Cranberrys senken Rezidivrate |
17.07.2012 16:20 Uhr |
Von Ulrike Viegener / Eine aktuelle Metaanalyse untermauert die präventive Wirksamkeit von Cranberrys bei Harnwegsinfekten, wobei besonders Frauen mit hoher Rezidivrate profitieren. Es bleiben jedoch auch Fragen offen.
Eingeschlossen in die Metaanalyse wurden randomisierte Studien, in denen Cranberry-haltige Präparate zur Prävention von Harnwegsinfekten entweder gegen Placebo oder andere Kontrollen, zum Beispiel Wasser, geprüft wurden. Ingesamt wurden 13 Studien mit insgesamt 1616 Teilnehmern als für die qualitative Analyse geeignet befunden, zehn Studien an insgesamt 1494 Probanden gingen in die quantitative Auswertung ein (»Archives of Internal Medicine«, 2012, 172 (13), Seiten 988-996).
Foto: Fotolia/Pheby
Allerdings, so heben die Autoren der Metaanalyse hervor, gestaltete sich die Zusammenschau der Daten schwierig, da die vorliegenden Studien sehr große Unterschiede aufweisen. Diese betreffen den Studienaufbau ebenso wie die untersuchten Kollektive. Auch die verwendeten Cranberry-Präparate – Saft, Kapseln, Tabletten – sowie deren Dosierung waren sehr unterschiedlich. Problematisch waren zudem die hohen Abbruchraten, wobei der Compliance-feindliche bittere Geschmack des Cranberry-Safts eine maßgebliche Rolle spielte.
Studienlage unzulänglich
Erschwerend kommt hinzu, dass trotz der kritischen Auswahl einige der berücksichtigen Studien methodische Mängel aufwiesen. So war bei keiner der vier Cross-over-Studien zwischen die beiden Therapiephasen eine Auswaschphase geschaltet. Die Autoren der Metaanalyse kritisieren ferner die nach wie vor unzulängliche Datenlage zur Wirksamkeit von Cranberry-Präparaten. Diese Problematik ist unter anderem dem Umstand geschuldet, dass Cranberry-Präparate – auch in Deutschland – als Nahrungsergänzungsmittel auf dem Markt sind und nicht den Prüfungen der Arzneimittelrichtlinien unterliegen.
Trotzdem kommt die aktuelle Metaanalyse zu einem ähnlichen Ergebnis wie ein Cochrane- Review aus dem Jahr 2008. Hier wie dort wird Cranberry-Präparaten eine präventive Wirksamkeit bei Harnwegsinfekten bescheinigt. Das relative Risiko von Harnwegsinfekten betrug in der aktuellen Analyse bei Einnahme von Cranberry-Präparaten 0,62 gegenüber den Kontrollen, das heißt, das Risiko war um ein Drittel reduziert. Besonders profitierten Frauen mit chronisch rezidivierenden Harnwegsinfekten: In diesem Subkollektiv war das relative Risiko mit 0,53 nahezu halbiert.
Die Subgruppenanalyse ergab einen weiteren Hinweis: Cranberry-Saft scheint effektiver zu sein als Kapseln oder Tabletten. Auch dürfte die regelmäßige Einnahme für die Schutzwirkung wichtig sein. So war das relative Risiko in der Subgruppe der regelmäßigen Cranberrysaft-Trinker auf 0,47 reduziert. Ein ähnlich niedriges relatives Risiko war in der Subgruppe feststellbar, die täglich mehr als zwei Cranberry-Kapseln einnahm – dies ist ein Hinweis darauf, dass Cranberry-Extrakte ausreichend hoch dosiert werden müssen. Zur Frage der optimalen Darreichungsform und Dosierung besteht noch Forschungsbedarf, betonen die Autoren.
Cotrim schlägt Cranberry
Zwar schneiden Antibiotika in der Prävention besser ab als Cranberry-Zubereitungen. Dies belegt eine im letzten Jahr veröffentlichte kontrollierte Studie. Nach dieser sank unter Trimethoprim-Sulfamethoxazol die Anzahl von im Mittel sieben Harnwegsinfekten pro Jahr auf 1,8, während zweimal täglich 500 mg Cranberry als Kapseln die Episoden auf vier pro Jahr reduzierten. Die Langzeitgabe niedrig dosierter Antibiotika wird in den aktuellen Leitlinien bei drei Rezidiven und mehr pro Jahr empfohlen. Manche Patientinnen mit wiederkehrenden Harnwegsinfekten suchen allerdings nach einer Alternative zur Daueranwendung von Antibiotika. Für solche Patientinnen können Cranberrys eine Option darstellen. Auch die geringere Gefahr von Resistenzbildungen kann einen Präventionsversuch mit einem Cranberry-Präparat rechtfertigen. /