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Afrika

Pharmaziestudium in Malawi

15.12.2014  14:56 Uhr

Von Nettie Dzabala und Lutz Heide / Die Republik Malawi liegt im Süden Afrikas und gehört zu den ärmsten Ländern der Welt. 2006 hat die staatliche Universität von Malawi ein Pharmazeutisches Institut gegründet, das nun erstmals die akademische Ausbildung von Apothekern im Land ermöglicht. Wie läuft die Ausbildung in Blantyre ab, und welche Aufgaben muss das Institut bewältigen?

Acht malawische Dozenten sowie ein australischer und ein deutscher Wissenschaftler bilden in Blantyre jährlich etwa 40 Pharmaziestudenten in einem vierjährigen Studiengang aus. Das In­stitut konnte schon wesentlich dazu beitragen, den Mangel an pharmazeutischem Fachpersonal in Malawi zu lindern. Jedoch ist der Alltag in dem ­jungen Institut geprägt vom Mangel an spezialisiertem Personal, an Ausrüstung und an Geld. Hilfe wird dringend benötigt, um die Ausbildung weiter zu verbessern.

Das warme Herz Afrikas

 

Am Ufer des 570 km langen Malawi-Sees im Süden Afrikas liegt die Republik Malawi. Sie grenzt an Sambia, Tansania und Mozambique. Flächenmäßig ist sie nur wenig größer als Bayern, aber mit 16 Millionen Einwohnern eines der am dichtesten besiedelten Länder Afrikas. Das deutsche Auswärtige Amt lobt ­Malawi als einen »innen- und außenpolitischen Stabilitätsfaktor in einer von Krisen gekennzeichneten Region«. Wegen seiner überaus freundlichen, mehrheitlich christlich-religiösen Bevölkerung ist das Land als das »warme Herz von Afrika« bekannt.

Malawi gehört zu den ärmsten Ländern der Welt. Auf dem Human Development Index der Vereinten Nationen rangiert es auf Platz 170 von 187 Nationen. In der Altersgruppe von 15 bis 49 Jahren liegt die Rate von HIV/Aids-Infektionen bei durchschnittlich 10,6 Prozent, in der weiblichen städtischen ­Bevölkerung sogar bei 22,7 Prozent. Nennenswerte Bodenschätze hat Malawi nicht. Das wichtigste Exportprodukt des Landes ist Tabak – kein Garant für eine gesicherte ökonomische Zukunft. Positiv ist zu bemerken, dass Malawi in den letzten hundert Jahren nie einen Krieg oder Bürgerkrieg erlebt hat. Seit 1994 haben vier weitgehend friedliche demokratische Regierungswechsel stattgefunden, zuletzt bei der Präsidentschaftswahl im Mai 2014.

 

Der Schlüssel für die Entwicklung eines Landes liegt in der Bildung. Malawi hat für seine Anstrengungen auf diesem Sektor viel internationale Anerkennung bekommen. Dennoch hat das Land zurzeit erst etwa 12 200 Universitätsstudenten, davon sind 40 Prozent Frauen.

Der Gesundheitssektor war und ist besonders stark vom Fachkräftemangel betroffen. So gab es 2009 nur 73 Apotheker im Land, und selbst die Krankenhausapotheken der großen Lehrkrankenhäuser wurden meist von pharmazeutisch-technischen Assistenten geleitet. Die Christian Health Association of Malawi (CHAM), ein Zusammenschluss der kirchlichen Gesundheitsträger im Lande, berichtete 2007, dass 91 Prozent ihrer pharmazeutischen Personalstellen vakant seien.

 

In dieser Situation entschied die Universität von Malawi 2006, mit der Ausbildung von Apothekern zu beginnen. Das Pharmazeutische Institut (Pharmacy Department) wurde als Teil des College of Medicine in Blantyre eingerichtet. Die ersten Jahrgänge umfassten etwa 15 Absolventen pro Jahr. Aufgrund der starken Nachfrage wurde die Zahl der Pharmaziestudenten in der Zwischenzeit auf 40 bis 50 pro Jahr angehoben.

