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Geschützt vor Covid-19?

Wie man Immunität nachweist

Eine Immunität gegen einen bestimmten Erreger wird klassischerweise über Antikörper nachgewiesen. Die entsprechenden Antikörpertests haben bei SARS-CoV-2 aber Defizite. Können T-Zell-Tests in Zukunft aushelfen?
Theo Dingermann
Christina Hohmann-Jeddi
21.05.2021  18:00 Uhr

Immer mehr Menschen sind bereits geimpft oder von einer Coronainfektion genesen. Sie haben einen Immunschutz gegen das Coronavirus – sie erkranken bei einer SARS-CoV-2-Infektion seltener schwer und übertragen das Virus seltener als Personen, die noch keinen Kontakt mit dem Erreger hatten. Immunisierte sollen daher in Zukunft andere Rechte haben als Nichtimmunisierte.

Wie lässt sich aber Immunität nachweisen? Bei der Ausbildung einer Immunität gegen das Coronavirus spielen sowohl die humorale als auch die zelluläre Immunantwort eine wichtige Rolle. Beide werden mit verschiedenen Tests nachgewiesen.

Antikörpertests: einfach, aber wenig zuverlässig

Am einfachsten – aber nicht unbedingt am zuverlässigsten – sind Tests, mit denen das Vorhandensein von Antikörpern nachgewiesen wird. Diese Tests sind neben den Labortests auch als Schnelltest nach dem Prinzip der deutlich besser bekannten Antigentests verfügbar. Verwendet wird Kapillarblut, das auf einen Träger geträufelt wird. Die Serumbestandteile verteilen sich dann mithilfe von Kapillarkräften über die Trägerfolie, auf der an bestimmten Stellen Antigene (zum Beispiel das Spike-Protein) fixiert sind. Sind in dem Serum Antikörper gegen das Spike-Protein vorhanden, werden diese durch die Antigenmoleküle festgehalten und der Komplex von Antigen und Antikörper kann leicht über eine Farbeaktion sichtbar gemacht werden.

Inzwischen gibt es eine Vielzahl von Antikörpertests zur Detektion verschiedener Immunglobulinklassen (IgG, IgM, IgA oder Kombinationen), die entweder gegen das Spike-Protein oder das Nucleocapsid-Protein von SARS-CoV-2 gerichtet sind. An der Zuverlässigkeit der Tests gab es zu Beginn der Pandemie Kritik, wie auch die PZ berichtete. Die Situation habe sich in der Zwischenzeit nicht deutlich verbessert, sagte der Virologe und medizinische Mikrobiologe Professor Dr. Heinz-Hubert Feucht vom AescuLabor in Hamburg nun gegenüber der PZ. Das zeigt auch eine aktuelle Publikation aus dem »Journal of Clinical Microbiology«. Dieser zufolge liegt die Sensitivität, also der Anteil der Antikörperpositiven, die korrekt erkannt werden, bei den 15 untersuchten Antikörpertests zwischen 78 und 96,7 Prozent. Beim Nachweis von IgM-Antikörpern erreichte der beste Test eine Sensitivität von 82,7 Prozent. »Die Aussagekraft ist gering«, sagte Feucht.

Ein weiteres Problem der Antikörpertests ist, dass die Antikörperlevel mit der Zeit sinken und eventuell unter die Nachweisgrenze fallen können. Zumindest für IgM und IgA ist dies nachgewiesen. In einer chinesischen Untersuchung konnten bei 532 Personen mit PCR-bestätigter Coronainfektion in der Anamnese nur bei 15,8 Prozent IgA-Antikörper nachgewiesen werden. Dieser Anteil sank dann innerhalb von zwei Monaten auf 9,9 Prozent und innerhalb von weiteren sechs Monaten auf 3,5 Prozent ab. Für IgM war der Abfall noch deutlicher.

Dagegen scheinen IgG-Titer den neuen Daten zufolge über einen längeren Zeitraum (etwa zehn Monate) recht stabil zu bleiben, was einen Nachweis auch lange nach einer Infektion erlaubt. Zu beachten ist aber, dass sich die Antikörperantwort auf eine Impfung von der auf eine natürliche Infektion unterscheidet. Da bei einer Impfung mit einem der vier in der EU zugelassenen Covid-19-Impfstoffe das Spike-Protein des Coronavirus die einzige Zielstruktur für das Immunsystem ist, können Antikörpertests auf das Nucleocapsid-Protein bei Geimpften nicht positiv ausfallen. Darauf wies Dr. Michael Müller, Vorstandsvorsitzender der Akkreditierten Labore in der Medizin (ALM) kürzlich bei einer Pressekonferenz hin.

Auch er betonte, dass die Aussagekraft der Tests nicht optimal sei. Gerade bei milden Verläufen könnte die Antikörperproduktion auf das Coronavirus so gering sein, dass Antikörpertests trotz positiver PCR-Testung negativ ausfielen. Diese Konstellation habe man häufig gesehen. Zudem könne ein Antikörpertest auch über Keuzreaktivität falsch positiv ausfallen, sagte Müller. Vor diesem Hintergrund sei es gut, dass der Genesenenstatus über einen positiven PCR-Nachweis definiert werde und nicht über Antikörpertests.

Bei den genannten Problemen der Antiköpertests stellt sich die Frage: Lässt sich eine Immunität auf eine andere Art nachweisen? Neben der Bildung von spezifischen Antikörpern induzieren eine Infektion oder eine Impfung zusätzlich auch die Bildung spezifischer T-Zellen. Eine Subgruppe dieser Zellen bildet einen Teil des Immungedächtnisses, das nach einem erneuten Antigenkontakt die Reaktionsfähigkeit schnell und nachhaltig aktiviert. Es springt ein, wenn nach einer Weile die schützenden Antikörpertiter gesunken sind.

Auskünfte über den zellulären Arm des Immunsystems und das Immungedächtnis geben Antikörpertests nicht. Daher wäre ein Nachweis der SARS-CoV-2-spezifischen T-Zellen von enormer Bedeutung. An entsprechenden Tests wird bereits gearbeitet.

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