Biosimilar zur Anämiekorrektur |
08.04.2008 17:26 Uhr |
Biosimilar zur Anämiekorrektur
Von Brigitte M. Gensthaler
Der Markt der Erythropoetine bekommt Zuwachs. Seit Februar ist Epoetin zeta im Handel, das als Biosimilar zu Epoetin alfa entwickelt wurde, aber einen eigenen INN hat.
Erythropoietin ist ein hämatopoetischer Wachstumsfaktor. Das Glykoprotein wird vor allem in den Nieren produziert und stimuliert die Bildung von Erythrozyten aus Vorläuferzellen des Stammzellkompartiments. Lässt die Nierenfunktion, zum Beispiel bei Patienten mit chronischen Nierenerkrankungen, nach, sinkt auch die Biosynthese des Hormons. In der Folge entsteht eine Anämie. Einen großen Fortschritt brachten die rekombinanten Erythropoietine, die mit Erfolg zur Anämiekorrektur eingesetzt werden. Nach dem Patentablauf drängen seit Herbst 2007 Biosimilars (»Similar Biological Medicinal Product«) auf den Markt.
Ein wenig Nomenklatur: Verbindungen mit der gleichen Aminosäuresequenz wie das humane Hormon heißen laut WHO »Epoetin«, wobei der beigefügte griechische Buchstabe auf unterschiedliche Glykosylierungsmuster hinweist (Beispiele: Epoetin alfa, -beta, -zeta). Produkte mit abweichender Aminosäuresequenz tragen eine Vorsilbe vor dem Wortstamm »-poetin« (Beispiel: Darbepoetin alfa).
Das neue Epoetin-zeta-Präparat sei das einzige EPO-Biosimilar mit eigenem INN, sagt Meziyet Ciftcioglu, Direktorin Medizinische Kommunikation bei der cell pharm GmbH, einer konzerneigenen Vertriebsgesellschaft der Stada Arzneimittel AG, die Zulassungsinhaber ist. Das Arzneimittel werde komplett in Deutschland hergestellt und abgefüllt. Epoetin zeta wurde im Februar als Silapo® von cell pharm und als Retacrit® von Hospira auf den Markt gebracht. Die Injektionslösung wird in Fertigspritzen angeboten, die zwischen 1000 und 40.000 I.E. Wirkstoff enthalten. Zugelassen ist Epoetin zeta zur Behandlung der Anämie bei Patienten mit chronischer Niereninsuffizienz mit oder ohne Dialysepflicht sowie zur Behandlung der Blutarmut und Reduktion des Transfusionsbedarfs bei Erwachsenen mit soliden Tumoren, malignem Lymphom oder multiplem Myelom. Zudem kann es eingesetzt werden zur Steigerung der Blutmenge, die Patienten mit mittelschwerer Anämie vor einer Operation spenden können, damit ihnen ihr eigenes Blut während und nach der Operation zurückgegeben werden kann (Eigenblutspende-Programm).
Patienten mit Nierenproblemen und Patienten vor einer Operation erhalten das Medikament als intravenöse Injektion, während es bei Tumorpatienten subkutan gespritzt wird. Eine Studie zur subkutanen Applikation in der Nephrologie läuft nach Angaben der cell pharm bereits. Dosis und Therapiedauer richten sich nach der Indikation und dem Ansprechen; Hämoglobin-Werte zwischen 10 und 12 g/dl, bei Kindern zwischen 9,5 und 11 g/dl gelten als Ziel.
Das Biosimilar wurde in mehreren Studien mit dem Referenzprodukt Eprex/Erypo® verglichen. In zwei Hauptstudien ging es um die Korrektur der Zahl der roten Blutkörperchen oder um die Aufrechterhaltung der Hämoglobinwerte. Einbezogen waren mehr als 900 niereninsuffiziente Patienten, die eine Hämodialyse bekamen. In einer weiteren Studie wurde subkutan injiziertes Epoetin zeta bei Krebspatienten getestet. Das neue Medikament konnte die Erythrozytenzahl ebenso gut korrigieren und aufrechterhalten wie das Referenzprodukt; die verabreichten Dosen waren ähnlich. Bei subkutaner Gabe stieg der Hämoglobinwert in einem Ausmaß, das mit anderen Epoetinen vergleichbar war.
Auch das Sicherheitsprofil stimmt mit dem anderer, bereits zugelassener Epoetine überein. Die häufigsten Nebenwirkungen waren Kopfschmerzen und Blutdruckanstieg. Warnzeichen einer hypertensiven Krise, deren Symptome einer Enzephalopathie ähneln können, sind plötzlich auftretende stechende, migräneartige Kopfschmerzen. Eine unkontrollierte Hypertonie zählt denn auch zu den Kontraindikationen. Vor allem zu Therapiebeginn soll ein Arzt den Blutdruck genau überwachen.