 

Die Ausbildung von Apothekern in Malawi umfasst ein vierjähriges Universitätsstudium, gefolgt von einer einjährigen praktischen Ausbildung. Im ersten Studienjahr werden gemeinsam mit den Medizinstudenten wissenschaftliche Grundlagen gelehrt. Die Fächer im zweiten, dritten und vierten pharmazeutischen Studienjahr sind dem deutschen Pharmaziestudium nicht unähnlich (Tabelle). Als zusätzliches Hauptfach kommt »Management der Arzneimittelversorgung« hinzu. In diesem Fach werden die Studenten auf die großen organisatorischen und logistischen Probleme vorbereitet, die die Arzneimittelversorgung in Malawi kennzeichnen. 

Im dritten und vierten Studienjahr absolvieren die Studenten auch Praxistage in öffentlichen und in Krankenhausapotheken, in den Lagerhäusern der staatlichen Arzneimittelversorgung, in der pharmazeutischen Industrie und auf Stationen der Lehrkrankenhäuser. Alle Studenten bearbeiten im letzten Studienjahr in kleinen Gruppen ein mehrwöchiges Forschungsprojekt zu einem selbst gewählten Thema.

 

Das praktische Ausbildungsjahr nach dem Universitätsstudium können sie in Krankenhausapotheken, öffentlichen Apotheken, der pharmazeutischen Industrie und den Central Medical Stores der staatlichen Arzneimittelversorgung absolvieren. Es schließt mit einer schriftlichen Prüfung ab. Nach Bestehen kann der Kandidat seine ­Lizensierung als Apotheker durch die Aufsichtsbehörde beantragen.

 

Diverse Berufsfelder

Die Berufsfelder des Apothekers ähneln grundsätzlich denen in Deutschland. Im staatlichen Gesundheitssystem wird angestrebt, dass alle Krankenhausapotheken der vier Zen­tral- und 24 Distrikthospitäler von Apothekern geleitet werden und dass in allen 328 ländlichen Gesundheitszentren mindestens ein pharmazeutisch-technischer Assistent arbeitet. Aufgrund des Mangels an Fachkräften, aber auch aufgrund der unattraktiven Gehälter und Arbeitsbedingungen ist dieses Ziel bei Weitem noch nicht erreicht.

 

Etwa 30 Prozent der medizinischen Leistungen in Malawi werden von Einrichtungen des kirchlichen Dachverbands CHAM erbracht. CHAM betreibt 20 Hospitäler und 107 Gesundheitszentren. In all diesen Einrichtungen arbeiten insgesamt bisher nur zwei Apotheker und 21 pharmazeutisch-technische Assistenten.

 

Die pharmazeutische Industrie ist in Malawi noch recht klein. Der bedeutendste Pharmahersteller ist die Firma Pharmanova, die zum Beispiel freiverkäufliche Schmerzmittel, Hustensäfte und Säuglingspflegeprodukte herstellt.

Lehrplan für das Pharmaziestudium am Pharmazeutischen Institut der Universität von Malawi

Studienjahr Fach
1 Einführung in die Pharmazie Anatomie Physiologie Biochemie Einführung in Community Health
2 Pharmazeutische Technologie I Pharmazeutische Chemie I Pharmakologie I Pharmakognosie Mathematik für Pharmazeuten Mikrobiologie Community Health: Grundlagen von Epidemiologie und Statistik Einführung in Pathologie
3 Pharmazeutische Technologie II Pharmazeutische Chemie II Pharmakologie II Pharmazeutische Praxis I Pharmazeutische Gesetzeskunde Management der Arzneimittelversorgung I Einführung in wissenschaftliche Forschung
4 Pharmazeutische Technologie III Klinische Pharmazie Pharmakologie III Pharmazeutische Praxis II Management der Arzneimittelversorgung II Medizinische Chemie Toxikologie Wissenschaftliche Forschungsarbeit (Bachelor-Arbeit)

Auch im Gesundheitsministerium und in der pharmazeutischen Aufsichtsbehörde, dem Pharmacy, Medicines and Poisons Board (PMPB) gibt es Arbeitsstellen für Apotheker, ebenso in dem halbstaatlichen Central Medical Stores Trust (CMST). Der CMST organisiert die Arzneimittelversorgung der staatlichen Gesundheitseinrichtungen, leider nur mit begrenztem Erfolg. Gerade die Unzulänglichkeiten der zentralen staatlichen Arzneimittelbeschaffung machen die privatwirtschaftlich organisierten pharmazeutischen Großhandlungen wichtig. Hierzu gehören Firmen wie Intermed, Worldwide Pharmaceutical Distributors und Malawi Pharmacies Ltd. Sie sind oft in Händen von Geschäftsleuten indischer Herkunft.

