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200 Jahre Schwefelbad Langensalza

Trommsdorff und das Mineralwasser

16.07.2012  16:55 Uhr

Von Christoph Friedrich / Im 18. und 19. Jahrhundert beschäftigten sich zahlreiche Apotheker mit der Untersuchung von Mineralwässern. Das Apothekenlaboratorium und ihre chemisch-analytische Kompetenz waren entscheidende Voraussetzungen, die sie zu dieser Aufgabe befähigten (1). Der vor 175 Jahren verstorbene Johann Bartholomäus Trommsdorff (1770 bis 1837) untersuchte 1812 eine Schwefelquelle bei Langensalza. Seine Analyse war die Grundlage für den noch im gleichen Jahr erfolgten Aufbau eines Badebetriebes in dieser Stadt.

Der Chirurg Johan Carl Lehmann (1778 bis nach 1850) entdeckte die Quelle, als Tagelöhner Arbeiten für einen Kanal durchführten, der die Flüsse Unstrut und Salza vereinigen sollte. Am 4. August 1811 meldete er seinen Fund dem Bürgermeister (2). Da das Mineralwasser nach faulen Eiern roch, lag die Vermutung nahe, dass es sich um ein schwefelhaltiges Wasser handeln müsse. Mit der Analyse wurde der Erfurter Apotheker und Professor Johann Bartholomäus Trommsdorff beauftragt. Dieser veröffentlichte bereits 1811 im »Allgemeinen Anzeiger der Deutschen« eine »Vorläufige Nachricht von dem Mineralwasser bey Langensalza«. Ein Jahr später folgte dann in dem von ihm 1793 begründeten und herausgegebenen »Journal der Pharmacie« seine ausführliche Publikation.

PZ-Originalia

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Darin beschreibt er auf 23 Seiten ausführlich seine Analysen, die in der Feststellung gipfelten: »Vergleichen wir die Bestandtheile dieses Schwefelwassers mit denen anderer Wässer, so gehet allerdings das Resultat hervor, daß es sich bestimmt unter die kräftigsten deutschen Schwefelwässer mit aufstellen darf, und sich dem Neundorfer und Eilsener Schwefelwasser sehr nähert; es ist reichlich mit wirksamen Bestandtheilen versehen, und sein Gebrauch wird von großem Nutzen seyn. Da es nicht arm an hydrothionsauren Verbindungen ist, so wird es auch bey dem Anwärmen seine Heilkräfte nicht verlieren, und als ein warmes Bad mit dem erwünschten Erfolg gebraucht werden können. Dieses Bad ist dieses Jahr zahlreich besucht worden, und hat sich überaus wirksam bezeigt«(3).

Seine Ergebnisse hatte er bereits am 26. Oktober 1811 dem Bürgermeister der Stadt Langensalza mitgeteilt. Noch 1812 wurde ein Brunnenschacht angelegt, ein achteckiger, mit Latten beschlagener Pavillon errichtet, und die feierliche Einweihung der Schwefelquelle fand am 2. August 1812 statt. Zum ersten Brunnendirektor wurde der Langensalzaer Apotheker Heinrich Wilhelm Brockmann ernannt. Das Schwefelbad selbst besitzt also eine lange Geschichte, 1956 wurde die Stadt in Bad Langensalza umbenannt und 2005 als Schwefel-Sole-Heilbad anerkannt.

 

Die Analysen

 

Die Analyse des Langensalzaer Schwefelwassers war keinesfalls die erste Mineralwasseruntersuchung Trommsdorffs. Bereits 1790 hatte dieser einen Vortrag vor der »Akademie nützlicher Wissenschaften« in Erfurt gehalten, in dem er seine Ergebnisse zur chemischen Untersuchung eines Quellwassers aus dem sogenannten »Dreyenbrunnen bey Erfurt« vorstellte (4). 1797 erschien in seinem Journal ein Aufsatz über »Chemische Untersuchungen des Trink- und Badewassers zu Bibra«, das Trommsdorff erstmalig untersuchte. Exakt gab er am Ende der Arbeit die einzelnen Bestandteile des Mineralwassers, darunter Kohlensäure, salzsaure Magnesia, Gips, Bittersalz, kohlensaure Magnesia, Kieselerde und Eisenkalk an (5). 1805 publizierte er seine Untersuchungsergebnisse zu einer mineralischen Quelle im Rittergut Schloss Voigtstädt in der Güldenen Aue bei Artern (6).

