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Zuzahlung

Das Ende der Praxisgebühr

07.11.2012  11:34 Uhr

Von Anna Hohle / Die Praxisgebühr wird abgeschafft, das hat die schwarz-gelbe Koalition bei ihrem Gipfeltreffen am vergangenen Sonntag entschieden. Zum Ausgleich sollen die Krankenkassen Zuschüsse aus dem Gesundheitsfonds erhalten.

Acht Stunden lang verhandelten die Spitzen der Regierungsparteien im Kanzleramt, dann stand das Ergebnis fest: Die FDP akzeptierte mit dem Betreuungsgeld ein Wunschprojekt der CSU, dafür gab die ihren Widerstand gegen den Wegfall der Praxisgebühr auf. Ab Januar müssen Patienten für Arztbesuche somit nicht mehr 10 Euro pro Quartal zuzahlen. Bereits am Freitag soll der Bundestag in dritter Lesung die Abschaffung der Gebühr beschließen.

Gesetzlich Versicherte werden dadurch um rund 2 Milliarden Euro pro Jahr entlastet. Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) sprach am Montag von einer »guten Entscheidung, die den Menschen unmittelbar hilft«. Auch die Arztpraxen würden von einem enormen bürokratischen Aufwand befreit, betonte Bahr. Angesichts der Milliardenüberschüsse im Gesundheitsfonds hätte man sich diesen Schritt leisten können. Der finanzielle Verlust, den die Kassen durch den Wegfall der Gebühr erleiden, soll denn auch mit Geldern aus dem Gesundheitsfonds beglichen werden: Zum 15. November werde die Höhe der Zuweisungen aus dem Fonds an die Kassen entsprechend korrigiert, kündigte Bahr an.

 

Ein Absenken der Krankenkassenbeiträge, wie es die CSU favorisiert hatte, steht damit nicht mehr zur Debatte. Die Beiträge würden jedoch auch nicht steigen, versicherte der Gesundheitsminister. Das gelte insbesondere für 2013, doch auch für die darauffolgenden Jahre sei die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV) »solide finanziert«, sagte Bahr. Er verhehlte nicht, dass dies vor allem »durch Einsparungen bei den Arzneimittelausgaben möglich geworden« sei.

 

Ärzte- und Sozialverbände bewerteten den Wegfall der Praxisgebühr positiv. »Die Gebühr hat nichts gesteuert, mit ihr ist lediglich Geld von den Versicherten abkassiert worden«, kommentierte der Präsident der Bundesärztekammer, Frank Ulrich Montgomery, die Entscheidung. Auch Caritas-Präsident Peter Neher begrüßte den Entschluss. Die Gebühr habe dazu geführt, »dass arme Menschen Arztbesuche aufschieben oder sogar vermeiden«, sagte er.

 

Opposition übt Kritik

 

Die Bündnisgrünen bezeichneten die Abschaffung der Praxisgebühr dennoch als »vergiftetes Geschenk«. Schon 2014 seien die Reserven der GKV voraussichtlich aufgebraucht, erklärte die gesundheitspolitische Sprecherin Biggi Bender. Spätestens dann würden viele Krankenkassen erneut Zusatzbeiträge verlangen. Die Grünen fordern seit Langem die Abschaffung von Zusatzbeiträgen und die Beitragsautonomie für Krankenkassen. Auch die Zustimmung zum Betreuungsgeld wurde von Oppositionspolitikern als »Kuhhandel« bewertet.

 

Angesichts der hohen Überschüsse im Gesundheitsfonds soll der Bund hier in Zukunft weniger Geld beisteuern, entschied die Koalition darüber hinaus. 2013 werden die Bundeszuschüsse an den Fonds um 2,5 Milliarden Euro sinken, 2014 um 2 Milliarden Euro. /

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