 

Die pharmazeutischen Großhandlungen beliefern natürlich auch die öffentlichen Apotheken. Hiervon gibt es in ganz Malawi zurzeit erst etwa 40 bis 50. Die Inhaber dieser privat geführten Apotheken müssen nicht selbst Apotheker sein, aber mindestens einen akademisch ausgebildeten, lizensierten Apotheker beschäftigen. Daneben gibt es auch sogenannte Drug Stores, in denen als qualifizierte Person ein pharmazeutisch-technischer Assistent oder Krankenpfleger beschäftigt sein muss. Diese dürfen ein Sortiment von Arzneimitteln verkaufen, das in etwa den verschreibungsfreien apothekenpflichtigen Medikamenten in Deutschland entspricht. Eine sehr viel enger begrenzte Auswahl von Arzneimitteln, zum Beispiel Aspirin, Paracetamol und Hustensäfte, darf auch in Lebensmittelgeschäften und Supermärkten verkauft werden. Neben dem geregelten Handel mit Arzneimitteln findet in erheblichem Umfang ein illegaler Straßenverkauf von Medikamenten statt.

Vielleicht 10 Prozent der medizinischen Leistungen in Malawi werden von privaten Hospitälern und niedergelassenen Ärzten erbracht. Da es in der Vergangenheit nur wenige Apotheken gab, wurde Ärzten das Dispensierrecht eingeräumt, wenn die nächste Apotheke mehr als 5 km entfernt war. In der Folge dispensieren heute die meisten niedergelassenen Ärzte selbst, egal ob inzwischen Apotheken in der Nähe eröffnet wurden. Aus diesem Grund entfällt in den öffentlichen ­Apotheken nur ein kleinerer Teil des Umsatzes auf die Belieferung ärztlicher Verschreibungen, der größere Teil ist freier Verkauf. Die Dispensierung durch Ärzte ist naturgemäß ein Streitpunkt zwischen den ärztlichen und pharmazeutischen Berufsgruppen.

Die öffentlichen Apotheken in Malawi erfüllen ihren Versorgungsauftrag oft bemerkenswert preisgünstig. 20 Tabletten Paracetamol (500 mg) kosten in der Apotheke etwa 0,45 Euro. Sechs Tabletten des Bilharziose-Mittels Praziquantel (600 mg) kosten zwischen 1,50 und 3,00 Euro, während dieselbe Menge des Originalpräparats in Deutschland 126 Euro kostet. Die preisgünstigen Generika werden allerdings nicht in einer Originalpackung samt Beipackzettel abgegeben, sondern die vom ­Patienten benötigte Anzahl Tabletten wird in wieder verschließbare Plastiktütchen abgepackt, die dann beschriftet werden. Umso wichtiger ist eine gute Beratung der Patienten durch die Apotheker.

 

Dozenten im Pharmazeutischen Institut

 

Derzeit umfasst der Lehrkörper des Pharmazeutischen Instituts insgesamt acht malawische und zwei ausländische Dozenten. In einem deutschen pharmazeutischen Institut stünde für die Ausbildung derselben Zahl von Studenten wohl – unter Hinzurechnung der als Kursassistenten tätigen Doktoranden – die fünffache Zahl von Lehrenden zur Verfügung.

 

Der akademische Standard des College of Medicine ist im afrikanischen Vergleich gut. Jedoch kann ein junger Akademiker, unmittelbar nachdem er im In- oder Ausland einen Mastertitel erworben hat, direkt als Universitätsdozent eingestellt werden – ein deutliches Zeichen für den Mangel an erfahrenen Wissenschaftlern an der Universität. Aus diesem Grund unterstützt die deutsche staatliche Entwicklungszusammenarbeit das Pharmazeutische Institut in Malawi mit Fachkräften. Das Centrum für Internationale Migration und Entwicklung (CIM), eine Arbeits­gemeinschaft der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) und der Bundesagentur für Arbeit, hat von 2010 bis 2013 die deutsche Biologin Dr. Carmen Feil und seit Anfang 2014 den Tübinger Pharmazieprofessor Dr. Lutz Heide an das Pharmazeutische Institut der Universität Malawi vermittelt.

