Apotheker übernimmt Führung |
06.12.2011 15:21 Uhr |
Von Werner Kurzlechner, Berlin / Der VFA scheint sich mit dem AMNOG allmählich zu arrangieren und nimmt seine Mitglieder in die Pflicht zu Forschungsdurchbrüchen. Vor allem in der Onkologie sind in den kommenden Jahren Innovationen zu erwarten. Im Verband übernimmt Dr. Hagen Pfundner die Führung.
Ein Apotheker ist neuer Vorsitzender des Verbandes Forschender Arzneimittelhersteller (VFA). Der Pharmazeut Dr. Hagen Pfundner, Vorstand der Roche Pharma AG Deutschland und Geschäftsführer der Roche Deutschland Holding GmbH, löst das Bayer-Vorstandsmitglied Professor Dr. Wolfgang Plischke an der Spitze des Verbandes ab.
Forschen, was das Zeug hält: Der neue VFA-Chef Dr. Hagen Pfundner fordert von den Mitgliedsunternehmen Behandlungsdurchbrüche. »Wir brauchen Erfolge bei neurodegenerativen Erkrankungen wie Alzheimer oder Demenz, bei Krebs, Stoffwechsel- oder Immunerkrankungen.«
Foto: Pfizer
In turbulenten AMNOG-Zeiten bekannte sich Pfundner mit leichten Einschränkungen zum Forschungsstandort Deutschland: »Deutschland ist für die innovative pharmazeutische Industrie bis heute ein Leitmarkt in Europa«, sagte der 51 Jahre alte Manager. Die arzneimittelpolitische Neuausrichtung der Bundesregierung müssten die Hersteller »grundsätzlich akzeptieren«. Am AMNOG seien dennoch einige Korrekturen dringend notwendig. Falls nachjustiert werde, werde die forschende Pharmaindustrie zweifellos in Deutschland ihre Heimat behalten. Pfundner nahm zugleich die 45 Verbandsmitglieder in die Pflicht. »Von uns werden Behandlungsdurchbrüche erwartet«, forderte der neue VFA-Chef ein. »Wir brauchen Erfolge bei neurodegenerativen Erkrankungen wie Alzheimer oder Demenz, bei Krebs, Stoffwechsel- oder Immunerkrankungen.«
Wege dorthin zeigte aus onkologischer Sicht Gastredner Professor Dr. Christof von Kalle auf, Direktoriumssprecher des Nationalen Centrums für Tumorerkrankungen in Heidelberg. »Wir brauchen die Zusammenarbeit mit Ihnen«, wandte sich von Kalle an die VFA-Mitglieder. Die herkömmliche Chemotherapie stoße mittlerweile an Grenzen, so der Krebsforscher: »Wir müssen jetzt in interdisziplinärer Zusammenarbeit die Werkzeuge für molekulare Diagnostik weiterentwickeln und zum Patienten transportieren.«
Von der Theorie in die Praxis
Der Ansatz sei es, durch zielgerichtete Interventionen das Wachstum von Krebszellen zu unterbinden. Von Kalle betonte dabei die Bedeutung der personalisierten Medizin. Man erhoffe sich, individuell herausfinden zu können, welche Zellen bei einem Patienten Krebs auslösen, und diese gezielt auszuschalten. Die Grundlagenforschung des internationalen Genom-Konsortiums sei hierbei ein wichtiger Eckpfeiler. »Wir können natürlich von keinem pharmazeutischen Unternehmen erwarten, dass es das finanziert«, so von Kalle. »Aber sie sehen, dass wir unseren Beitrag zu leisten versuchen.« In drei bis fünf Jahren seien wesentliche diagnostische Fortschritte in diesem Bereich zu erwarten. »Wir hoffen sehr, dann mit ihnen Therapien entwickeln zu können«, so der Forscher. Darum wolle man die akademischen Szenarien möglichst bis zur Phase I entwickeln, damit forschende Pharmafirmen direkt mit der Arzneimittelentwicklung anschließen könnten.
Von Kalle lobte darüber hinaus die bestehende Zusammenarbeit in der deutschen Krebsforschung mit Industriepartnern: etwa mit Siemens beim Heidelberger Schwerionenbeschleuniger, aber auch mit Pharmaherstellern wie Bayer, Roche, Boehringer Ingelheim und anderen. »Wir müssen zusätzliche Ressourcen erschließen«, so von Kalle. »Zum Glück finden wir dabei ein offenes Ohr beim Bundesforschungsministerium.«
Rück- und Ausblick
»Sie haben uns wichtige Impulse gegeben«, kommentierte Plischke, der zum Abschluss seiner vierjährigen Amtszeit als Verbandsvorsitzender kurz voraus- und zurückblickte. Ein Drittel der in den kommenden Jahren vor einer Zulassung stehenden neuen Arzneimittel seien Krebspräparate. In seiner Amtszeit seien mehr als 100 Medikamente mit neuen Wirkstoffen zugelassen worden – etwa zur Schlaganfallprävention, zur Behandlung von Leberkrebs und Impfstoffe gegen Hirnhautentzündung. Im Hinblick auf das AMNOG griff Plischke ein Goethe-Zitat auf: Auch aus den Steinen, die einem in den Weg gelegt werden, könne man Schönes bauen. Dann übergab er die Verbandsführung an Nachfolger Pfundner, der sich nach eigenen Worten die Gelassenheit Plischkes zum Vorbild nehmen will. /
Der Apotheker Dr. Hagen Pfundner ist einstimmig zum neuen Vorstandsvorsitzenden des Verbandes Forschender Arzneimittelhersteller (VFA) gewählt worden. Der 51-Jährige hat sein Pharmaziestudium 1989 in Freiburg abgeschlossen. Von 1989 bis 1992 war Pfundner als wissenschaftlicher Assistent und Doktorand an den Universitäten Marburg und Kiel beschäftigt. Der Eintritt bei der Firma Hoffmann-La Roche erfolgte 1992. Seit 2006 ist Pfundner Vorstand der Roche Pharma AG Deutschland und Geschäftsführer der Roche Deutschland Holding GmbH.