Dickes Polster trotz Verlusten |
25.06.2014 09:37 Uhr |
Von Stephanie Schersch / Zum ersten Mal seit langer Zeit haben die Krankenkassen mehr Geld ausgegeben als sie eingenommen haben. Auch für Arzneimittel mussten sie im ersten Quartal 2014 deutlich tiefer in die Tasche greifen. Auf der anderen Seite steigen die Einsparungen durch Rabattverträge.
Nach Angaben aus dem Bundesministerium für Gesundheit (BMG) zahlten die Kassen zwischen Januar und März rund 51 Milliarden Euro etwa für Behandlungen beim Arzt oder Arzneimittel. Lediglich etwa 50,7 Milliarden Euro erhielten sie hingegen aus dem Gesundheitsfonds, der als zentrale Geldsammelstelle die Mittel über einen komplizierten Schlüssel an die einzelnen Versicherungen verteilt.
Das BMG erklärt das Defizit von etwa 270 Millionen Euro vor allem mit Prämienzahlungen vieler Krankenkassen. Diese hätten insgesamt 236 Millionen Euro als Boni an ihre Mitglieder ausgeschüttet und die Versicherten somit von ihren hohen Rücklagen profitieren lassen. Hinzu kommen laut Ministerium freiwillige Satzungsleistungen, die noch einmal 55 Millionen Euro ausmachen. Ohne diese Sondereffekte hätten die Kassen das erste Quartal sogar mit einem Plus abgeschlossen, hieß es.
Große Spielräume
»Die Zahlen zeigen, dass die finanziellen Spielräume der Kassen viel höher sind als vielfach behauptet wird«, sagte Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU). Er sieht sich in seiner Prognose bestätigt, dass mit der Finanzreform der Kassen im kommenden Jahr viele Versicherte von sinkenden Beiträgen profitieren könnten. In jedem Fall täten die Kassen gut daran, ihre hohen Finanzreserven und ihre neuen Möglichkeiten zur Beitragsgestaltung »im Sinne der Versicherten zu nutzen«, so Gröhe. Der GKV-Spitzenverband geht hingegen davon aus, dass 2015 alle Kassen einen Zusatzbeitrag erheben müssen, um über die Runden zu kommen.
Saionale Schwankungen
Auch der Gesundheitsfonds hat in den Monaten Januar bis März ein Minus von 2,4 Milliarden Euro eingefahren. Dies ist im ersten Quartal eines Jahres jedoch nicht unüblich und hat im Wesentlichen mit der Auszahlungssystematik des Fonds zu tun. So überweist er zwar jeden Monat die gleichen Summen an die einzelnen Krankenkassen, die Einnahmen aus Beiträgen unterliegen hingegen saisonalen Schwankungen und fallen etwa durch Urlaubs- oder Weihnachtsgeldzahlungen im weiteren Jahresverlauf zeitweise höher aus.
Dem Gesundheitsfonds macht darüber hinaus der gekürzte Bundeszuschuss zu schaffen. Diese Lücke muss er durch einen Griff in die Rücklagen füllen. Auch die Abschaffung der Praxisgebühr und Mehrausgaben für Kliniken werden so kompensiert.
Trotz allem verfügt die Gesetzliche Krankenversicherung nach wie vor über ein stolzes Finanzpolster in Höhe von insgesamt 27,7 Milliarden Euro. 16,5 Milliarden Euro entfallen dabei auf die Krankenkassen, 11,2 Milliarden Euro auf den Gesundheitsfonds. Wie immer verteilen sich die Rücklagen sehr unterschiedlich auf die einzelnen Kassenarten. Während etwa die Ortskrankenkassen 149 Millionen Euro auf der hohen Kante haben, verbuchen die Ersatzkassen ein dickes Minus von 317 Millionen Euro. Gerade diese Kassen hätten Prämien ausgezahlt, erklärte das Gesundheitsministerium.
Für den einzelnen Versicherten gaben die Krankenkassen im ersten Quartal 5,3 Prozent mehr aus als im Vorjahreszeitraum. Besonders deutliche Ausgabensteigerungen gab es bei den Arzneimitteln. Hier mussten die Kassen 8,4 Prozent mehr zahlen. Hintergrund ist das Auslaufen des erhöhten Herstellerabschlags zum Jahreswechsel. Statt 16 Prozent mussten die Unternehmen den Kassen zwischen Januar und März lediglich 6 Prozent Rabatt gewähren. Anfang April hat die Große Koalition den Abschlag wieder leicht auf 7 Prozent erhöht. Das macht sich laut BMG bereits in Zahlen der Apothekenrechenzentren für den April bemerkbar: Demnach lag der Ausgabenzuwachs bei nur noch 5,8 Prozent.
700 Millionen Euro sparen
Deutlich profitieren konnten die Kassen abermals von Rabattverträgen mit Unternehmen. Insgesamt 700 Millionen Euro sparten sie im ersten Quartal auf diese Weise – 130 Millionen Euro mehr als im Vorjahreszeitraum.
Auch für Klinikbehandlungen mussten die Kassen tiefer in die Tasche greifen. In diesem Bereich stiegen die Ausgaben um 5,1 Prozent je Versicherten. Zum Teil ist das auf eine bessere Vergütung der Krankenhäuser seit August 2013 zurückzuführen. Für Verwaltungsaufgaben mussten die Krankenkassen 2,1 Prozent mehr ausgeben. /