ABDA startet Betreuungs-Studie |
23.10.2012 18:20 Uhr |
Von Annette Mende, Berlin / Kann die intensive Betreuung von Patienten mit chronischer Herzschwäche deren Therapietreue verbessern, dadurch Krankenhausaufenthalte vermeiden und die Sterblichkeit senken? Diese Fragen sollen jetzt in einer randomisierten Studie untersucht werden. Wie genau die Intervention ablaufen soll, erklärten ihre beiden Leiter vergangene Woche in Berlin.
Die Studie trägt den etwas sperrigen englischen Namen »Pharmacy-based Interdisciplinary Program for Patients with Chronic Heart Failure: A Randomized Controlled Trial«, kurz Pharm-CHF. Im Rahmen der Untersuchung sollen Patienten mit chronischer Herzinsuffizienz von ihren Hausärzten und Apothekern entweder wie üblich versorgt werden oder eine intensivere Betreuung erfahren. Letztere besteht aus drei Komponenten: Erstellung eines Medikationsplans, regelmäßige, strukturierte Arztkontakte und Versorgung mit der individuell gestellten Medikation in einer wöchentlichen Dosierhilfe. All diese Schritte zielen darauf, die Einnahmetreue zu verbessern und Arzneimittel-bezogene Probleme zu erkennen und zu beseitigen beziehungsweise von vorneherein zu verhindern. Letztlich soll gezeigt werden, ob so die Zahl der Krankenhausaufenthalte und die Sterblichkeit der Patienten gesenkt werden können.
Vor allem ältere Patienten sind häufig mit ihrer Polymedikation überfordert.
Foto: Fotolia/Lizzul
Angesichts der Ausgangslage ist das sehr wahrscheinlich. Chronische Herzinsuffizienz ist bei älteren Menschen in Deutschland der häufigste Grund für Krankenhauseinweisungen. Patienten mit dieser Erkrankung profitieren nachgewiesenermaßen von der medikamentösen Therapie mit mehreren verschiedenen Wirkstoffen. Allerdings ist die Compliance häufig schlecht: »Man geht davon aus, dass etwa ein Drittel der verordneten Tabletten vom Patienten nicht eingenommen wird«, sagte Professor Dr. Ulrich Laufs vom Universitätsklinikum des Saarlands. Alle Studien zeigten jedoch übereinstimmend, dass eine schlechte Compliance das Risiko der Patienten für Herzinfarkte oder Schlaganfälle erhöht. Auch müssten Patienten mit schlechter Therapietreue häufiger stationär aufgrund ihrer Herzinsuffizienz behandelt werden.
Enge Kooperation der Heilberufe
Praktisch soll die Studie folgendermaßen ablaufen: Hausärzte sprechen geeignete Patienten an und randomisieren sie nach deren Einverständniserklärung entweder in die Interventions- oder in die Kontrollgruppe. Für die Patienten der Kontrollgruppe ändert sich – abgesehen von regelmäßigen Anrufen ihrer Arztpraxis, jährlichen Kurzvisiten beim Arzt und einem Abschlussgespräch am Ende des Beobachtungszeitraums – nichts. Sie können weiter wie gewohnt ihre Rezepte in jeder beliebigen Apotheke einlösen.
Die Patienten der Interventionsgruppe geben zunächst einem Apotheker in einer der Studienapotheken Auskunft über sämtliche von ihnen angewendeten Arzneimittel. Der Apotheker prüft die Medikation auf mögliche Interaktionen und erstellt dann zusammen mit dem Arzt einen Medikationsplan. Seine Medikamente erhält der Patient anschließend nicht mehr in Form von »multiplen Packungen«, wie Laufs es nannte. Stattdessen stellt die Apotheke jedem Patienten individuell die verordnete Medikation in einer Wochen-Dosierhilfe. Bei den wöchentlichen Apothekenbesuchen misst der Apotheker Blutdruck und Puls des Patienten, erkundigt sich nach möglichen Nebenwirkungen und Symptomen, die auf eine Verschlechterung der Grunderkrankung hindeuten, und nimmt, wenn nötig, Kontakt mit dem Arzt auf. Die telefonische und persönliche Betreuung durch die Arztpraxis gleicht der der Kontroll-Patienten.
Erste Untersuchung dieser Art
»Das ist die erste Studie weltweit, die den Effekt einer engen interdisziplinären Betreuung von Patienten mit Herzinsuffizienz auf harte klinische Endpunkte untersucht«, sagte Professor Dr. Martin Schulz von der ABDA – Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände. Um valide statistische Aussagen machen zu können, sollen insgesamt mehr als 2000 Patienten zunächst im Saarland und in Rheinland-Pfalz, später auch in Nordrhein-Westfalen und Bayern in die Studie eingeschlossen werden. Diese sollen von je 300 Arztpraxen und öffentlichen Apotheken betreut werden. Weitere Informationen finden Interessierte unter www.pharm-chf.de. /