Einsatz bei Typ-1-Diabetes denkbar |
29.01.2013 18:02 Uhr |
Von Sven Siebenand, Frankfurt am Main / Der SGLT-2-Inhibitor Dapagliflozin (Forxiga®) erfüllt viele Kriterien, die an ein optimales orales Antidiabetikum zu stellen sind. So hat der Wirkstoff eine gute Blutzucker-senkende Effizienz, verursacht selbst keine Unterzuckerungen und besitzt zudem einen günstigen Effekt auf Blutdruck und Körpergewicht.
Ferner haben Vertreter der neuen Wirkstoffklasse der SGLT2-Hemmer das Potenzial, auch bei anderen Indikationen als Typ-2-Diabetes eingesetzt zu werden, zum Beispiel bei Typ-1-Diabetes. Das wurde auf einer Pressekonferenz von AstraZeneca und Bristol-Myers Squibb in Frankfurt am Main deutlich. Wie der Präsident der Deutschen Diabetes Gesellschaft, Professor Dr. Stefan Matthaei aus Quakenbrück, informierte, ist das Präparat vorerst nur bei Typ-2-Diabetes zugelassen. Bei Metformin-Unverträglichkeit kann der Wirkstoff als Monotherapie zum Einsatz kommen, häufiger wird aber voraussichtlich die Kombination mit anderen oralen Antidiabetika, GLP-1-Analoga oder Insulin stattfinden.
Dapagliflozon könnte demnächst auch zur Diabetes-Prävention eingesetzt werden.
Foto: Fotolia/Mariusz Prusaczyk
Von Metformin über Sulfonylharnstoffe bis hin zu DPP-4-Inhibitoren kommen praktisch alle auf dem Markt gehandelten Antidiabetika als Kombinationspartner infrage. Haupteinsatzbereich ist laut Matthaei die Therapie adipöser Typ-2-Diabetiker mit intakter Nierenfunktion, die erst seit wenigen Jahren erkrankt sind. Nicht infrage komme das Medikament bei einer Kreatininclearance kleiner als 60 ml/min. Denn die Wirkung des SGLT-2-Hemmers ist von der Nierenfunktion abhängig und bleibt bei schwerer Nierenfunktionsstörung wahrscheinlich aus.
Matthaei informierte, dass Typ-2-Diabetiker von einer HbA1c-Wert- Senkung um durchschnittlich 0,5 bis 0,8 Prozent profitieren. Hinzu kämen Gewichtsverlust und eine durchschnittliche Senkung des Blutdrucks um 3 bis 5 mmHg. Der Diabetologe vermutet, dass diese Blutdrucksenkung makrovaskuläre Ereignisse verhindern könnte. Das müsse eine gerade gestartete große Endpunktstudie aber noch endgültig unter Beweis stellen. Der Referent verwies ferner auf die Ergebnisse einer Studie zum Gewichtsverlust. Nur ein Drittel des Gewichtsverlusts geht demnach auf Flüssigkeitsverluste zurück, zwei Drittel seien erfreulicherweise eliminierte Fettmasse.
Das Wirkprinzip von Dapagliflozin erlaubt es auch, über weitere Einsatzgebiete nachzudenken. Normalerweise wird Glucose in den Nieren glomerulär filtriert und später im proximalen Tubulus aktiv resorbiert. SGLT 2, ein Natrium-abhängiger Glucose-Co-Transporter (sodium dependent glucose transporter, SGLT), ist der Haupttransporter, der für die Wiederaufnahme von Zucker an dieser Stelle verantwortlich ist. Paradoxerweise ist die Expression von SGLT-2 bei Diabetes mellitus sogar hochreguliert. Das gilt sowohl für Typ-2-Diabetes als auch für Typ-1-Diabetes und führt in beiden Fällen zu einer zusätzlichen Verschlechterung der Stoffwechsellage. Durch die selektive Blockade von SGLT-2, zum Beispiel mithilfe von Dapagliflozin, lässt sich die Rückresorption von Zucker reduzieren und somit die Ausscheidung überschüssiger Glucose mit dem Harn forcieren.
Matthaei hält es durchaus für sinnvoll, zu untersuchen, ob auch Typ-1-Diabetiker – zusätzlich zur Insulintherapie – von diesem Medikament (oder auch von Metformin) einen Nutzen haben. Zudem hält er es für denkbar, Dapagliflozin auch präventiv einzusetzen, um die Entstehung von Typ-2-Diabetes hinauszuzögern.
Dr. Kai Richter aus der Geschäftsleitung von AstraZeneca bestätigte auf der Veranstaltung, dass man über weitere Einsatzgebiete, etwa Typ-1-Diabetes, nachdenke. Keine Zulassung für das Präparat werde allerdings als reines Mittel zur Gewichtsabnahme, etwa bei Adipositas, angestrebt. /