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Niedrige Temperaturen

Was Kälte mit dem Körper macht

Eisige Temperaturen belasten den Körper und können Krankheiten auslösen. Wie reagiert der Körper auf Kälte und welche Beschwerden können auftreten? Welche Arzneimittel können Kältegefühle auslösen und wann wird Kälte als Therapeutikum eingesetzt? Wichtige Themen für die Beratung in der Apotheke.
Barbara Staufenbiel
29.01.2023  08:00 Uhr

Wie das Schwitzen im Sommer gehört das Frieren in die kalte Jahreszeit. Hitze und Kälte veranlassen den Körper zu wichtigen Anpassungsmaßnahmen. Zentrale Schaltstelle ist die Thermo­regulation im Hypothalamus. Im Normalfall beträgt die Körpertemperatur des Menschen 36,5 bis 37,4 °C. Diese Werte unterliegen verschiedenen Einflüssen.

Verliert der Körper Wärme, springt im Thermoregulationszentrum eine ­Signalkaskade an, die über die Aktivierung von Schilddrüse und Sympathikus für die Wärmebildung sorgt. Die Steigerung von Grundumsatz, Herzfrequenz und Gluconeogenese in der Leber münden in der Thermogenese. Die Aktivierung des Sympathikotonus führt zur Vasokonstriktion mit aufgestellten Härchen (Gänsehaut) und unwillkür­lichem Muskelzittern.

Bei stärkerem Wärmeverlust wird der Körperkreislauf zunehmend zentralisiert, um die Körperkerntemperatur und die Versorgung lebenswichtiger Organe (Gehirn, Herz, Atemwege und innere Organe) sicherzustellen. Dies bedingt die Minderdurchblutung der Körperschale und erhöht das Risiko für Frostbeulen und Erfrierungen. Bei weiter abnehmenden Temperaturen und Unterkühlung (Hypothermie) verlangsamen sich Stoffwechsel und Herzschlag (Tabelle 1). Bei Unterkühlung unter 30 °C Körperkerntemperatur springt die Thermoregulation nicht mehr an, das Kältezittern lässt nach. Lebenswichtige Organe werden nicht mehr ausreichend durchblutet mit möglicher Todesfolge.

Unterkühlung, Körperkerntemperatur Symptome Behandlung
Grad 1: leicht
35 bis 33 °C
Zittern, schlechtes Urteilsvermögen, Gedächtnisprobleme, Teilnahmslosigkeit, erhöhte Herzfrequenz, schwere Atmung, kalte und blasse Haut Erste-Hilfe-Maßnahmen
körperwarmes Wasserbad
Grad 2: mäßig
32,9 bis 27 °C
abnehmendes Bewusstsein, Stumpfheit, kein Zittern, erhöhte Herzfrequenz, schwere Atmung, schlechte Reflexe, mangelnde Bewegungsfreude, (paradoxerweise) Entkleiden Notarzt (Telefon112)!
stufenweise langsame Erwärmung des Körpers auf Normaltemperatur
Infusion oder Irrigation mit warmer isotoner Kochsalzlösung
direkte Bluterwärmung durch Hämodialyse
Peritoneallavage mit warmer Flüssigkeit
Erwärmung der Atemwege mit befeuchtetem Sauerstoff
Lösen von Gefäßspasmen
Fibrinolyse, Antikoagulation
Infusion von Analgetika und Antibiotika zur Infektionsprophylaxe
Grad 3: stark
<26,9 °C
niedriger Blutdruck, Bradykardie, keine Reflexe, Bewusstlosigkeit, Koma, Tod gleiche Behandlungen wie bei Grad 2
Tabelle 1: Unterkühlung und ihre Symptome; mod. nach (9)

Die Kälteempfindlichkeit ist individuell ausgeprägt und hängt von vielen Faktoren ab. Frauen frieren schneller als Männer, deren höherer Muskel­anteil Wärme erzeugt. Menschen mit vermehrtem Fettgewebe profitieren von dieser Isolierschicht. Häufige regelmäßige Kälteexposition trainiert die Anpassungsfähigkeit und Kältetoleranz des Körpers.

Ursachen und Risikofaktoren für Hypothermie

In kalter Umgebung strahlt der Körper bei unangepasster Kleidung und längerem Aufenthalt im Freien vor allem über ungeschützte Hautbereiche viel Wärme ab. Erhöhte Luftfeuchtigkeit und Wind, der die hauchdünne Isola­tionsschicht aus warmer Luft verweht, verursachen Hautschäden schon bei Temperaturen um den Gefrierpunkt. Die Berührung extrem kalter Gegenstände führt zu lokalen Erfrierungen (Kälteverbrennung).

Längeres Liegen auf kaltem Boden oder Aufenthalt im Wasser selbst bei 20 bis 24 °C entzieht viel Körperwärme. Feuchte, nasse oder zu eng anliegende Kleidung nach dem Bad oder Sport führt durch Verdunstungskälte zu einem starken Wärmeverlust.