 

Aktuelle Projekte

 

Derzeit sind am Pharmazeutischen In­stitut in Blantyre mehrere fachlich-wissenschaftliche Projekte, teils mit internationaler Unterstützung, geplant oder gestartet. Themengebiete sind:

 

  • Pharmakovigilanz,
  • Nachweis minderwertiger Arzneimittel und Arzneimittelfälschungen,
  • Herstellung dermatologischer Präparate für das Queen Elizabeth Central Hospital in Malawi,
  • Zusammenarbeit mit dem Deutschen Institut für Ärztliche Mission (DIFÄM),
  • Untersuchung traditioneller Arzneipflanzen,
  • Aufbau der klinischen Pharmazie und
  • klinische Studien zu Antiinfektiva.
     

Pharmakovigilanz

Malawi ist eines der wenigen Länder der Welt, die noch kein offizielles System zur Erfassung von unerwünschten Arzneimittelwirkungen (UAW), also ein Pharmakovigilanz-System haben. Daher hat das Pharmazeutische Institut eine Kooperation mit der zuständigen Aufsichtsbehörde in Malawi, dem Pharmacy, Medicines and Poisons Board, vereinbart, um auf dem Gelände des College of Medicine das erste nationale Phar­makovigilanz-Zentrum aufzubauen. Dort sollen systematisch Beobachtungen über UAW erfasst werden. In Ländern wie Malawi kann zum Beispiel die gleichzeitige Therapie von Malaria und HIV/Aids zu unerwünschten Wirkungen führen, die in Industrieländern noch nicht beobachtet wurden.

 

Nachweis von minderwertigen Arzneimitteln und Arzneimittelfälschungen

 

Arzneimittelfälschungen stellen in Afrika ein erhebliches Problem dar. Der junge malawische Apotheker Felix Khuluza, Dozent am Pharmazeutischen In­stitut, untersucht nun in einer Doktorarbeit die Häufigkeit minderwertiger und gefälschter Arzneimittel in Malawi. Diese Doktorarbeit wird betreut von den Professoren Dr. Lutz Heide und Dr. Ulrike Holzgrabe.

 

Holzgrabe, Institut für Pharmazie und Lebensmittelchemie der Universität Würzburg, hat zusammen mit ihren Doktoranden Ludwig Höllein und Yonah Hebron Mwalisi sowie mit Dr. E. Kaale von der Muhimbili-Universität in Dar Es Salaam in Tansania einfache und robuste HPLC-Methoden zum Nachweis gefälschter Malariamedikamente entwickelt, die speziell für die Anwendung in Entwicklungsländern geeignet sind. Diese Methoden sollen am Pharmazeutischen Institut der Universität von Malawi etabliert werden. Gleiches gilt für sehr einfache dünnschichtchromatografische Testverfahren, die von dem deutschen Global Pharma Health Fund mit Unterstützung der Firma Merck in Darmstadt entwickelt wurden.

 

Herstellung dermatologischer Präparate für das Queen Elizabeth ­Central Hospital in Malawi

Der malawische Arzt Dr. Kelvin Mponda hat in Malawis Nachbarland Tansania seine Facharztausbildung in Dermatologie absolviert und ist im Herbst 2014 zurückgekehrt. Er ist der erste Dermatologe Malawis. Damit er an dem großen Queen Elizabeth Central Hospital (QECH) seine Fachrichtung tatsächlich praktizieren kann, stellen Mitarbeiter des Pharmazeutischen In­stituts seit Kurzem eine kleine Anzahl von dermatologischen Präparaten her. Der deutsche Apotheker Peter Vollmer, Leiter der Zentralapotheke der Kreisspitalstiftung Weißenhorn, Neu-Ulm, hat im November 2014 einen zweiwöchigen Kurs zur Herstellung von Salben und Cremes am Pharmazeutischen In­stitut von Malawi geleitet. In die Produktion dieser Präparate werden auch Pharmaziestudenten (Pharmazeutische Technologie) eingebunden.

