege. Entscheidend scheint dabei die Reifung der intestinalen Mikrobiota im ersten Lebensjahr zu sein, was die Forscher anhand von Stuhlproben ermittelten.
Spielt dabei auch eine Rolle, dass Kinder auf dem Bauernhof mit mehr Dreck und Keimen in Kontakt kommen und deshalb eine vielfältigere Darmflora und so auch einen besseren Immunschutz aufbauen können? Diesen Schluss findet Ege auf Basis der von ihm durchgeführten Untersuchungen übereilt. »Wir haben lediglich Ergebnisse aus Beobachtungsstudien vorliegen. Für eine Empfehlung bräuchten wir Interventionen, die nach den gleichen Regeln wie bei der Zulassung von Arzneimitteln ablaufen.«
Um die Darmgesundheit und das Immunsystem zu pflegen, scheint es in jedem Fall sinnvoll zu sein, die intestinalen Mikroorganismen zu unterstützen. Die Vielfalt an Darmbakterien fördert eine abwechslungsreiche Ernährung mit vielen Ballaststoffen und Pflanzenfasern sowie fermentierten Lebensmitteln wie Joghurt, Kefir, Sauerkraut, Käse und sauren Gurken. Während einer Antibiotika-Therapie kann die zusätzliche Einnahme von Probiotika empfohlen werden.
Das Virus SARS-CoV-2 hat unsere Welt verändert. Seit Ende 2019 verbreitet sich der Erreger von Covid-19 und stellt die Wissenschaft vor enorme Herausforderungen. Sie hat sie angenommen und rasch Tests und Impfungen, auch für Kinder, entwickelt. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite Coronavirus.