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Analogpräparate

BPI fordert Korrektur im Gesetz

31.08.2010  17:24 Uhr

Von Nils Franke, Berlin / Sie sind als »Scheininnovationen« verschrien, doch Innovationen auf Basis bewährter Wirkstoffe eröffneten den Patienten vielfach einen großen Nutzen, sagen die Hersteller. Die Pharmaunternehmen gehen in die Offensive und fordern vom Gesetzgeber Nachbesserungen beim Arzneimittelmarkt-Neuordnungsgesetz.

Der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI) hat die Bundesregierung scharf kritisiert, die Forschung an bewährten Wirkstoffen zu diskriminieren. Im Entwurf des Arzneimittelmarkt-Neuordnungsgesetzes (AMNOG) seien die daraus resultierenden Innovationen »als Me-too verpönt«, sagte der BPI-Vorsitzende Dr. Bernd Wegener auf einer Pressekonferenz in Berlin. Viele mittelständische Pharmaunternehmen in Deutschland seien dadurch gefährdet.

Eine Nutzenbewertung und Verhandlungen über den Erstattungsbetrag sind in der Gesetzesvorlage nur für Arzneimittel mit neuen Wirkstoffen vorgesehen. Verbesserungen bewährter Wirkstoffe dagegen unterlägen in Zukunft unabhängig vom therapeutischen Nutzen dem Festbetragssystem, warnte der Verband. Investitionen könnten sich so kaum noch rentieren.

 

Schon jetzt seien die Rahmenbedingungen für Investitionen in diesem Bereich schlecht. Innovationen auf Basis bewährter Wirkstoffe seien zu Unrecht als »Scheininnovationen« abqualifiziert. Beispielsweise könne ein innovatives Dosiersystem für Augentropfen erlauben, auf Konservierungsstoffe zu verzichten. Bei gleichem Wirkstoff würden so allergische Reaktionen deutlich vermindert, erklärte Wegener. Eine spezielle Darreichungsform eines ADHS-Mittels für Kinder führe zu mehr Sicherheit und Therapietreue. Ein anderes bewährtes Schmerzmittel zur Anwendung gegen Herzfehlbildung bei Frühgeborenen zuzulassen, könne eine sonst notwendige Operation verhindern.

 

Dies seien eindrucksvolle Beispiele, sagte Wegener, in denen die Forschung an bekannten Wirkstoffen zu wirklichen Glücksfällen für die Betroffenen geführt habe. »Für die Unternehmen ist das leider nicht der Fall, denn sie müssen mit ihren Produkten meist im Festbetragssystem leben und bekommen häufig ihre Innovationen auf Generikapreisniveau honoriert.« Es sei nicht nachvollziehbar, dass Hersteller in solchen Fällen künftig gar keinen Zusatznutzen nachweisen könnten und mit den Kassen in Verhandlungen über den Erstattungsbetrag treten sollten.

 

»Wesentliche Dinge sind in dem Gesetz nicht durchdacht«, kritisierte Wegener. Es enthalte keine Definition für den Nutzen eines Arzneimittels und erkläre nicht, wann ein Nutzen ein Fortschritt sei.

Dr. Dagmar Braun, Mitgründerin der Riemser Arzneimittel AG und Mitglied des BPI, warnte, dass viele mittelständische Pharmaunternehmen besonders auf Innovationen mittels bewährter Wirkstoffe angewiesen seien. Die Kosten, um einen neuen Wirkstoff zu entwickeln, seien für sie gar nicht zu stemmen. Das AMNOG vergesse diese Unternehmen und verschlechtere ihre Lage weiter.

 

Der BPI fordert von der Bundesregierung neben einer Regelung für die Erstattung, die Zulassung zu vereinfachen. Es sei dringend erforderlich, ergänzend zu den Literaturdaten eigene Studien für die Zulassungsverfahren zu erlauben. Zusätzlich müsse ein längerer Unterlagenschutz gelten. Ein Jahr sei bei der kostenintensiven Entwicklung neuer Indikationen für bewährte Wirkstoffe deutlich zu kurz. In den USA seien es zehn Jahre. Sogar für Nahrungsergänzungsmittel seien die Unterlagen in der EU fünf Jahre geschützt. Dies müsse auch für neue Arzneimittel gelten, so der BPI.

 

Außerdem sei unbedingt ein Substitutionsverbot für innovative Medikamente einzuführen, für die eine neue Indikation zugelassen oder die Galenik optimiert wurde. Das »ausufernde Aut-idem« verschärfe die Situation zunehmend, so Wegener. Patienten, denen ein innovatives Medikament auf Basis bewährter Wirkstoffe verschrieben wurde, seien nicht vor einem Austausch durch ein rabattiertes Standardprodukt geschützt. »Diese Praxis entzieht diesen Innovationen endgültig die Grundlage.«

 

Der BPI sei mit der Politik bereits im Gespräch sagte Wegener. »Wir sehen eine Chance, über die Definition des Nutzens im Gesetz etwas zu erreichen.« Eine ganze Reihe von Politikern habe sich dazu positiv geäußert. / 

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