Gericht verbietet Lagerung in Praxis |
19.06.2012 18:41 Uhr |
Von Daniel Rücker / Apotheken dürfen keine Begleitmedikamente für Tumorpatienten zur Abgabe an Patienten in eine Arztpraxis auslagern. Auch dann nicht, wenn sie damit den Kranken den Weg zur Apotheke ersparen wollen.
Arzneimittel müssen in einer Apotheke abgegeben werden, unabhängig vom Gesundheitszustand eines Patienten. Zu diesem Schluss kommt das Berufsgericht für Heilberufe am Landgericht Nürnberg-Fürth in einem Urteil von 29. Februar 2012, dessen ausführliche Begründung nun vorliegt (Az: BG-Ap 32/11).
Arzneimittel dürfen nur in der Apotheke abgegeben werden, nicht in einer Arztpraxis.
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Das Gericht bestätigte damit eine Rüge der Bayerischen Landesapothekerkammer an ein Apothekerehepaar, das einen Vorrat Begleitmedikamente für eine Zytostatikatherapie an eine 13 Kilometer entfernte gynäkologische Arztpraxis geliefert hatte, darunter Gardasil®, Bondronat®, Neorecormon® und Erypo®. Wenn der Arzt seinen Patienten für eines der Medikamente ein Rezept ausstellte, bot er Ihnen an, das Arzneimittel sofort mitzunehmen oder es in einer anderen Apotheke ihren Wahl abzuholen. In der Arztpraxis war grundsätzlich ein von der Apotheke der Beklagten gelieferter kleiner Vorrat der Medikamente vorhanden.
Die Initiative zu der Zusammenarbeit von Arztpraxis und Apotheke ging von dem Arzt aus. Als Grund nannten die Beteiligten, man habe den Tumorpatienten ersparen wollen, dass sie für einen zweiten Termin in die Arztpraxis kommen mussten, damit ihnen dort die Medikamente verabreicht werden können.
Das Berufsgericht beeindruckte diese Erklärung nicht. Ein Notstand, der es rechtfertige dem Patienten den Weg in die Apotheke abzunehmen, liege nicht vor, so die Richter. Die Lagerung und Abgabe der Medikamente in der Arztpraxis sei eine Absprache zwischen Apothekenleiter und Arzt über die Zuweisung von Verschreibungen und damit ein Verstoß gegen Paragraf 11 Absatz 1 des Apothekengesetzes und auch gegen Paragraf 11 Absatz 2 der Berufsordnung. Der Arzt habe zwar die Patienten auf die Möglichkeit hingewiesen, die Medikamente in einer anderen Apotheke abzuholen. Dies ändere an dem Sachverhalt jedoch nichts. Das im Grundgesetz verankerte Recht auf freie Beraufsausübung könnten die beiden Apotheker auch nicht für sich geltend machen. Die Berufsfreiheit schütze alle Apotheker, auch die Konkurrenten der Beklagten.
Geringes Verschulden
Das Apothekerehepaar kommt aus dem Verfahren ohne größeren Schaden heraus. Das Berufsgericht sieht bei Ihnen nur ein geringes Verschulden. Motivation war es, Patienten Unannehmlichkeiten zu ersparen. Zudem habe der Arzt das unerlaubte Vorgehen initiiert. Außerdem sei das Apothekerpaar mittlerweile altersbedingt weitgehend aus dem Berufsleben ausgeschieden. /