 

Professor Dr. Rolf Daniels, Pharmazeutische Technologie an der Universität Tübingen, berät das Projekt fachlich. Die deutsche Apothekerin Mirjam Weber wird im Rahmen einer Masterarbeit an der Universität Tübingen die Qualitätskontrolle der in Malawi her­gestellten Präparate entwickeln und an der Universität von Malawi etablieren.

 

Zusammenarbeit mit dem Deutschen Institut für Ärztliche Mission (DIFÄM)

 

Unter Leitung von Albert Petersen unterstützt die Arzneimittelhilfe des Deutschen Instituts für Ärztliche Mission (DIFÄM) in Tübingen Projekte zur Arzneimittelversorgung gerade in Afrika. Das DIFÄM ist stark an den Projekten zur Salbenherstellung und der Untersuchung der Arzneimittelqualität in Malawi beteiligt.

 

Untersuchung traditioneller Arzneipflanzen

 

Traditionelle Heilmethoden, gerade mit Verwendung von Arzneipflanzen, spielen in Malawi eine große Rolle – wie überall in Afrika. Die Dozenten des Pharmazeutischen Instituts, John Mponda und Kumbukani Nyirenda, ­haben in ihren Master- sowie Doktor­arbeiten die Inhaltsstoffe solcher traditioneller Arzneipflanzen untersucht. Kürzlich haben sie gemeinsam mit einer schottischen Universität finanzielle Mittel für die Untersuchung von malawischen Arzneipflanzen gegen Malaria beantragt.

Spendenaufruf und Dank

Spenden für die Arbeit des jungen Pharmazeutischen Instituts sind hoch ­willkommen und können die Ausbildung von Apothekern in Malawi nachhaltig verbessern. Spenden erbeten an:

 

Universitätsbund Tübingen e. V.

Kto. Nr. 110 608, Kreissparkasse Tübingen

BLZ 641 500 20

IBAN DE 98 6415 0020 0000 110608

SWIFT – BIC SOLA DE S1 TUB

Verwendungszweck: Spende 4400 Malawi

 

Wenn auf dem Überweisungsformular die vollständige Absenderadresse (in Großbuchstaben) deutlich angeben ist, wird eine Spendenbescheinigung per Post zugesandt.

 

Die Autoren danken allen Spendern und vor allem der Universität Tübingen für die Unterstützung der Tätigkeit von Lutz Heide am Pharmazeutischen Institut der Universität Malawi.

Aufbau der klinischen Pharmazie

 

Die junge Dozentin und Apothekerin Dina Kamowa hat vor Kurzem einen pharmazeutischen Masterkurs in Aus­tralien absolviert und dabei Kontakte zu dortigen Dozenten der klinischen Pharmazie aufgebaut, nämlich zu der Aus­tralierin Judith Burrows und der deutschen Apothekerin Dr. Karen Lütsch. Beide Dozentinnen werden 2015 und 2016 für mehrwöchige Lehraufenthalte nach Malawi kommen und helfen, die Lehre und Praxis der klinischen Pharmazie zu etablieren.

 

Klinische Studien zu Antiinfektiva

 

Dem Pharmazeutischen Institut der Universität von Malawi fehlen die personellen, apparativen und finanziellen Mittel für eigene klinische Arzneimittelstudien. Einer der Dozenten des In­stituts, Dr. Fraction Dzinjalamala, arbeitet an solchen Studien mit, die vom Malawi-Liverpool Wellcome Trust durchgeführt werden. Diese Institution unterhält in Malawi ein sehr gut aus­gestattetes Forschungsinstitut, in dem malawische und internationale Wissenschaftler unter anderem zur ­Pharmakotherapie von Tuberkulose, Malaria und HIV/Aids forschen.

 

Netzwerk in Afrika


Die International Pharmaceutical Federation (FIP) und die Wissenschafts-, Bildungs- und Kulturorganisation der Vereinten Nationen (UNESCO) haben begonnen, ein »Centre of Excellence« von pharmazeutischen Hochschulinstituten in Afrika aufzubauen. Dies soll den afrikanischen Ländern ermöglichen, sich bei der Entwicklung ihrer universitären Pharmazie zu ergänzen. Die afrikanischen Institute sollen sich gegenseitig mit ihrer jeweiligen Expertise unterstützen, ohne auf teure Experten aus industrialisierten Ländern angewiesen zu sein.

