Boehringer und Lilly stoppen Trajenta |
06.09.2011 14:13 Uhr |
Von Uta Grossmann / Das neue Diabetes-Medikament Linagliptin (Handelsname Trajenta) soll den Patienten in Deutschland nicht zur Verfügung stehen. Das teilten Boehringer Ingelheim und Lilly mit. Die Firmen befürchten, dass die frühe Nutzenbewertung zu einem in ihren Augen nicht angemessenen Erstattungsbetrag führt – weil kein ausreichender Zusatznutzen erkannt wird.
Der neue Dipeptidylpeptidase-4-Inhibitor Linagliptin hat nach der Zulassung in den USA im Mai und im Juli in Japan am 25. August auch die Zulassung der Europäischen Behörde EMA erhalten. Es ist das erste Produkt der seit Januar bestehenden Diabetes-Allianz zwischen Boehringer Ingelheim und Lilly.
Hersteller fürchten ungünstiges Ergebnis
Als einmal täglich einzunehmende Tablette soll Linagliptin nach Herstellerangaben selbst bei Typ-2-Diabetes-Patienten mit einem hohen Risiko für eine nachlassende Nierenfunktion keine Dosisanpassung erfordern. Ziel ist eine gute Blutzuckereinstellung unabhängig vom Grad der Nierenfunktion.
Nun fürchten die beiden Herstellerfirmen, die frühe Nutzenbewertung könnte dazu führen, »dass der therapeutische Nutzen und die positiven Eigenschaften von Trajenta nicht ausreichend berücksichtigt werden«. Es drohe ein Erstattungsbetrag, »der dem Innovationscharakter des Medikaments nicht angemessen ist«, begründeten Boehringer und Lilly in einer Mitteilung, warum sie sich dazu entschlossen, das Diabetesmittel den deutschen Patienten nicht zur Verfügung zu stellen.
Mit dem Arzneimittelmarkt-Neuordnungsgesetz (AMNOG) werden seit Anfang des Jahres neue Arzneimittel der frühen Nutzenbewertung unterworfen.
Damit sollen die Kosten der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) für neue Arzneimittel begrenzt werden. Der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) prüft, ob ein neues Medikament gegenüber den vorhandenen Vergleichstherapien einen Zusatznutzen hat. Er kann mit der Nutzenbewertung das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) oder Dritte beauftragen.
Erkennt der GBA einen Zusatznutzen, verhandeln der GKV-Spitzenverband und der Hersteller innerhalb von sechs Monaten einen Erstattungsbetrag für die GKV als Rabatt auf den ursprünglichen, vom Pharmaunternehmen festgelegten Preis.
Bald Markteinführung in anderen Ländern Europas
Stellt der Gemeinsame Bundesausschuss keinen Zusatznutzen gegenüber marktgängigen Produkten fest, wird das Medikament in das Festbetragssystem überführt oder es wird ein Erstattungsbetrag vereinbart, bei dem die Jahrestherapiekosten nicht höher sind als die einer Vergleichstherapie.
Der Landesleiter Deutschland von Boehringer Ingelheim, Engelbert Günster, sagte, die »laufenden Gespräche auf Verbandsebene mit den Kostenträgern deuten darauf hin, dass zurzeit keinerlei Bereitschaft erkennbar ist, Preise für medizinische Innovationen auch nur angemessen zu gestalten«. Im Gegenteil sei die Absicht zu erkennen, die Preise »noch unter dem europäischen Durchschnittspreis festlegen zu wollen«.
Nach Angaben der beiden Hersteller werden die Markteinführungen in anderen europäischen Ländern derzeit vorbereitet und sind von der Entscheidung für den deutschen Markt nicht betroffen. /