Beratungs-Tipps bei Hauterkrankungen |
11.12.2012 16:07 Uhr |
Von Sven Siebenand, Hannover / Ob Akne, Neurodermitis oder Psoriasis: Patienten mit diesen oder anderen Hauterkrankungen sind in jeder Apotheke ein wichtige Kundengruppe. Eine Fortbildungsveranstaltung der Apothekerkammer Niedersachsen zeigte, welche Basispflege die jeweiligen Kunden benötigen und welche Tipps man ihnen mit auf den Weg geben kann.
»Der Akne-Patient braucht eine andere Pflege als beispielsweise der Neurodermitiker«, machte Apothekerin Gesche Kober aus Hamburg auf die individuelle Abstimmung der Pflege auf den Hauttyp aufmerksam. Zuvor ging sie bei den unterschiedlichen Krankheitsbildern jedoch auf die medikamentösen Therapieoptionen ein. So wird eine leichte Akne meist nur lokal behandelt. Hier kommen etwa Abrasiva, Salicylsäure, Zink, Azelainsäure oder Retinoide zum Einsatz. Bei der Abgabe der externen Retinoide kann das pharmazeutische Personal die Patienten auf die mögliche Erstverschlimmerung aufmerksam machen und sie über die erhöhte Sonnenempfindlichkeit der Haut aufklären. Patienten mit schwerer Akne bekommen zusätzlich zu diesen Topika oft auch extern oder systemisch Antibiotika.
Die Mehrzahl der Apotheken hat hochwertige Apothekenkosmetik im Angebot.
Foto: PZ/Müller
Frauen werden unter Umständen auch mit Hormonpräparaten behandelt. In sehr schweren Fällen ist auch die Einnahme von Retinoiden möglich. In erster Linie ist orales Isotretinoin aber reine Männersache. Denn nur wenn eine Schwangerschaft vor Therapiebeginn sicher ausgeschlossen wurde und die hormonale Kontrazeption gewährleistet ist, dürfen auch Frauen Isotretinoin einnehmen. Für die Verordnung bei Frauen im gebärfähigen Alter gelten strenge Regeln: Pro Rezept darf nur der maximale Bedarf für 30 Tage verordnet werden. Das Rezept ist nur sieben Tage gültig. Neben der fruchtschädigenden Wirkung führen Retinoide zudem häufig zu Nachtblindheit und trocknen die Schleimhäute aus. Kobers Rat: »Empfehlen Sie den Patienten zusätzlich ein Präparat gegen trockene Augen und eine gute Lippenpflege.« Zudem biete sich an, den Kunden zu fragen, was er neben den Medikamenten zur Hautpflege anwendet. Die Finger lassen sollte er von Produkten, die komedogene Inhaltsstoffe enthalten. Dazu zählen der Referentin zufolge Cetylalkohol, Erdnussöl, Lanolin, Kakaobutter und Polyethylenglykole.
Reinigung und Pflege bei Akne
»Das A und O für eine erfolgreiche Aknetherapie ist die Reinigung der Haut«, betonte die Apothekerin. Mit einer Milch könne beispielsweise Make-up entfernt werden, um die Haut in den nächsten Schritten mit einem Tensid zu waschen und einem Tonic zu klären. Danach ist die Haut bestens vorbereitet für die Pflege, so Kober. Sie betonte, dass die Präparate in der Freiwahl ganz unterschiedliche Wirkstoffe enthalten – von Fruchtsäuren über Kürbiskernextrakt bis hin zu Kaolin (Tabelle). Zu unterscheiden sei zwischen Produkten zur Akut- und zur Basispflege. Ferner könne man den Betroffenen eine Maske oder ein Peeling (zum Beispiel Avène Cleanance Peeling Maske, Dermasence Facepeeling, Eucerin DermoPurifyer Waschpeeling, Vichy Normaderm Reinigungs-Peeling Gel) anbieten, die er aber nur maximal ein- bis zweimal pro Woche anwenden sollte. Last but not least führen die unterschiedlichen Anbieter auch spezielle Abdeckstifte und Make-ups für Akne-Patienten an (etwa Eucerin DermoPurifyer Abdeckstift, Roche Posay Toleriane Korrekturstift, Vichy Normaderm Abdeckstift, Avène Couvrance).
