Pharmazeutische Zeitung online
Entscheidung im Einzelfall

Abgabe von Arzneimitteln an Teenager

Apothekerinnen und Apotheker tragen viel Verantwortung, wenn sie Arzneimittel auf Rezept oder zur Selbstmedikation abgeben. Das gilt besonders, wenn Jugendliche Medikamente erwerben möchten, egal ob für sich selbst oder für ein erkranktes Elternteil. Was Pharmazeutinnen und Pharmazeuten in diesem Fall beachten sollten, erfahren sie in einer Arbeitshilfe der Bundesapothekerkammer (BAK).
Anne Orth
09.12.2022  09:00 Uhr

Es ist nicht verboten, Arzneimittel an Minderjährige abzugeben. Da Arzneimittel hochwirksame Substanzen enthalten, kann es allerdings riskant sein. Aus diesem Grund ist es Aufgabe der Apothekerinnen und Apotheker, anhand verschiedener Kriterien im Einzelfall zu entscheiden, ob sie einem Jugendlichen ein Medikament aushändigen oder nicht. Tipps dazu erhalten sie in einer Arbeitshilfe der BAK, die auf den Seiten der ABDA zur Verfügung steht. Bei der Einschätzung spielen zum Beispiel das Gefahrenpotenzial eines Arzneimittels und die Auffassungsgabe des Teenagers eine Rolle.

Regelungen in verschiedenen Rechtsgebieten

In der Arbeitshilfe erfahren Apotheker zunächst mehr über rechtliche Rahmenbedingungen. Je nach Rechtsgebiet gelten für Heranwachsende unterschiedliche Regelungen. Der Kauf von Arzneimitteln fällt unter das Zivilrecht. Dieses sieht vor, dass Kinder unter sieben Jahren geschäftsunfähig sind. Apotheker können ihnen daher ohne Einbeziehung der Eltern keine Arzneimittel aushändigen. Minderjährige im Alter von sieben bis 17 Jahren gelten als beschränkt geschäftsfähig. Ihre Willenserklärungen können wirksam sein oder werden, wenn die Eltern oder gesetzliche Vertreter diesen zustimmen oder sie nachträglich genehmigen. Wenn Erwachsene Minderjährigen Geld zur freien Verfügung überlassen, können »im Einzelfall auch Kaufverträge wirksam sein, wenn der beschränkt Geschäftsfähige die Kaufpreisforderung mit diesem Geld begleicht«, heißt es im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB). Wann dies der Fall ist, sei im Einzelnen jedoch umstritten. Arzneimittel an Minderjährige abzugeben, kann demnach zivilrechtlich zulässig sein, wenn die Heranwachsenden Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung in Anspruch nehmen und daher nicht zu einer Zahlung verpflichtet sind.

Das Sozialrecht regelt schließlich die Sozialrechtsmündigkeit. Demnach können Versicherte, die das 15. Lebensjahr vollendet haben, Sozialleistungen selbstständig entgegennehmen. Ab dem Alter von 15 Jahren können Jugendliche daher auch Leistungen in Apotheken in Anspruch nehmen. In diesem Fall sollen Apotheker die Eltern über die Leistungserbringung informieren.

Seite123>

Mehr von Avoxa