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Gesetzliche Krankenversicherung

Stolzes Finanzpolster trotz Defizit

10.09.2013  17:01 Uhr

Von Stephanie Schersch / Die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV) hat im ersten Halbjahr 2013 ein Defizit von rund 890 Millionen Euro eingefahren. Damit schmelzen die GKV-Rücklagen zwar ab, liegen aber immer noch bei knapp 28 Milliarden Euro.

Allein die Krankenkassen verfügen über ein stolzes Finanzpolster von 16,6 Milliarden Euro, wie aus Zahlen des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) hervorgeht. Der Gesundheitsfonds hat demnach 11,1 Milliarden Euro auf der hohen Kante. Allerdings hat er in den ersten sechs Monaten des Jahres ein teilweise saisonbedingtes Minus von knapp 2 Milliarden Euro eingefahren. Die Kassen konnten das erste Halbjahr hingegen mit einem Plus von rund  1,1 Milliarden Euro abschließen.

Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) sprach mit Blick auf die Zahlen von einem soliden Fundament in der GKV. Das Ergebnis zeige, dass die Abschaffung der Praxisgebühr, die finanziellen Hilfen für Krankenhäuser und die Notdienstpauschale nachhaltig finanziert seien. »Die Gesetzliche Krankenversicherung wird trotz dieser Mindereinnahmen und Mehrausgaben auch im laufenden Jahr Überschüsse erzielen«, so Bahr.


Nach Ministeriumsangaben wird der Gesundheitsfonds sein Minus im weiteren Jahresverlauf voraussichtlich weitgehend ausgleichen können. Ein Defizit in den ersten sechs Monaten ist keine Seltenheit beim Fonds. Seine monatlichen Einnahmen stehen in direktem Zusammenhang mit den gezahlten Löhnen. Aufgrund von Sondereffekten wie Weihnachtsgeld und neuen Tarifabschlüssen liegen die Zahlungen an den Fonds zwischen Juli und Dezember dabei traditionell höher als in der ersten Hälfte eines Jahres. An die einzelnen Krankenkassen muss der Gesundheitsfonds hingegen jeden Monat denselben Betrag überweisen.

 

Das vergleichsweise große Defizit in diesem Jahr hängt aber auch mit der Abschaffung der Praxisgebühr zusammen. Als Ausgleich für deren Wegfall sind im ersten Halbjahr 900 Millionen Euro zusätzlich aus dem Fonds an die Kassen geflossen. Da­rüber hinaus hat der Bundesfinanzminister den Steuerzuschuss an den Gesundheitsfonds gekürzt. Mit 5,7 Milliarden Euro lag der Zuschuss rund 1,3 Milliarden Euro unter den Zuweisungen im ersten Halbjahr 2012.

 

Bei den Krankenkassen verteilen sich die Überschüsse sehr unterschiedlich auf die einzelnen Kassenarten. Das beste Ergebnis konnten die Allgemeinen Ortskrankenkassen einfahren mit einem Plus von rund 623 Millionen. Bei den Ersatzkassen waren es lediglich knapp 81 Millionen Euro. 164 Millionen Euro Überschuss erzielten die Betriebskrankenkassen. Das Plus der Innungskrankenkassen lag im ersten Halbjahr 2013 bei 150 Millionen Euro, bei der Knappschaft Bahn-See waren es 77 Millionen Euro. Die vergleichsweise geringen Überschüsse sind bei einigen Kassen laut Ministerium unter anderem auf Prämienzahlungen zurückzuführen. Sie haben demnach zwischen Januar und Juni insgesamt 182 Millionen Euro aus den Rücklagen an ihre Mitglieder ausgezahlt.

 

Pro Versichertem gaben die Kassen zwischen Januar und Juni 4,6 Prozent mehr aus als im Vorjahreszeitraum. Für Behandlungen beim Arzt zahlten die Krankenkassen 10 Prozent mehr, im stationären Bereich lag der Zuwachs bei  3,2 Prozent. Die Arzneimittelausgaben stiegen hingegen unwesentlich um  0,3 Prozent. Neben dem erhöhten Herstellerabschlag hätten dazu insbesondere verhandelte Rabatte zwischen Kassen und Herstellern beigetragen, so das BMG. Die Einsparungen durch Rabattvereinbarungen stiegen demnach im Vergleich zum ersten Halbjahr 2012 um ganze 53 Prozent auf fast 1,3 Milliarden Euro. Dieser starke Anstieg ist auch auf die Erstattungsbeträge zurückzuführen, die Hersteller und Krankenkassen seit einiger Zeit im Anschluss an die frühe Nutzenbewertung für ein neues Arzneimittel verhandeln müssen.

 

Der Bundesverband der pharmazeutischen Industrie (BPI) forderte vor dem Hintergrund dieser Zahlen erneut, den erhöhten Herstellerabschlag und das Preismoratorium endlich zu beenden. Beide Maßnahmen laufen regulär Ende 2013 aus. Die GKV hätte ihre Überschüsse im Wesentlichen den Versicherten und Pharmaunternehmen zu verdanken, so der BPI. /

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