Rechtzeitige Rechnungskorrektur vermeidet Steuerzinsen |
28.09.2010 15:12 Uhr |
Von Renate Schlüter / Bei Betriebsprüfungen versagt das Finanzamt oft den Vorsteuerabzug, wenn eine Rechnung nicht alle vom Umsatzsteuergesetz geforderten Angaben enthält. Die Berichtigung der Rechnung wirkt nicht zurück, so dass es zu Nachzahlungszinsen kommen kann. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat nun das Recht zum Vorsteuerabzug bei Rechnungskorrekturen gestärkt.
In dem Fall, der der aktuellen EuGH-Entscheidung zugrunde liegt, machte ein Kläger aus Ungarn im Jahr 2007 Vorsteuern aus Rechnungen geltend, in denen ein falscher Leistungszeitpunkt angegeben war. Die ungarische Finanzbehörde hatte deshalb den Vorsteuerabzug aus diesen Rechungen versagt. Daraufhin stornierte der leistende Unternehmer die fehlerhaften Rechnungen im September 2008 durch eine Gutschrift und stellte berichtigte Rechnungen aus. Die Steuerbehörde bemängelte aber, dass Gutschrift und berichtigte Rechnungen nicht fortlaufend nummeriert seien und entschied im Januar 2009, dem Kläger weiterhin den Vorsteuerabzug zu versagen. Dem widersprach der EuGH.
EuGH: Korrektur wirkt zurück
In seinem Urteil wiederholt der EuGH seine bisherigen Grundsätze zum Vorsteuerabzug. Demnach setzt das Recht zum Vorsteuerabzug voraus, dass der Unternehmer eine Rechnung erhalten hat, die sämtliche Angaben enthält, die die sogenannte Mehrwertsteuersystemrichtlinie fordert. Alle Rechnungsangaben müssen dabei inhaltlich zutreffen. Enthält die Rechnung unrichtige Angaben, besteht kein Recht auf Vorsteuerabzug. Die Richter des EuGH weisen aber ausdrücklich darauf hin, dass in diesem Fall die Möglichkeit besteht, die Rechung berichtigen zu lassen. Dabei geht der EuGH davon aus, dass eine solche Korrektur auf den Zeitpunkt der erstmaligen Rechnungserstellung zurückwirkt – wenn die Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug erfüllt sind, und wenn der Unternehmer als Leistungsempfänger der Behörde vor Erlass einer ablehnenden Entscheidung eine berichtigte Rechnung vorgelegt hat.
Die Entscheidung des EuGH erging zwar zum ungarischen Umsatzsteuergesetz, aber auch nach dem deutschen Umsatzsteuerrecht ist in einer Rechnung der Zeitpunkt der Lieferung oder sonstigen Leistung anzugeben. Fehlt diese Angabe, kann der Vorsteuerabzug nach Auffassung der deutschen Finanzverwaltung erst zu dem Zeitpunkt in Anspruch genommen werden, in dem eine berichtigte Rechnung vorliegt – ohne zeitliche Rückwirkung.
Experten erwarten nun mit Spannung, wie die deutschen Finanzbehörden auf die Rechsprechung des EuGH reagieren, da die allgemein gültige Mehrwertsteuersystemrichtlinie auch auf das deutsche Umsatzsteuerrecht anwendbar ist. Sollte sich die Auffassung des EuGH auch im deutschen Recht durchsetzen, würde dies eine erhebliche Vereinfachung bedeuten. Ein Unternehmer könnte dann fehlerhafte Rechnungen, die das Finanzamt im Rahmen einer Betriebsprüfung moniert, korrigieren lassen und diese dem Betriebsprüfer vorlegen. Dadurch ließen sich Nachzahlungen in Form von Steuerzinsen vermeiden.
Noch sind aber viele Fragen offen. Dazu zählt zum Beispiel, welche Fehler korrigiert werden können und bis zu welchem Zeitpunkt die Korrektur einer Rechnung möglich ist: Bis zum Erlass eines Änderungsbescheides oder bis zur mündlichen Verhandlung vor einem Finanzgericht? Wie ist zu verfahren, wenn der leistende Unternehmer nicht mehr existiert?
Rechnungen gleich prüfen
Deshalb sollten Unternehmer weiterhin Eingangsrechnungen auf Vollständigkeit und Richtigkeit prüfen, um so Nachteile von vornherein zu vermeiden. Versagt der Finanzbeamte den Vorsteuerabzug, sollten betroffene Unternehmer unbedingt im Rahmen von Betriebsprüfungen für eine schnelle Korrektur der Rechnung sorgen und anschließend das Finanzamt mit der Rechtsauffassung des EuGH konfrontieren. Wenn die deutschen Finanzbehörden aber an ihrer bisherigen Auffassung festhalten, wird eine gerichtliche Klärung unumgänglich sein. /