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Herzinsuffizienz

ABDA beschließt Studie

05.07.2011  12:59 Uhr

Von Daniel Rücker und Sven Siebenand / Die ABDA will in einer Studie untersuchen, welchen Effekt eine intensive, strukturierte Betreuung von Patienten mit Herzinsuffizienz durch den Apotheker hat. Die Mitgliederversammlung der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände hat die auf mehrere Jahre angelegte Studie mit großer Mehrheit beschlossen.

Herzinsuffizienz ist eine der häufigsten internistischen Erkrankungen. Schätzungs­weise 2,7 Millionen Menschen in Deutschland sind davon betroffen. In der Gruppe der Über-80-Jährigen leidet in etwa jeder Zehnte daran. Im Jahr 2009 war Herz­insuffizienz die dritthäufigste Todesursache und der häufigste Grund für einen stationären Krankenhausaufenthalt in Deutschland. Die Krankheitskosten für Patienten mit Herzinsuffizienz betrugen 3,2 Milliarden Euro. Einer Pressemitteilung der Kasse Barmer GEK zufolge lag die Zahl der Arztkontakte bei Patienten mit Herzinsuffizienz im Jahre 2009 bei 48.

Klinische Studien haben gezeigt, dass die leitliniengerechte medikamentöse Therapie die Lebensqualität erhöhen, die Morbidität verbessern und die Mortalität senken kann. In der Praxis wird dieser Effekt aber häufig nicht erreicht. Gründe hierfür sind unter anderem eine verminderte Compliance, das häufigere Auftreten von arzneimittelbezogenen Problemen und seltenere Kontakte mit Heilberuflern. So liegt die Einnahmetreue bei chronischen Erkrankungen zwischen 50 und 80 Prozent. Studien zeigen, dass die fehlende Einnahme­treue die Zahl der Krankenhausaufnahmen und die Behandlungskosten steigert und zudem die Sterblichkeit bei älteren Patienten mit chronischer Herzinsuffizienz erhöht.

 

Intervention durch den Apotheker

 

Apotheker können einen entscheidenden Beitrag zur Verbesserung der Einnahme-treue leisten. So konnte mit einer kombinierten Intervention aus pharmazeutischer Betreuung und individuell gestellten Arzneimitteln die Einnahmetreue von 61 auf 96 Prozent gesteigert werden (Lee et al., »JAMA«, 2006, 296(21), Seiten 2563-2571). Murray et al. untersuchten den Effekt einer pharmazeutischen Intervention bei Herzinsuffizienz-Patienten mit niedrigem Einkommen und sozialen Problemen. Nach einer initialen Arzneimittelanamnese durch den Pharmazeuten fand die Arzneimittelabgabe alle zwei Monate statt. Dabei wurden den Patienten jeweils mündlich und schriftlich Informationen zu den eingenommenen Arzneimitteln gegeben. Die Adhärenz war in der Interventionsgruppe nach neun Monaten mit 79 Prozent signifikant höher als in der Kontrollgruppe mit 68 Prozent. Zudem waren Notfallbehandlungen und Krankenhauseinweisungen reduziert (»Ann Intern Med.«, 2007, 146, Seiten 714-725).

 

Ziel der nun von der ABDA beschlossenen randomisierten und kontrollierten Studie (RCT) ist es, durch die apothekerliche Betreuung die Krankenhauseinweisungen von älteren Patienten mit chronischer Herzinsuffizienz zu verringern und deren Leben zu verlängern. Für die interdisziplinäre Studie rekrutieren die teilnehmenden Ärzte ältere ambulante Patienten mit chronischer Herzinsuffizienz. Einschlusskriterien sind unter anderem die Einnahme eines Diuretikums und mindestens drei weiterer systemisch wirkender Arzneimittel.

 

Der Apotheker betreut nur die Patienten in der Interventionsgruppe. Zu Beginn erstellt er – basierend auf den Angaben des behandelnden Arztes und des Patienten – einen Medikationsplan. Hierbei prüft er auf arzneimittelbezogene Probleme und hält bei Bedarf Rücksprache mit dem Arzt. »Die Patienten erhalten einmal in der Woche die für sie individuell gestellte Medikation«, erläutert Professor Dr. Martin Schulz, Vorsitzender der Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker. Bei diesen wöchentlichen Besuchen fragt der Apotheker den Patienten nach dem gesundheitlichen Befinden, nach spezifischen Symptomen (zum Beispiel Atemnot), sowie nach Arzneimittelverträglichkeit und -einnahme. Der Apotheker misst und dokumentiert Blutdruck und Herzfrequenz. Der Patient wird zum Selbstmanagement seines Gewichtes (tägliches Wiegen, Führen eines Gewichts­tagebuchs) angeleitet. Ferner informiert der Apotheker über die einzunehmenden Arzneimittel. Bei signifikanten Veränderungen oder Beschwerden kontaktiert er entweder direkt den Arzt oder weist den Patienten darauf hin, den Arzt aufzusuchen.

 

Pilotstudie läuft bereits

 

Derzeit läuft bereits eine Pilotstudie in drei Studienzentren mit insgesamt 50 Patienten im Saarland und in Nordrhein, die von der Apothekerstiftung Nordrhein finanziert wird. Ziele dieser Pilotstudie sind vor allem die Prüfung der Machbarkeit und die Optimierung des Studienprotokolls für die geplante Endpunktstudie. Erste, derzeit vorliegende Erkenntnisse und Ergebnisse sind sehr vielversprechend.

 

Die nun beschlossene Endpunktstudie leiten Schulz und der Kardiologe Professor Dr. Ulrich Laufs. Laufs ist Mitglied der Arzneimittelkommissionen der Apotheker und der Ärzte. / 

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