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Niedrige Temperaturen

Was Kälte mit dem Körper macht

Eisige Temperaturen belasten den Körper und können Krankheiten auslösen. Wie reagiert der Körper auf Kälte und welche Beschwerden können auftreten? Welche Arzneimittel können Kältegefühle auslösen und wann wird Kälte als Therapeutikum eingesetzt? Wichtige Themen für die Beratung in der Apotheke.
AutorKontaktBarbara Staufenbiel
Datum 29.01.2023  08:00 Uhr

Kälteurtikaria

Eine weitere Reaktion auf Kälte ist die Kälteurtikaria. Der Kontakt mit etwas Kaltem (Gegenstand, Luft, Wasser) verursacht an der betreffenden Hautstelle eine Mastzelldegeneration mit Ausschüttung von Histamin und weiteren Ent­zündungsmediatoren. Die Folge sind starker Juckreiz und Quaddeln. Einige Personen reagieren bei Temperaturen um den Nullpunkt, bei anderen reicht ein geringes Abkühlen der Haut von Normaltemperatur auf etwa 30 °C. Die körperliche Reaktion ist umso heftiger, je niedriger die Reizschwelle ist.

Symptome der Kälteurtikaria können auch beim Aufwärmen von kalten Hautbereichen oder beim Konsum von kalten Speisen oder Getränken auftreten. Bei Letzterem ist die Einengung der Atemwege durch die Schleimhautschwellungen gefährlich. Sind größere Körperbereiche betroffen, droht ein lebensgefährlicher allergischer Schock. Da keine Antikörperbildung stattfindet, handelt es sich nicht um eine echte Allergie.

Für den Patienten ist es wichtig, die individuell auslösende Temperatur zu kennen. Die Einnahme nicht sedierender Antihistaminika ist sowohl zur Prophylaxe als auch zur Behandlung Mittel der Wahl; mitunter wird zur vierfachen Dosis auftitriert. Der monoklonale Antikörper Omalizumab wird im Off-Label-Use bei Kälteurtikaria eingesetzt. In schweren Fällen sollten die Patienten ein Notfallset (Adrenalin-Autoinjektor, Corticoid, Antihistaminikum) griffbereit haben. Die positive Nachricht: Eine Kälteurtikaria kann spontan ausheilen (14, 15).

Kälte als Therapiemaßnahme

Kälte wird auch gezielt zur Behandlung von Erkrankungen angewandt (Tabelle 3). Bei der Kältetherapie verwendet man Temperaturen zwischen 0 °C und plus 15 °C; bei der Kryotherapie wird mit 0 °C bis minus 180 °C gearbeitet. Kontraindikationen sind alle Erkrankungen, die unter Kälteeinfluss angetriggert werden oder sich verschlimmern. Mit geringerer Kälteeinwirkung kommen Kälteprovokationstests (KT) zur Diagnostik aus: Sensibilitätsprüfung in der Zahnheilkunde, akraler KT bei Durchblutungsstörungen, dermaler KT bei Kälteurtikaria oder inhalativer KT bei Asthma bronchiale.

Therapiemaßnahme Behandlung Therapieziel
Kältekammer gesamter Organismus einige Minuten bei –110 °C ohne Hautkontakt antiphlogistische, analgetische Wirkung bei rheumatischen Erkrankungen, Psoriasis, Neurodermitis, Schlafstörungen, Migräne
Leistungssportler zur Vorbeugung von Muskelkater
physikalische Kälteanwendung kurzzeitiger (10 bis 15 Minuten) oder längerer (1 bis 2 Stunden) Hautkontakt mit Eiskompressen oder Eislolly oder im Wasserbad analgetische, antiphlogistische, abschwellende Wirkung bei Sportverletzungen, Schleimhaut­entzündungen, lokalen entzündlichen Hautveränderungen
Hypothermie intensivmedizinische Behandlung
bei 32 bis 34 °C
Reanimation bei Herz-Kreislauf-Stillstand und bei herzchirurgischen Eingriffen
Kryochirurgie flüssiger Stickstoff mit sehr tiefen Temperaturen: führt zur intra- und extrazellulären Bildung von Eiskristallen, Nekrose, Denaturierung von Zellproteinen und Verschluss von kleinen Gefäßen lokale Zerstörung von Gewebe in der Onkologie (Lebermetastasen, Prostatakarzinome) und Dermatologie (Warzen, hypertrophe Narben, Hämangiome, aktinische Keratose, Basalzellkarzinome)
Kryoextraktion Entfernung der Augenlinse Kataraktbehandlung
Kryostripping Kryosonde mit einer durch NO2 auf –85 °C abgekühlten Spitze Varikosis, minimalinvasive Entfernung der Stammvene (Vena saphena magna und Vena saphena parva)
Kryoablation Vernarbung durch Abkühlung auf Minusgrade mit Ballonablation (Einleitung von flüssigem Kühlmittel) Behandlung von Vorhofflimmern und Arrythmie
Tabelle 3: Kälte als Therapiemaßnahme

Eine erprobte Kryotherapie ist das Vereisen von Warzen, zum Beispiel Dorn- und Stielwarzen. Im Gewebe bilden sich ab minus 5 °C Eiskristalle zwischen den Zellen. Bei der Erwärmung entzündet sich das Gewebe, die Zellen sterben ab. Es bildet sich eine weiß­liche, auch mit Blut gefüllte Blase und nach 10 bis 14 Tagen fällt die Warze ab. In hartnäckigen Fällten muss die Behandlung wiederholt werden. In der Hautarztpraxis wird zur Vereisung flüssiger Stickstoff, Trockeneis oder Lachgas eingesetzt. Dabei werden Temperaturen von minus 196 °C erreicht.

Bei Produkten zur Warzenvereisung aus der Apotheke wird zum Beispiel ­Dimethylether verwandt. Die maximal erreichbare Einfriertemperatur des Metallapplikators entspricht der Verdampfungs-/Siedetemperatur des Kältemittels. Diese wird mit minus 24 °C angegeben. Entscheidend für den Erfolg der Behandlung ist nicht die absolut erreichte Temperatur, sondern die Länge der Auftauzeit des Gewebes. Zur Schonung des gesunden Bereichs wird der Schaumstoff- oder Metallapplikator möglichst punktgenau für 20 Sekunden (Hand) oder 40 Sekunden (Fuß) auf die Warze gedrückt. Das Apothekenpersonal sollte dem Kunden die Anwendung erklären. Kinder unter vier Jahren, Menschen mit Durchblutungsstörungen oder Diabetes, Schwangere und Stillende sollten Warzen beim Arzt behandeln lassen.

Forschungen zeigen, dass sich der natürlicherweise bei Säuglingen vorhandene, bei Erwachsenen dagegen reduzierte Anteil des braunen wärmenden Fettgewebes durch Kältereize erhöhen lässt. Eine Möglichkeit sind Kneipp′sche Kälteanwendungen. Zur Heilung seiner Tuberkulose entwickelte Pfarrer Kneipp damals verschiedene Methoden wie Wassertreten, Wechselduschen, kalte Güsse oder Eisbaden im Wasser bei 4 °C. Ein Cochrane-Report von 2019 ergab keinen eindeutigen durch Studien belegten Nachweis der Wirksamkeit. Es gibt aber Hinweise, dass die Kneipp′schen Anwendungen den Körper abhärten und das Herz-Kreislauf-System positiv beeinflussen, wenn sie nicht übertrieben und Risikofaktoren ärztlich abgeklärt werden.

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