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Neonatologie

Arzneimittel für Früh- und Neugeborene

Die medizinische Versorgung von Früh- und Neugeborenen zählt zu den komplexesten Aufgaben in der Pädiatrie. Frühzeitiger Therapiebeginn, rationale und sichere Arzneimitteltherapie sowie fundierte Beratung der Eltern und Pflegenden sind essenziell. Eine Herausforderung.
AutorKontaktJulia Haering-Zahn
AutorKontaktAntje Neubert
AutorKontaktMarlene Anna Wagner
Datum 05.10.2025  08:00 Uhr

Vitamin-D-Prophylaxe

Bei der Mineralisierung des Skelettsystems spielt Vitamin D eine essenzielle Rolle. Es wird teilweise aus der Nahrung aufgenommen, teilweise mithilfe von UVB-Strahlung in der Haut aus der ­endogenen Vorstufe zum aktiven Metaboliten umgewandelt (20). Da eine ­direkte Sonnenexposition bei Neugeborenen und Säuglingen vermieden werden soll und Muttermilch nur geringe Mengen Vitamin D enthält, sind Neugeborene und Säuglinge in der Regel nicht ausreichend damit versorgt (21). Ein Vitamin-D-Mangel im Säuglingsalter kann zu einer Deminera­lisation der Knochen und so zum ­Krankheitsbild der Rachitis (juvenile Osteomalazie) führen (20).

Daher wird ab der zweiten Lebens­woche eine orale Substitution von ­täglich 500 I. E. Vitamin D empfohlen (11, 22, 23). Diese soll mindestens bis zum zweiten erlebten Frühsommer fort­gesetzt werden, was je nach Ge­burtstermin 12 bis 18 Lebensmonaten ­entspricht. Bei bestimmten Konstellationen (Frühgeborene, chronische Erkrankungen, antiepileptische Therapie, dunkler Hautkolorit) sollen täglich 1000 I. E. gegeben werden (22, 24).

Zur Kariesprophylaxe stehen Kombinationspräparate aus Vitamin D und Fluorid zur Verfügung. Expertenempfehlungen zur Fluoridgabe bei Kindern gingen in den letzten Jahren auseinander. Während Kinderärzte vor allem vor toxischen Wirkungen warnten, sahen Zahnärzte darin einen unverzichtbaren Beitrag zur Kariesprophylaxe. Seit 2021 existiert eine gemeinsame Handlungsempfehlung von Kinder- und Zahnärzten, nach der Kinder bis zum Durchbruch des ersten Milchzahns pro Tag 0,25 mg Fluorid in Tabletten erhalten sollen (25).

Komplikationen der Frühgeburtlichkeit

Als Frühgeborenes wird ein Neugeborenes bezeichnet, das vor Vollendung von 36 Schwangerschaftswochen (37. SSW) geboren wird (12). Die Inzidenz von Frühgeburten liegt in Deutschland bei etwa 7,5 Prozent (26). Die Ursachen sind vielfältig: genetische Prädisposi­tion, Alter der Eltern, Geschlecht des Kindes (höhere Inzidenz bei Jungen) ­sowie Umweltfaktoren wie Infektionen, Ernährungsweise, soziökonomischer und psychologischer Status (27).

Frühgeborene sind eine besonders vulnerable Patientengruppe und benötigen aufgrund diverser Komplikationen häufig viele spezielle Therapien, die bei Reifgeborenen nicht erforderlich sind. Die Tabelle 2 zeigt eine Auswahl der häufigsten Komplikationen.

Organ Komplikation Arzneimitteltherapie (Beispiele)
Lunge Atemnotsyndrom Surfactant (Alveofact®, Curosurf®)
Apnoe Coffeincitrat (Peyona®, Gencebok®)
Herz persistierender Ductus arterious (PDA) Ibuprofen (Pedea®)
Gastrointestinaltrakt nekrotisierende Enterokolitis (NEK) Breitband-Antibiotika
Tabelle 2: Auswahl der häufigsten Komplikationen bei Frühgeborenen und deren ­Therapie (14)

Dazu zählt – mit einer Prävalenz von bis zu 90 Prozent – das Atemnotsyndrom (Surfactant-Mangel-Syndrom) (28). Es ist die Folge eines Surfactant-Mangels aufgrund der Lungenunreife. Bei einem Mangel an oberflächenstabilisierendem Surfactant (sur­face active agent) kollabieren die Alveolen und es kommt zu einer Funktionsstörung der Lunge (29). Typische Symptome sind Tachyp­noe und Dyspnoe. Die Therapie besteht aus der ­einmaligen intratrachealen Gabe von 50 bis 200 mg/kg Körpergewicht (KG) Surfactant unmittelbar nach der Geburt (12, 14, 30).

