Anzag muss sich wandeln |
03.07.2012 19:19 Uhr |
Von Ulrike Abel-Wanek, Frankfurt am Main / Weiter sinkende Erträge im Inlandsgeschäft und eine fast Hundertprozent-Übernahme durch die Muttergesellschaft Alliance Boots haben Folgen für die Andreae-Noris Zahn AG (Anzag). Über Zahlen und Zukunftsperspektiven informierte der Pharmagroßhändler vergangene Woche auf einer Pressekonferenz.
Die Anzag hat im abgelaufenen Geschäftsjahr Gewinne erwirtschaftet, trotz Arzneimittelmarkt-Neuordnungsgesetz (AMNOG) und den zunehmenden Arzneimittel-Direktlieferungen ohne Beteiligung des Großhandels. Verantwortlich für die gestiegenen Erträge sind vor allem die Beteiligungen an den drei Tochtergesellschaften in Rumänien, Kroatien und Litauen. »Auf dem deutschen Großhandelsmarkt, mit dem wir den Großteil unseres Umsatzes erwirtschaften, können wir nicht mehr den Ertrag erzielen, den wir brauchen«, räumte Vorstandsvorsitzender Dr. Thomas Trümper ein. Deshalb denke man unter anderem über die Ausweitung des Auslandsgeschäfts nach.
Die Anzag wird schon bald unter dem Namen Alliance Healthcare Deutschland firmieren.
Foto: Anzag
Insgesamt liege das jetzige Konzernergebnis mit rund 23 Millionen Euro deutlich unter dem des letzten vollständigen Geschäftsjahrs 2010 (36 Millionen Euro). Mit dem vorangegangenen Rumpf-Geschäftsjahr 2011 seien die Zahlen schwer vergleichbar, da hier, nachdem Alliance Boots die Anzag übernommen hatte, nur sieben Monate ausgewiesen wurden. Für das laufende Geschäftsjahr erwartet Vorstandsmitglied Dr. Ralf Lieb für Deutschland ein leichtes Umsatzplus von maximal 1 Prozent. Positives Wachstum stellte der Finanzchef ab 2013 in Aussicht, wenn Preismoratorium und Zwangsabschläge voraussichtlich ausliefen.
Aus Anzag wird Alliance Healthcare
Die Herausforderungen auf dem schwierigen Inlandsmarkt und die in Zukunft zu erwartenden Sättigungseffekte der Auslandsgesellschaften könne die Anzag als rein nationales Unternehmen nicht mehr meistern, sagte Trümper. »Die Anzag muss sich wandeln. Sie ist jetzt Teil eines weltweit operierenden Unternehmens.« Daraus ließen sich neue Chancen für das Geschäft auf dem deutschen Apothekenmarkt entwickeln. Um die Neuausrichtung und erweiterte Geschäftstätigkeit des pharmazeutischen Großhändlers auch nach außen zu dokumentieren, werde sich die Anzag in »Alliance Healthcare Deutschland« umbenennen.
Alliance Boots hatte kürzlich weitere 14,1 Prozent der Anzag-Aktien übernommen. Damit hält der Konzern jetzt rund 96 Prozent des Frankfurter Traditionsunternehmens und kann mithilfe eines sogenannten Squeeze-out die restlichen Minderheitsaktionäre herauskaufen. Außerdem hat sich die US-Drogeriekette Walgreens bei dem britischen Pharmahändler mit zurzeit 45 Prozent der Unternehmensanteile eingekauft mit der Option, auch die restlichen Anteile innerhalb von drei Jahren zu erwerben. Nach dem Zusammenschluss der beiden Konzerne entsteht damit der Weltmarktführer im Pharmahandel.
Neue Angebote für Hersteller und Apotheker
Das Rückgrat des Unternehmens bleibe der Großhandel und die flächendeckende Arzneimittelversorgung in Deutschland, versicherte Trümper. Aber man müsse sich unabhängiger machen vom stark regulierten Großhandelsmarkt, die Wertschöpfungskette müsse ausgeweitet werden. »Aufgrund der beschränkten Wachstumsmöglichkeiten in unserem Kerngeschäft dehnen wir unsere Geschäftsaktivitäten in den kommenden Jahren aus«, sagte Trümper. »Im Mittelpunkt steht dabei der deutsche Markt, für den wir neue Angebote für Pharmahersteller, Apotheken und Verbraucher entwickeln.«
Ein neues Standbein sei beispielsweise die stärkere Vermarktung von Eigenmarken aus dem Portfolio von Alliance Boots in Apotheken. Das im Oktober 2011 gegründete Tochterunternehmen »Skills in Healthcare GmbH Deutschland« soll mithilfe umfangreicher Service- und Vermarktungskonzepte Hersteller und Apotheken beim Absatz ihrer Produkte unterstützen. Außerdem will das in europäische Dienstleistungsstrukturen eingebundene Unternehmen Kunden den Weg in internationale Märkte ebnen. /