 

Geleitet wird die Initiative von der australischen Pharmazieprofessorin Jennifer Marriott von der Monash Universität in Melbourne. Marriott hat im Mai 2014 für zwei Wochen Malawi besucht und bereitet nun die Aufnahme des Pharmazeutischen Instituts der Universität Malawi in das »Centre of Excellence« vor.

 

Große Herausforderungen

 

Die Umsetzung all dieser Projekte stellt das kleine und noch junge Pharmazeutische Institut vor große Herausforderungen. Der Alltag im Institut ist geprägt vom allgegenwärtigen Mangel: an Geld, Geräten und dem erforderlichen Personal. Zum Beispiel werden dringend finanzielle Mittel zur Beschaffung von Chemikalien und Glasgeräten für die studentischen Laborpraktika benötigt. Um Pharmaziestudenten auf die Apothekenpraxis vorzubereiten, will das Institut zudem ein »Dispensing Laboratory« nach angelsächsischem Vorbild einrichten, also einen wie eine Apotheke eingerichteten Raum, in dem beispielsweise die Prüfung und Belieferung von ärztlichen Verschreibungen, die Patientenberatung und das Dispensieren von Medikamenten geübt werden kann. Für die Einrichtung eines Raumes mit apothekenüblichem Mobiliar fehlt aber das Geld.

 

Auch das im Aufbau befindliche Netzwerk pharmazeutischer Institute in Afrika braucht Unterstützung, denn für die innerafrikanischen Fahrten und Flüge fallen Reisekosten an, für die im Moment keine Mittel zur Verfügung stehen. /

 

Literatur

 

  • Jähnke, R. W. O., Arzneimittelfälschungen gemeinsam bekämpfen. Einsatz von GPHF-Minilabs im Südsudan. Dt. Apoth. Ztg. 148 (2008) 4442-4449. 
  • Lim, Z.B., Capacity building in pharmacy education in a ressource-poor setting: an ethnographic case study in Malawi. Doktorarbeit an der Universität Nottingham, UK 2013. 
  • Mulwafu, W., Muula, A., The first medical school in Malawi. Sunrise Publications, Lilongwe, Malawi 2001. ISBN 99908 42 05 1. 
  • Muula, A. S., Broadhead, R. L., The first decade of the Malawi College of Medicine: a critical appraisal. Tropical Med. Int. Health 6 (2) (2001) 155-159. 
  • Zijlstra, E. E., Broadhead, R. L., The College of ­Medicine in the Republic of Malawi: towards sustainable staff development. Human Ressources for Health 5 (2007) 10; doi: 10.1186/1478-4491-5-10

Die Autoren

Nettie Dzabala hat in Leningrad (heute St. ­Petersburg) Pharmazie studiert und einen Mastertitel erworben. Sie erwarb langjährige Berufserfahrung als Leiterin einer öffentlichen Apotheke und führte wissenschaftliche Studien zu Arzneipflanzen in Malawi und zu Verfügbarkeit und Preisen von Malariamitteln durch. Im Auftrag der malawischen Arzneimittel-Aufsichtsbehörde arbeitet sie regelmäßig als Inspektorin für Good Manufacturing Practice. Seit 2012 leitet sie das Pharmazeutische Institut der Universität von Malawi.

 

Lutz Heide studierte Pharmazie in Münster. Nach seiner Promotion arbeitete er drei Jahre im Gesundheitsministerium von Somalia und baute dort die Arzneimittelversorgung von Flüchtlingslagern auf. Seit 1994 ist er Professor für Pharmazeutische Biologie an der Universität Tübingen. Beurlaubt von seiner deutschen Universität arbeitet er derzeit als Professor am Pharmazeutischen Institut der Universität von Malawi, vermittelt von der deutschen staatlichen Entwicklungszusammenarbeit (CIM).

 

Nettie Dzabala MSc Pharm und Professor Dr. Lutz Heide

Pharmacy Department, College of Medicine, University of Malawi

Private Bag 360

Chichiri, Blantyre 3, Malawi

 

E-Mail-Adresse: ndzabala(at)medcol.mw; heide(at)uni-tuebingen.de

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