 

Allein zwischen 1809 und 1813 erschienen sechs Aufsätze in Trommsdorffs Journal, in denen er wiederum seine Analysen verschiedener Mineralbrunnen bekannt machte. Neben einheimischen Wässern wie dem Saalbrunnen in Rudolstadt (7) und einem mineralischen Schwefelwasser bei Tennstedt (8) analysierte Trommsdorff im Auftrag des österreichischen Kaisers auch das Gasteiner Mineralwasser, das er 1806 in »einer hinlänglichen Quantität« erhalten hatte. Es spricht für die Qualität der Trommsdorffschen Untersuchungen, dass seine Ergebnisse identisch mit denen des Professors der Chemie an der Wiener Universität, Joseph Mayer (1752 bis 1814), waren. Im Anschluss an seine Analysen publizierte er daher die »Chemische Untersuchung desselben Wassers« von Professor Mayer.

Trommsdorff diskutierte in seiner Publikation über das Gasteiner Wasser auch methodische Fragen, so beispielsweise, ob auf dem nicht unbeträchtlichen Transportwege ein Teil der »flüchtig-elastischen Bestandtheile«, also die Kohlensäure, verloren gehen könne. Zugleich kannte er jedoch seine Grenzen und bemerkte: »Als Chemiker kann ich mich indessen auf die Bestimmung der Heilkräfte dieses Wassers nicht einlassen, und bin sehr zufrieden, wenn meine Analyse würdigen Aerzten ein Hülfsmittel abgibt, den Gebrauch des Wassers dadurch näher zu schätzen und zu bestimmen« (9).

 

Diese Analyse wie auch Aufträge für weitere Untersuchungen aus dem Ausland zeigen, dass Trommsdorffs Mineralwasseranalysen inzwischen internationale Anerkennung gefunden hatten. So schickte ihm Adelbert Ulbrich aus dem böhmischen Brüx »eine Partie in steinernen Flaschen gefülltes Mineralwasser, welches erst vor kurzen [!] vom Herrn Ulbrich entdeckt worden war« zur Analyse. Trommsdorff resümierte, »daß das neue Mineralwasser unter die salinischen Bitterwasser« gehöre und empfahl es bei Gicht, Nervenübeln, sofern sie von Verstopfung des Unterleibs herrühren, Hypochondrie, einer damals sehr verbreiteten Krankheit, »schleimigten Schlagfuß, wenn er von gallichten Unreinigkeiten entsteht«, Rheumatismus, Hüftweh und Podagra, aber auch Gelbsucht, Harnverhalten, Hautkrankheiten, Bleichsucht, Kachexie, Skrofeln und Manie (10).

1825 publizierte Trommsdorff seine Ergebnisse zur Untersuchung der Mineralquellen »in dem steinernen Hause« zu Bad Ems. Bad Ems zählte damals zu den häufig frequentierten Kurorten, und das Wasser erfreute sich großer Beliebtheit (11). 1830 folgte schließlich seine letzte Veröffentlichung über die Analyse des Alexis-Brunnens im Harz, wobei er hier zusätzlich auch auf Mangan sowie die erst kurze Zeit zuvor entdeckten Elemente Brom und Jod prüfte (12).

 

Mineralwasserquellen in Franzensbad

 

Bereits 1822 war eine Monographie, die Trommsdorff gemeinsam mit dem Schwiegersohn Christoph Wilhelm Hufelands (1762 bis 1836), Emil Osann (1787 bis 1842), verfasst hatte, mit dem Titel »Die Mineralquellen zu Kaiser-Franzensbad bei Eger« herausgekommen. Das 279 Seiten umfassende Werk widmet sich den Quellen dieses in der Nähe der böhmischen Stadt Eger (heute Cheb) gelegenen Ortes, die schon in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts medizinisch angewendet wurden. 1793 genehmigte der österreichische Kaiser Franz I. den Bau von Einrichtungen zur Nutzung der Heilquellen: Es entstand ein tempelartiges Brunnengebäude sowie ein Kurhaus. Der Badeort sowie auch die Quelle des Hauptbrunnens wurden nach Franz I. benannt. Schnell entwickelte sich ein florierender Kurort mit Badeärzten und kulturellen Einrichtungen. 1822 wurden fünf Quellen medizinisch genutzt, die am häufigsten angewendete war die Franzensquelle, die zu Trinkkuren bei Nerven-, Magen- und Darmerkrankungen sowie Nierenleiden und Beschwerden des weiblichen Genitaltraktes diente. Während der Mitautor und Arzt Emil Osann die medizinische Wirkung des Wassers beschrieb, schilderte Trommsdorff die physikalischen und chemischen Untersuchungen.

