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ABDA-KBV-Modell

Bundestag beschließt Versorgungsgesetz

06.12.2011  18:04 Uhr

Von Stephanie Schersch / Der Bundestag hat in der vergangenen Woche das Versorgungsstrukturgesetz beschlossen. Mit dem Gesetz will die Bundesregierung ab 2012 mehr Ärzte in unterversorgte Gebiete locken. Auch dem Testlauf für das Zukunftsmodell von ABDA und KBV steht nun nichts mehr im Weg.

Für Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) war es ein guter Tag. Mit den Stimmen von Union und FDP schaffte es das Versorgungsstrukturgesetz vergangenen Donnerstag erfolgreich durch den Bundestag. Es ist das erste Gesetz, das der junge Minister in die Abstimmung gebracht hat. Die Opposition lehnte das Reformpaket hingegen geschlossen ab und kritisierte es als unzureichend.

Mit dem Versorgungsstrukturgesetz will die Bundesregierung die wohnortnahe medizinische Versorgung flächendeckend sicherstellen und den Ärztemangel bekämpfen. In Deutschland gibt es zwar eine Rekordzahl an Medizinern, das Problem ist aber deren Verteilung. So fehlen Ärzte etwa in ländlichen Regionen. Für junge Mediziner ist heute eine Praxis in Ballungsräumen lukrativer als auf dem Land, das soll sich ändern. »Wir sorgen dafür, dass Arztpraxen in Zukunft dort zu finden sein werden, wo die Menschen sie brauchen«, sagte Bahr.

 

Die Bundesregierung setzt auf finanzielle Anreize für Ärzte, die sich mit einer Praxis in unterversorgten Gebieten niederlassen. Sie sollen etwa keine Honorarkürzungen mehr fürchten müssen, wenn sie besonders viele Patienten behandeln. Die Abstaffelung bei Überschreitung einer Patientenobergrenze wird für sie ausgesetzt. Auch die Residenzpflicht soll für Landärzte nicht mehr gelten. Sie müssen damit nicht länger im selben Ort wohnen, in dem ihre Praxis liegt.

 

Um die Mediziner weiter zu entlasten, sollen sie künftig bestimmte Leistungen einfacher an Krankenschwestern oder Assistenten abgeben können. Daneben soll die Versorgung in Kliniken und Praxen besser aufeinander abgestimmt werden. So kann in Mangelregionen etwa der ärztliche Notdienst sektorübergreifend organisiert werden.

 

Die Krankenkassen dürfen ihr Angebot an Satzungsleistungen deutlich ausbauen. Künftig können sie zum Beispiel Heil- und Hilfsmittel, zahnärztliche Behandlungen und auch apothekenpflichtige OTC-Arzneimittel in ihren Katalog aufnehmen. Das Gesetz legt außerdem neue Regeln bei Kassenschließungen fest. So sollen die Versicherten einer insolventen Kasse künftig eine Liste aller Krankenkassen erhalten, unter denen sie einfach eine auswählen können.

 

Mit dem Versorgungsstrukturgesetz ist nun auch der Weg frei für die Erprobung des Zukunftsmodells von ABDA und KBV. Die Landesverbände von Ärzten, Apothekern und Krankenkassen sollen in einer Testregion ein Pilotprojekt mit einer Dauer von maximal drei Jahren vereinbaren können. Dabei sollen die Ärzte Wirkstoffe auf Basis eines Medikationskatalogs verordnen, die Apotheker wählen anschließend das richtige Präparat. Für chronisch kranke Patienten, die dauerhaft mindestens fünf Arzneimittel einnehmen, kann es außerdem ein Medikationsmanagement geben.

 

Auf die Vertragspartner kommen laut Gesetz im Wesentlichen drei Aufgaben zu: Sie erarbeiten gemeinsam einen Medikationskatalog auf Wirkstoffbasis, erbringen und dokumentieren die Leistungen. Darüber hinaus sollen sie Grundsätze festlegen, nach denen mögliche Einsparungen oder Mehraufwendungen der Krankenkassen ermittelt werden.

 

Erzielen die Kassen mithilfe des Zukunftsmodells Überschüsse, sollen davon auch die teilnehmenden Ärzte und Apotheker profitieren. Mehraufwendungen müssen den Krankenkassen auf der anderen Seite ausgeglichen werden. Finden Kassenärztliche Vereinigungen, Landesapothekerverbände und Kassen keine Einigung über das Pilotprojekt, entscheidet ein Schiedsamt, in dem Ärzte, Apotheker und Kassenvertreter jeweils gleich viele Sitze erhalten.

 

Eine große Chance

 

KBV-Vorstand Carl-Heinz Müller lobte das Modellvorhaben als große Chance. »Wir sind zuversichtlich, dass die Politik es anschließend in die Regelversorgung übernimmt.« Ähnlich äußerten sich ABDA-Präsident Heinz-Günter Wolf und sein Stellvertreter Friedemann Schmidt (lesen Sie dazu Zukunftsmodell: »Das Interesse der Kassen wird steigen«).

 

Über das Versorgungsstrukturgesetz wird der Bundesrat am 16. Dezember diskutieren, die Zustimmung der Länderkammer ist aber nicht erforderlich. Bereits zum 1. Januar soll das Reformpaket dann weitestgehend in Kraft treten. / 

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