Quälende Gallensteine |
23.05.2011 11:13 Uhr |
Nahezu jeder fünfte Bundesbürger soll Gallensteine haben. Diese sind nicht nur die häufigste Ursache einer akuten, potenziell lebensbedrohlichen Pankreatitis, sondern können auch schmerzhafte Koliken auslösen, wenn sie Gallengänge verstopfen. Doch meist bleiben sie unbemerkt.
Gallengrieß und -steine sind Konkremente, die sich in der Gallenblase ablagern. In den westlichen Ländern haben Patienten zu über 90 Prozent cholesterolreiche Steine. Sie entstehen, wenn die Gallenflüssigkeit mit Cholesterol übersättigt und die Gallenblase hypomotil ist. Bilirubinsteine sind heute eher selten. Fettreiche Ernährung, Hypercholesterolämie, Übergewicht, Estrogene und Diabetes sind Risikofaktoren für eine Steinbildung. Inzwischen sind auch Genmutationen bekannt, die diese begünstigen.
Koliken und Entzündung
Wandert ein Stein aus dem Hohlorgan in den Gallenblasengang (Ductus cysticus) und verstopft ihn, kann dies eine Gallenkolik auslösen. Der Patient leidet an heftigen Schmerzen im rechten Oberbauch, die länger als 15 Minuten anhalten und in die rechte Brustseite, Schulter oder den Rücken ausstrahlen können. Typischerweise wird der viszerale Schmerz als dumpf, tief liegend und häufig krampfartig beschrieben. Übelkeit und Erbrechen können hinzukommen. Bei Verdacht auf eine Gallenkolik sollte der Patient sofort einen Arzt aufsuchen. Bei der Ultraschalluntersuchung kann der Arzt die Steine lokalisieren.
Wie Kiesel vom Strand: Cholesterol-Gallensteine.
Foto: Superbild
Die Akuttherapie einer Gallenkolik erfolgt mit Spasmolytika wie N-Butylscopolamin in Kombination mit Analgetika, zum Beispiel Diclofenac, Indometacin, Metamizol oder Paracetamol. Bei schweren Schmerzen können Opioide wie intravenöses Pethidin oder Buprenorphin indiziert sein. Zur kausalen Therapie der symptomatischen Gallenblasensteine (Cholezystolithiasis) empfiehlt der Arzt in der Regel, die Gallenblase zu entfernen. Standard ist die laparoskopische Methode. Etabliert ist auch die Gallensteinzertrümmerung durch Stoßwellen (Stoßwellenlithotripsie).
Bei Patienten mit hohem Operationsrisiko und relativ kleinen Steinen bietet die Steinauflösung mit Ursodesoxycholsäure (UDCA) eine Alternative. Allerdings dauert die Therapie mehrere Monate, und häufig bilden sich später erneut Steine.
Die häufigste Komplikation eines Gallensteinleidens ist die akute Gallenblasenentzündungen. Bei mehr als 90 Prozent der Patienten entsteht diese durch vorübergehenden oder dauerhaften Verschluss des Gallenblasengangs durch Steine (kalkulöse Cholezystitis). Bei der sogenannten akalkulösen Cholezystitis sind keine Steine vorhanden. Heftige Schmerzen im rechten Oberbauch, die bis zur rechten Schulter und in den Rücken ausstrahlen, Fieber, Übelkeit und Erbrechen können eine akute Gallenblasenentzündung anzeigen. Oft sind üppige fettreiche Mahlzeiten der Auslöser.
Bei einer akuten Cholezystitis sind neben Schmerztherapie und Flüssigkeitszufuhr Antibiotika indiziert, zum Beispiel Amoxicillin, Ampicillin plus Betalactamasehemmer oder ein Cephalosporin wie Cefotiam. Die Gallenblase sollte möglichst bald operativ entfernt werden, da es ansonsten häufig zu Rezidiven und Komplikationen kommt.
Oft ein Zufallsbefund
Bei schätzungsweise 80 Prozent der Menschen bleiben Gallensteine klinisch stumm und werden höchstens zufällig entdeckt. Allerdings klagen manche Gallensteinträger über unspezifische Beschwerden im Oberbauch, ähnlich wie bei einem Reizdarmsyndrom. Daran sollte das Apothekenteam denken, wenn Patienten über Blähungen, Druck- und Völlegefühl berichten. Zudem wissen viele, dass sie bestimmte Speisen wie Fettes und Gebratenes, Kaffee und kalte Getränke nicht vertragen.
Das kann schmerzhaft werden: mit Steinen gefüllte Gallenblase im Röntgenbild.
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Phytopharmaka, zum Beispiel mit Extrakten aus Curcumawurzelstock, Javanischer Gelbwurz, Erdrauchkraut, Löwenzahn oder Artischockenblättern, können die Beschwerden lindern, aber keine Steine auflösen. Die Arzneipflanzen können sowohl die Produktion der Gallenflüssigkeit als auch die Entleerung des Organs anregen. Viele pflanzliche Cholagoga wirken auch spasmolytisch und antiphlogistisch. Ebenso kommen ätherische Öle wie Kümmel- und Pfefferminzöl bei krampfartigen Oberbauchschmerzen zum Einsatz.
Noch wichtiger ist allerdings, der Steinbildung vorzubeugen. Eine ballaststoffreiche Kost, die wenig kurzkettige Kohlenhydrate wie Zucker und Weißmehl sowie wenig Cholesterol enthält, ist günstig. Bei Übergewicht sollten die Patienten langsam abnehmen, da Blitzdiäten und Fastentage die Steinbildung durch reduzierte Gallenblasenentleerung fördern. Auch Gewichtsschwankungen sind ein Risikofaktor. Ist eine rapide Gewichtsreduktion, zum Beispiel durch Adipositaschirurgie, erforderlich, kann das Steinrisiko durch Einnahme von mindestens 500 mg UDCA pro Tag verringert werden. Der Patient sollte das Medikament einnehmen, bis sich sein Gewicht stabilisiert hat.
Bei Gallenproblemen kann es hilfreich sein, mehrere kleine Mahlzeiten über den Tag verteilt zu verzehren, um den Gallenfluss regelmäßig anzuregen. Bewegung und eine vollwertige Ernährung mit viel Obst, Gemüse und Vollkornprodukten sind auf jeden Fall empfehlenswert.