Vertrag regelt Austausch |
23.08.2011 16:29 Uhr |
Von Daniela Biermann / Ab Oktober müssen Apotheker bestimmte Biosimilars gegeneinander austauschen – aber weiterhin nicht das Originalpräparat gegen ein Nachfolgeprodukt.
Auf eine entsprechende Vereinbarung haben sich der Deutsche Apothekerverband und der GKV-Spitzenverband geeinigt. Verschreibt der Arzt ein Biosimilar und setzt kein Aut-idem-Kreuz, muss der Apotheker das Mittel austauschen, wenn es eine preisgünstigere Alternative gibt. So sieht es der Rahmenvertrag zwischen GKV-Spitzenverband und Apothekern vor.
Foto: Amgen
Die Alternative muss nicht nur ein vom Herstellungsprozess und Eigenschaften ähnliches Produkt sein (Biosimilar), sondern identisch sein (Bioidentical). Dies ist bei den Arzneimitteln im Vertrag der Fall. Die Produkte jeweils einer Gruppe stammen in der Regel aus der gleichen Produktionsstätte, werden aber unter verschiedenen Lizenzen und Präparatenamen von mehreren Herstellern vermarktet.
In Anlage 1 (Seite 19) sind die entsprechenden Biosimilars aufgeführt: Die erste Gruppe, Epoetin alfa, umfasst die Präparate Abseamed® von Medice Arzneimittel, Binocrit® von Sandoz Pharmaceuticals sowie Epoetin alfa Hexal® von Hexal. Nicht austauschbares Originalpräparat ist Erypo® von Janssen-Cilag. Die zweite Gruppe, Epoetin zeta, listet Retacrit® von Hospira Deutschland GmbH und Silapo® von Cell Pharm. Die dritte Gruppe betrifft den Granulozyten-Kolonie stimulierenden Faktor Filgrastim (original als Neupogen® von Amgen). Untereinander ausgetauscht werden dürfen Biograstim® von ct Arzneimittel sowie Ratiograstim® von Ratiopharm. In der letzten Gruppe geht es um Interferon beta-1b mit den Präparaten Betaferon® von Bayer Vital und Extavia® von Novartis Pharma.
Ob wesentliche Einsparungen erreicht werden, wenn die Generikahersteller untereinander konkurrieren statt mit den Originalherstellern, ist fraglich. »Ursprünglich sind die zwischen Apotheken und Krankenkassen verhandelten Regelungen zur Austauschbarkeit dazu gedacht, mögliche Wirtschaftlichkeitsreserven zu heben«, kommentiert Bork Bretthauer, Geschäftsführer vom Industrieverband Pro Generika.
Hersteller befürchten Verunsicherung
»Mit der jetzt getroffenen Vereinbarung arbeiten die Vertragspartner diesem Ziel aber völlig entgegen. Der Austausch von Biosimilars untereinander führt nicht zu Einsparungen.« Bretthauer befürchtet, die Patienten würden durch diesen Austausch unnötig verunsichert. »Die Substitution von biotechnologischen Arzneimitteln muss ausschließlich in der Verantwortung des Arztes liegen.« /
Saubere Lösung
Der Austausch von Präparaten ist immer ein Problem. Hiervon kann die Apothekerschaft spätestens seit »Erfindung« der Rabattverträge ein Lied singen. Dieses Problem bekommt nun eine neue Facette. Denn aktuell geht es um den Austausch von Biologicals, konkret um Epoetin-Präparate, Präparate, die den Granulozyten-Kolonie stimulierenden Faktor enthalten und um Interferon beta-1b-Präparate.
Wichtig zu wissen ist, dass es drei Klassen von Biologicals gibt: Innovator-Produkte, Biosimilars und Bioidenticals. Kompliziert wird die Interpretation der getroffenen Vereinbarung zwischen DAV und GKV-Spitzenverband dadurch, dass es bei Innovator-Produkten und auch bei den Biosimilars bioidentische Produkte gibt. Diese Bioidenticals sind dadurch definiert, dass der Herstellungsprozess der Wirkstoffe identisch ist und sie deshalb absolut gleich sind.
Das ist der Fall für die beiden Innovator-Produkte Betaferon® von Bayer Vital und Extavia® von Novartis Pharma, für die drei Epoetin alfa-Biosimilars, Abseamed® von Medice Arzneimittel, Binocrit® von Sandoz Pharmaceuticals sowie Epoetin alfa Hexal® von Hexal und für die beiden Epoetin zeta-Biosimilars, Retacrit® von Hospira Deutschland GmbH und Silapo® von Cell Pharm.
Innerhalb der Produkte einer Gruppe kann ausgetauscht werden. Niemals darf über die Gruppengrenzen hinweg ausgetauscht werden, und niemals darf ein Innovator gegen ein Biosimilar ausgetauscht werden.
Aus pharmazeutischer Sicht ist das eine sehr klare und saubere Lösung, an der es nichts zu kritisieren gibt. Dennoch sind wieder die Probleme zu erwarten, die von der Austauschverpflichtung für Präparate mit chemisch definierten Wirkstoffen bekannt sind. Denn auch die Präparate innerhalb einer Austauschgruppe unterscheiden sich in Bezug auf die Konfektionierung aber teilweise auch hinsichtlich der Applikatoren. So werden Ärzte und Patienten wieder verunsichert. Einer optimalen pharmazeutischen Betreuung dient das nicht.
Professor Dr. Theo Dingermann
PZ-Chefredaktion