Spermien stehen auf Maiglöckchen |
29.06.2010 13:59 Uhr |
Von Nadine Sander / Spermien lassen sich von Maiglöckchenduft anlocken, und Prostatakrebszellen stellen bei Veilchenduft ihr Wachstum ein. Diese Phänomene lassen sich damit erklären, dass Menschen nicht nur in der Nase, sondern auch in anderen Körperzellen Riechrezeptoren besitzen, fand Professor Dr. Hanns Hatt heraus.
Hatt ist Leiter des Lehrstuhls für Zellphysiologie an der Ruhr-Universität Bochum und Preisträger des diesjährigen Robert-Pfleger-Forscherpreises. Seine Arbeitsgruppe konnte nachweisen, dass es einen Rezeptor auf Spermien gibt, der auf Maiglöckchenduft reagiert. Denn Letzterer ähnelt in seiner Struktur dem Molekül, das die Eizelle aussendet, um Spermien anzulocken. Als Reaktion auf den Maiglöckchenduft schwimmen sie sogar schneller auf ihr Ziel zu als bei einer natürlichen Reizung. Es sei denkbar, das zum Beispiel im Rahmen der künstlichen Befruchtung auszunutzen, so Hatt.
Maiglöckchen riechen auch für Spermien gut: Die Samenzellen besitzen einen Rezeptor für den Duft.
Foto: Pixelio/Domnik
Die Forscher entwickelten zudem einen Antiduft, der sich an den Rezeptor anlagert, jedoch keine chemotaktische Reaktion auslöst. In diesem Fall könnte man Spermien quasi »die Nase zuhalten« und hätte eine effiziente Verhütungsmethode. »Aufgrund des Embryonenschutzgesetzes ist weitere Forschung zu diesem Thema in Deutschland nicht möglich«, sagte Hatt gegenüber der Pharmazeutischen Zeitung. Das sei in anderen Ländern mit weniger strengen Bestimmungen anders, zum Beispiel in Belgien.
Vor wenigen Monaten entdeckten Hatt und seine Kollegen einen weiteren Riechrezeptor: den Veilchenrezeptor in Prostatazellen. Wird dieser aktiviert, stellen Prostatakrebszellen nahezu vollständig ihre Teilung ein und das Krebswachstum wird gestoppt. Die Forscher fanden ein körpereigenes Hormon aus dem Testosteron-Stoffwechsel, das eine ähnliche chemische Struktur aufweist und ebenfalls den Rezeptor aktiviert. Hier eröffnen sich möglicherweise neue therapeutische Behandlungsansätze. Die bisherigen Ergebnisse sollen Hatt zufolge im nächsten Schritt in Tierversuchen bestätigt werden. /