Gestörte Barriere bei Neurodermitis
Kober informierte, dass bei Neurodermitis die Haut-Lipid-Barriere nicht intakt ist. Das führt dazu, dass Allergene leichter in den Körper eindringen können. Mehr als 10 bis 20 Prozent der Kinder und immerhin noch 1 bis 3 Prozent aller Erwachsenen seien betroffen. Typisch sind sehr trockene Hautstellen mit kleineren oder größeren stark juckenden, geröteten, schuppigen Herden. Beim Ausbruch eines neuen Schubes sollten Betroffene sofort ihren Hautarzt aufsuchen. Der Juckreiz beim akuten Schub wird meistens mit Antihistaminika behandelt und die entzündlichen Hautekzeme mit lokalen Glucocorticoiden der Klasse III und IV, auch die systemische Gabe von Corticoiden ist möglich.
Wirkstoff | Effekt/Wirkung |
---|---|
Fruchtsäuren | keratolytisch |
Kaolin | austrocknend |
Kürbiskernextrakt | reguliert die Talgproduktion |
Glyceryllaurat | reguliert die Talgproduktion |
Niacinamid | hemmt die Bakterienvermehrung |
Pirocton-Olamin | hemmt die Bakterienvermehrung |
Retinaldehyd, Retinol-linoleat | aktiviert die Zellerneuerung |
Salicylsäure | keratolytisch |
Triclosan | antiseptisch |
Zinkgluconat, -sulfat | entzündungshemmend, austrocknend |
Bei Bedarf kommen auch Antibiotika oder Ciclosporin zum Einsatz. Was die chronischen Symptome angeht, so erhalten Patienten gegen entzündliche Hautveränderungen häufig schwächere Corticoide (Klasse I/ II), etwa Triamcinolonacetonid, als Topika. Auch der Einsatz von Calcineurin-Inhibitoren, wie Tacrolimus (Protopic®) und Pimecrolimus (Elidel®), ist möglich. Beide Wirkstoffe können bereits ab einem Alter von zwei Jahren verwendet werden.
Cortisonangst nehmen
Kober betonte, dass man den Kunden nicht verschweigen sollte, dass in bestimmten Präparaten ein Corticoid enthalten ist. Besser sei es, die Cortisonangst zu nehmen, zum Beispiel indem man den Nutzen des betreffenden Präparates hervorhebt. Wichtig für die Beratung ist, dass die Anwendung von Corticoiden im Gesicht nur nach strenger Indikationsstellung erfolgen sollte und dass auch täglich aufzutragende Cortison-Präparate die Basispflege nicht ersetzen. Die unterschiedlichen Präparate der Freiwahl, die für Neurodermitis-Patienten geeignet sind, enthalten zum Beispiel entzündungshemmende Stoffe wie Bisabolol, Licochalcone und Hyperforin, hautberuhigende Substanzen wie Selectiose oder juckreizstillende Stoffe wie Palmitoylethanolamin. Zusätze wie Jojobaöl, Mandelöl, Nachtkerzenöl, Cholesterol, Ceramide und Omega-3-Fettsäuren sollen die Lipide in der Haut-Lipid-Barriere ersetzen, so Kober. Sie nannte zudem spezielle Kinderprodukte für die Pflege (zum Beispiel Dermifant Kindercreme und Kinderlotion, Excipial Kids Creme und Lotion sowie Eubos Kinder Haut Ruhe Gesichtscreme) und gab Therapievorschläge für Homöopathie-affine Neurodermitiker, etwa Ekzevowen®, Halicar®, Dermaplant® und Rubisan®. Inhaltsstoffe in diesen Topika sind zum Beispiel Ballonrebenkraut, Berberis, Tigergras und Stiefmütterchenkraut.
Als Alltagstipps kann man den Patienten zum Beispiel empfehlen, Sportarten mit starkem Schwitzen zu vermeiden, für Reiseziele Gebiete mit trockenem bis mäßig warmen Klima zu bevorzugen, möglichst Stress zu vermeiden und viele Ruhepausen einzubauen. Vieles davon ist freilich leichter gesagt, als getan. Am schwersten ist es, den Juckreiz zu unterbinden oder zu ignorieren. Kober informierte, dass es zum Beispiel von der Firma Allergika auch Neurodermitis-Anzüge für Kinder gibt, damit diese sich nicht kratzen.