Weitere häufige respiratorische Komplikationen sind idiopathische Apnoen. Sie werden mit dem bronchodilatierenden Methylxanthin Coffeincitrat behandelt, das Theophyllin als Standard abgelöst hat. Die Initialdosis beträgt 20 mg/kg KG; nach 24 Stunden wird auf eine Erhaltungsdosis von 5 mg/kg KG reduziert (31, 32).

Nicht ganz so häufig sind Komplikationen des Herzens. Der Ductus arteriosus (Ductus arteriosus Botalli, DAB) ist ein Shunt im fetalen Blutkreislauf, der den Lungenstamm mit der Aorta verbindet. Seine Funktion ist die Um­gehung des fetalen Lungenkreislaufs, da die Sauerstoffversorgung des Fetus über die Plazenta verläuft und somit keine übermäßige Durchblutung der Lunge notwendig ist (33). Während der Schwangerschaft regulieren verschiedene Mechanismen den Erhalt des Shunts. Unter anderem ist eine hohe Konzentration an Prostaglandin E2 (PGE2) für das Offenhalten verantwortlich.

Im Normalfall startet der Verschluss des Ductus arteriosus nach der Geburt mit Beginn der Atmung (33, 34). Der vollständige Verschluss ist nach wenigen Tagen bis Wochen erreicht.

Bei Frühgeborenen kann es jedoch zu einem pathologischen Fortbestehen des Shunts nach der Geburt kommen (persistierender Ductus arteriosus, PDA). Symptome einer Herzinsuffizienz und ein erhöhter Wassergehalt in der Lunge sind die Folge (34). Während ein PDA bei termingeborenen Neonaten nur bei 57 von 100.000 Geburten vorkommt, weist im Schnitt jedes dritte Frühgeborene mit einem Geburtsgewicht unter 1500 g einen PDA auf.

Der PDA kann durch Medikamente, chirurgische Unterbindung oder katheterinterventionell verschlossen werden. Grundlage der medikamentösen Therapie ist die Hemmung der Prostaglandin-Synthese. Hierfür ist der COX-Hemmer Ibuprofen das zugelassene Mittel der Wahl (12, 34); er hat das ­früher dafür eingesetzte Indometacin ­abgelöst.

Eine der gefürchtetsten gastrointestinalen Notfallsituationen ist die nekrotisierende Enterokolitis (NEK). Bei einer Häufigkeit von 5 bis 7 Prozent ­aller Frühgeborenen unter 1500 g ist sie mit einer Letalität von 10 bis 50 Prozent die häufigste Todesursache bei vor der 29. SSW geborenen Babys (35). Die nekrotisch-entzündliche Darmerkrankung tritt hauptsächlich im terminalen ­Ileum oder Kolon ascendens auf (12, 14, 36). Zu den Leitsymptomen zählen ein geblähtes druckschmerzhaftes Abdomen, blutiger Stuhl, galliges oder blutiges Erbrechen und Zeichen einer Sepsis bis hin zum Multiorganversagen (35, 36).

Die NEK wird hauptsächlich symptomatisch therapiert. Zusätzlich zur chirurgischen Therapie bekommen die Patienten Breitband-Antibiotika (14, 34, 36, 37). Häufig verwendete Kombina­tionen sind

  • Ampicillin plus Aminoglykosid,
  • Ampicillin plus Cephalosporin plus Metronidazol,
  • Vancomycin plus Gentamicin,
  • Vancomycin plus Cephalosporin (34).

Alle genannten Antibiotika sind ab ­Geburt zugelassen. Aufgrund der sich schnell ändernden Stoffwechselkapazitäten bei Frühgeborenen und der geringen therapeutischen Breite der Wirkstoffe wird beim Einsatz von Glyco­peptiden (Vancomycin) und Aminoglykosiden (Gentamicin) regelmäßiges TDM empfohlen (31).

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