Nerven bewahren |
18.08.2015 15:09 Uhr |
Auf der Kreuzung vor Ihnen hat ein abbiegender Lastwagen einen Radfahrer erfasst. Sie sind der Erste an der Unfallstelle. Was ist zu tun? Diese Frage kann eine Mehrheit der Deutschen nicht korrekt beantworten, wie eine Umfrage des ADAC und des Deutschen Roten Kreuzes 2013 belegte. Das liegt weniger an der Bereitschaft zu helfen. Die war bei den allermeisten vorhanden. Vielmehr zeigten sich große Lücken bei den praktischen Fähigkeiten in Erster Hilfe. Diese sind zwar schnell erlernt, geraten aber – da man sie glücklicherweise ja nicht ständig braucht – auch sehr schnell wieder in Vergessenheit.
Notfälle sind das Schwerpunktthema dieser Ausgabe der PZ. Apotheker sind keine Sanitäter, doch halten viele Menschen sie als Heilberufler auch für kompetente Ersthelfer. Das beweisen unter anderem diverse im Offizin-Alltag verpflasterte Finger und Füße. Eine Auffrischung des Basiswissens in Erster Hilfe kann da nicht schaden (lesen Sie dazu Erste Hilfe: Schnelles Handeln rettet Leben). Dasselbe gilt mit Blick auf die Blinddarmentzündung (Appendizitis: Bei Kindern immer noch ein Notfall), Vergiftungen (Vergiftungen bei Kindern: Arzneimittel häufigster Grund) oder Fieberkrämpfe bei Kindern (Fieberkrämpfe: Dramatisch, doch meist ungefährlich): Wer die Symptome kennt und weiß, wie sie zu behandeln sind, wird im Ernstfall nicht die Nerven verlieren und richtig handeln. Solche Geistesgegenwart kann tatsächlich Leben retten, etwa im Fall eines anaphylaktischen Schocks (Adrenalin-Pens: Lebensrettende Begleiter).
Sogenannte Notfälle bei geriatrischen Patienten sind dagegen mitunter gar keine (Geriatrische Patienten: Notaufnahmen sind überlastet). Dass immer mehr Senioren in den Notaufnahmen der Krankenhäuser landen, ist aus Sicht von Notarzt Dr. Michael Groening vom Albertinen-Krankenhaus in Hamburg auch ein Systemproblem. »Die zentralen Notaufnahmen sind die Hausarztpraxen der Alten- und Pflegeheime geworden«, sagt er – eine Erfahrung, die Falk Stirkat, ebenfalls Notarzt und Buchautor, teilt (Notarzt: Leben am Limit). Eine bestmögliche Versorgung der oftmals multimorbiden Patienten könnte viele Notarzteinsätze verhindern. Dies schließt die regelmäßige Überprüfung und gegebenenfalls Anpassung der Medikation ein und ist damit auch eine Aufgabe für Apotheker.
Annette Mende
Redakteurin Pharmazie