Für Franzensbad besaßen gerade Trommsdorffs Analysen große Bedeutung, da damals Gerüchte kursierten, dass diese Mineralquelle ihre Wirkung verloren hätte. 1819 hatte Trommsdorff Franzensbad selbst besucht. Bei seinen Analysen bediente er sich der Methode des Edinburgher Professors John Murray (1778 bis 1820), nach der er die Salzverbindungen durch Eindampfen erhielt, anschließend untersuchte und zugleich das Wasser mit Reagenzien analysierte (13). Für die Güte seiner Analysen spricht, dass sie in anderen balneologischen Werken noch Jahrzehnte später immer wieder zitiert wurden. Ein umfangreicher Briefwechsel, 21 Briefe, spiegelt die Arbeit der beiden Autoren an diesem Werk minutiös wider (14).

 

Auf dem Gebiet der Mineralwasseranalytik genoss Trommsdorff hohes Ansehen und galt geradezu als Autorität. Seine Analysen trugen wesentlich zum Aufbau eines Kur- und Bäderwesens bei. Die Stadt Langensalza erinnerte mit einer Vortragsveranstaltung im Juni 2012 an die zweihundertjährige Geschichte ihrer Mineralquelle und Trommsdorffs erste chemische Analyse. /

Literatur

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K. Kiefer, Mineralwässer. Der Beitrag deutscher Apotheker zur Erforschung von Mineralquellen und zur Herstellung künstlicher Mineralwässer. Eschborn 1999.

S. Arpert, C. Mörstedt u. W. Sons (Hrsg.), 200 Jahre – die Entdeckung der Schwefelquellen in Bad Langensalza. Bad Langensalza o. J. [2012], S. 8f.

J. B. Trommsdorff, Chemische Untersuchung des bey Langensalza im Königreich Sachsen entdeckten salinischen Schwefelwassers, in: Journal der Pharmacie 21, 2. Stück (1812), S. 3–26, hier 26.

Ch. Friedrich, Johann Bartholomäus Trommsdorffs Einfluss auf das Kur- und Bäderwesen im 19. Jahrhundert, In: J. Kiefer (Hrsg.): Parerga – Beiträge zur Wissenschaftsgeschichte: in memoriam Horst Rudolf Abe. Erfurt 2007, S. 247–256.

J. B. Trommsdorff, Chemische Untersuchungen des Trink- und Badewassers zu Bibra, in: Journal der Pharmacie 5 (1797), 1. Stück, S. 135–146.

J. B. Trommsdorff, Chemische Untersuchung einer mineralischen Quelle bey Artern, in: Journal der Pharmacie 13 (1805), 2. Stück, S. 322–338.

J. B. Trommsdorff, Chemische Analyse eines bey Rudolstadt befindlichen Mineralwassers, welches unter dem Namen des Saalbrunnens bekannt ist, in: Journal der Pharmacie 19 (1810), 1. Stück, S. 3–13.

J. B. Trommsdorff, Chemische Untersuchung des bey Tennstädt im Königreich Sachsen entdeckten mineralischen Schwefelwassers, in: Journal der Pharmacie 21 (1812) 2. Stück, S. 27–47.

J. B. Trommsdorff, Chemische Analyse des in dem Wildbad in der Gastein befindlichen Mineralwassers, in: Journal der Pharmacie 18 (1809) 2. Stück, S. 24–51, hier 51.

J. B. Trommsdorff, Chemische Untersuchung eines salinischen Bitterwassers aus Brüx in dem Saatzer Kreise in Böhmen, in: Neues Journal der Pharmacie 4 (1820) 2. Stück, S. 3–26, hier 25f.

J. B. Trommsdorff, Ueber die Mineralquellen in dem steinernen Hause zu Bad Ems, in: Neues Journal der Pharmacie 11 (1825) 1. Stück, S. 264–284.

J. B. Trommsdorff, Chemische Analyse des Alexis-Brunnens, des neu entdeckten salinisch kohlensauren manganhaltigen Eisenwassers, in: Neues Journal der Pharmacie 21 (1830) 2. Stück, S. 1–68.

E. Osann u. J. B. Trommsdorff, Die Mineralquellen zu Kaiser-Franzens-Bad bei Eger. Berlin 1822.

wie (4), S. 252.

 

Verfasser:

Christoph Friedrich, Institut für Geschichte der Pharmazie, Roter Graben 10, 35032 Marburg, ch.friedrich(at)staff.uni-marburg.de

 

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