Auf die Adhärenz kommt es an |
Sehr selten erkranken Frauen während einer Schwangerschaft an Gicht. Genetische Veranlagung, Übergewicht und mangelnde Bewegung sowie der veränderte Hormonhaushalt und Stoffwechsel der werdenden Mutter provozieren auch bei jüngeren Frauen eine Hyperurikämie.
Schon bei Kinderwunsch ist es wichtig, die Harnsäurewerte unter Kontrolle zu bekommen. Wichtig sind die Ernährungsumstellung und Gewichtsreduktion.
Colchicin ist aufgrund der erbgutschädigenden Wirkung kontraindiziert bei Kinderwunsch und in der Schwangerschaft. Abgeraten wird von Urikosurika. NSAR sind kontraindiziert im letzten Trimenon. Zu Xanthinoxidase-Hemmern und Canakinumab gibt es keine ausreichenden Studienbelege, sodass diese Medikamente nur mit äußerster Vorsicht verordnet werden können. Glucocorticoide können nach sorgfältiger Nutzen-Risiko-Abwägung zum Einsatz kommen.
Die Grundpfeiler der Lebensstiländerung sind Nikotinentzug, mehr Bewegung im Alltag und langsame Gewichtsreduktion bei Adipositas – darin sind sich die Leitlinien einig. Kontrollierte Studien dazu fehlen fast vollständig. Eine strenge Diät kann den Harnsäurewert langfristig aber nicht ausreichend senken.
Die Ernährung sollte den Regeln der DGE folgen mit Vollkornprodukten, Obst und Gemüse, eingeschränkter Fettzufuhr mit bevorzugt ungesättigten Fetten (Oliven-, Raps- und Leinöl). Da Fisch, Fleisch, Wurst und Innereien besonders viele Purine enthalten, sollten sie selten auf dem Speiseplan stehen. Statt strenger Diät gilt das Motto: »Vielfalt statt Verzicht« oder: »Die Bratwurst wird kürzer, aber verzichten muss keiner!«
Ziele der modernen diätetischen Maßnahmen sind die Anfallsprophylaxe durch Vermeidung der bekannten Auslöser, gesteigerter Verzehr von Lebensmitteln mit antiphlogistischem Potenzial und langfristige Umstellung auf harnsäuresenkende Lebensmittel. Diese Maßnahmen reduzieren metabolische und kardiovaskuläre Risiken und können helfen, die Medikation abzudosieren.
Bei Komorbiditäten ist eine purinarme oder streng purinarme Diät (maximal 500 oder 300 mg Harnsäure/Tag) notwendig. Der Purinrechner der Deutschen Gicht-Liga e.V. (www.gichtliga.de) unterstützt dabei. Der Umrechnungsfaktor von Purinen in Harnsäure ist 2,4, das heißt 100 mg Purine entsprechen 240 mg Harnsäure.
Die Trinkmenge sollte zur Ausschwemmung der Harnsäure auf 2 l pro Tag erhöht werden (cave: Herz- und Nieren-Erkrankungen, Inkontinenz). Alkohol vermindert die Harnsäureausscheidung über die Niere, fördert die körpereigene Harnsäurebildung und entwässert. Bier (auch alkoholfreies) enthält zudem viel Purin.
Kaffee, Tee, Kakao – für Gichtpatienten kein Problem / Foto: Adobe Stock/lena_zajchikova
Saccharose wird in der Industrie zunehmend ersetzt durch konzentrierten, billigen Fructose-Maissirup (High Fructose Corn Syrup, HFCS), einem Fructose-Glucose-Gemisch mit hoher Süßkraft. Es kommt zur indirekten (Gewichtszunahme, Adipositas) und direkten (physiologischen) Stoffwechselschädigung. Beim Abbau von Fructose wird vermehrt Harnsäure gebildet; zugleich hemmt Fructose deren renale Ausscheidung und das Sättigungsgefühl. Hauptquelle ist nicht der tägliche Obstkonsum, sondern der industrielle Einsatz von Fructose in Softdrinks, Müsliriegeln und Fertigprodukten.
In Kaffee, Schwarztee und Kakao enthaltene Purine werden nicht zu Harnsäure abgebaut. Fettarme Milchprodukte wirken protektiv durch die urikosurische Wirkung der Milchproteine Casein und Lactalbumin. Die tägliche Dosis von 500 mg Vitamin C hat einen milden urikosurischen Effekt und erhöht die Filtrationsrate für Harnsäure. Sinnvoll ist es, die Tagesdosis in mehrere kleinere Einzeldosen aufzuteilen. Menschen mit veganer oder vegetarischer Ernährung bekommen trotz erhöhter Zufuhr von purinreichen Hülsenfrüchten oder Sojaprodukten seltener Gicht.
Barbara Staufenbiel studierte Pharmazie in Münster. 16 Jahre lang leitete sie die Rabenfels-Apotheke in Rheinfelden. Seit ihrer Rückkehr nach Münster arbeitet sie in einer öffentlichen Apotheke und engagiert sich für die Fortbildung als Referentin und Autorin mit Schwerpunkt Apothekenpraxis.