Hilfe bei Schuppenflechte
Neben der Neurodermitis ist die Psoriasis die zweithäufigste chronische Hauterkrankung. Bei vielen Betroffenen tritt die Schuppenflechte um das 30. Lebensjahr auf, Kinder sind seltener betroffen, so Kober. Der Hauterneuerungsprozess dauert bei gesunden Menschen durchschnittlich 28 Tage. Bei Schuppenflechte sind es nur vier Tage. Das Wachstum ist also um den Faktor sieben schneller. Daraus ergibt sich das charakteristische Erscheinungsbild der Erkrankung. Typisch sind scharf begrenzte, leicht erhabene und gerötete, von silbrigen Schuppen bedeckte Hautareale. Diese können über den ganzen Körper verteilt auftreten. »Kratzen führt bei Psoriasis viel schneller zum Bluten als bei Neurodermitis«, erklärte Kober.
Foto: Fotolia/Alexilus
In leichten Fällen erhalten die Psoriasis-Patienten eine lokale Therapie, zum Beispiel mit Calcineurin-Inhibitoren, Corticoiden oder Vitamin-D3-Analoga (Calcipotriol und Tacalcitol). In schweren Fällen erfolgt zusätzlich die Einnahme von Wirkstoffen wie Ciclosporin, Methotrexat, Biologika oder Fumarsäureestern (Fumaderm®). Die Hauptdosis des letztgenannten Präparates sollte man übrigens wegen des möglichen Auftretens eines Flushes auf den Abend verlegen. Zudem können gastrointestinale Nebenwirkungen vermieden werden, wenn die Einnahme zusammen mit Milch erfolgt.
Sonderfall Kopfhaut
Kober machte klar, dass wie bei der Neurodermitis neben der medikamentösen Behandlung eine gute Basispflege wichtig ist. »Eine Pflege explizit für Psoriatiker ist selten«, so die Apothekerin. Die meisten Präparate, die bei Neurodermitis zum Einsatz kommen, täten auch dem Schuppenflechte-Patient gut. Begleitend zur Verordnung vom Hautarzt bei akuten Schüben könne man keratolytische Pflegepräparate empfehlen, die die verdickte Haut für die Penetration weiterer Wirkstoffe vorbereiten. Hier kommen in erster Linie Salicylsäure- und Harnstoff-haltige Produkte infrage.
Starke Verkrustungen, viele Schuppen, vorübergehender Haarausfall: Ein besonderes Leid bereitet vielen Schuppenflechte-Patienten ihre Kopfhaut. Im Akutfall sind Salicylsäure- beziehungsweise Ciclopirox-haltige Präparate wie Lygal® Kopfsalbe oder Stieproxal® Shampoo mögliche Empfehlungen. Als Basispflege eignen sich milde Shampoos, etwa Psorinol® everyday Shampoo, Linola® Shampoo oder Physiogel® Shampoo. Das Haar sollte besser nur lauwarm gefönt werden und Kunststoffbürsten sind zu vermeiden, ebenso die gewaltsame Befreiung von Schuppen auf der Kopfhaut. Kober informierte, dass bestimmte klimatische Verhältnisse einen positiven Einfluss auf den Verlauf der Psoriasis haben. So können eine Reise ans Tote Meer, auf die Nordseeinseln oder ins Mittel- und Hochgebirge hilfreich sein und zumindest vorübergehend Linderung bringen.
Was die Hautreinigung angeht, gelten bei Psoriasis und Neurodermitis prinzipiell die gleichen Regeln. »Besser duschen als baden«, formulierte Kober einen Grundsatz. Dabei sollte heißes Duschen vermieden und die Haut anschließend vorsichtig trockengetupft werden. Generell sind stark rückfettende Pflegeprodukte als Reinigungsmittel geeignet, zum Beispiel Dermasence Adtop Clean Schaum, Linola Dusch- und Waschlotion, Roche Posay Lipikar Dusch-und Badeöl oder Widmer Remederm® Duschöl. Wer auf ein Wannenbad nicht verzichten möchte, sollte dieses nicht über 15 Minuten hinauszögern. Geeignete Zusätze sind zum Beispiel Ducray® Oleobal Dusch- und Badeöl, Balmandol® Bad, Linola Fett N Ölbad oder Dermasence Pflegebad mit Mandelöl. /