Ebenso erhöhen verschiedene Lebensstilfaktoren das Risiko für eine Unterkühlung. Rauchen und Stress führen zu Gefäßschäden; Müdigkeit, Alkohol und Drogen beeinflussen die Wahrnehmung und das Frieren wird ­ignoriert. Alkohol erweitert die Blutgefäße, aber das Wärmegefühl täuscht: Die Körpertemperatur sinkt bei ausbleibender Gegenregulation durch Muskelzittern. Einseitige Ernährung, Fasten oder Ernährungsstörungen wie Anorexie bedingen einen Nährstoff- und Glucosemangel, der die Regulierung der Körpertemperatur beeinträchtigt. Meist macht sich dies durch starkes Frieren bemerkbar, aber im schlimmsten Fall ist die Wahrnehmung mit erhöhtem Risiko für Kälteschäden gestört.

Das physiologisch unreife sowie das nachlassende Thermoregulationszen­trum gefährdet Säuglinge, Kinder und ältere Menschen. Der kindliche Körper verliert sehr schnell Wärme und die Haut wird kalt und rot, aber sehr junge Kinder können ihr Frieren noch nicht mitteilen. Mit höherem Alter nehmen das subkutane Fettgewebe und die Durchblutung der Haut ab, sodass bereits der Aufenthalt in einem unzureichend beheizten Zimmer zur Unterkühlung führen kann. Ältere Menschen sind immer weniger fähig, eigenes Frieren zu bemerken und gegenzusteuern, insbesondere bei Erkrankungen wie Herz-Kreislauf-Problemen oder kognitiven Störungen.

Das Risiko für Kälteschäden ist zudem erhöht bei zahlreichen Erkrankungen mit verringerter Durchblutung oder Gefäßverengung, zum Beispiel einem Raynaud-Syndrom, bei Diabetes, peripherer arterieller Verschlusskrankheit (pAVK) oder Morbus Parkinson sowie nach Schlaganfall. Bei einer tumorbedingten Kachexie frieren viele Patienten ständig. Auch Hormone beeinflussen das Thermoregulationszen­trum. Hypothyreose, Hashimoto-Thyreoiditis oder schlecht eingestellte Schilddrüsenwerte führen zu Kältegefühl, besonders in Händen und Füßen.

Kälte begünstigt Krankheiten

Sinken die Außentemperaturen, ist die Gesichtshaut kalter Luft ausgesetzt. Infolge eines Reflexes des Vagusnervs verengen sich die Atemwege. Atmet man zudem mit offenem Mund kalte Luft ein, ist die Abkühlung der Atemwege mit nachfolgender Bronchokonstriktion direkt spürbar. Bei gesunden Menschen kann es zu Hustenreiz oder Belastungsasthma kommen, bei Asthma- und COPD-Patienten dagegen zu Atemnot. Zudem verengen sich die Gefäße der Schleimhaut und die mukozi­liäre Clearance des Flimmerepithels ist eingeschränkt. Damit steigt die Infek­tionsgefahr für typische Wintererkrankungen wie Influenza, Lungenentzündung oder Rhinosinusitis.

Erkältungsviren können bei Kindern Pseudokrupp-Anfälle mit starkem Husten und Atemnot auslösen. Erste-Hilfe-Maßnahme ist es, Ruhe zu bewahren und das Kind kalte feuchte Luft an der geöffneten Kühlschranktür oder am Fenster einatmen zu lassen. Die Kälte führt zur Vasokonstriktion und die Atemwege schwellen ab (12).

Menschen mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen leiden bei Kälte an stei­genden Blutdruckwerten, da sich die Blutgefäße der Körperschale zusammenziehen und sich das Blut im Körperinneren staut. Pro Grad sinkender Außentemperatur steigt der Blutdruck um etwa 0,1 bis 0,2 mmHg. Die Vasokonstriktion der Außengefäße verursacht eine vermehrte Urinausscheidung. Damit verbunden ist eine um 20 Prozent erhöhte Blutviskosität und ein vermehrtes Risiko für Thromboembolien, Schlaganfälle oder Herzinfarkte. Temperaturschwankungen und Extremwetterlagen gefährden das Herz-Kreislauf-System: Das Risiko für Todesfälle ist bei Kälte um das Zehnfache erhöht (11). Auch Personen mit rheumatischen Erkrankungen fühlen sich durch kalte und feuchte Wetterlagen schmerzhaft belastet.

Frostbeulen und Erfrierungen

Kälteschäden der Körperschale betreffen die Akren (Finger, Zehen, Nase, ­Ohren) sowie Kinn oder Wangen. Die starke Gefäßverengung durch die Kälte führt zur Mangelversorgung des Gewebes und induziert Entzündungsreaktionen. Dabei können sich Frostbeulen bilden (Tabelle 2). Das sind juckende, schmerzhafte blasenartige Schwellungen der Haut, die nach einigen Wochen heilen. Bei wiederholter Kälteein­wirkung besteht die Gefahr, dass die beulenartige Hautveränderung chronifiziert.

Kälteschaden Symptome Behandlung
Frostnip taube, geschwollene und rote Hautstellen, Juckreiz, Schmerz bei Erwärmung vorsichtige Erwärmung
Antihistaminka, Analgetika
Immersionsfuß (Schützengraben-Fuß, Fußbrand) Immersionsfuß durch zu enge Stiefel/Schuhe mit feuchten Füßen
bleiche, ödematöse, kalte und taube Stellen
Aufwärmen (Wasser 40 bis 42 °C) verursacht Hyperämie und Schmerzen
Hypersensitivität gegenüber leichter Berührung
Bildung von schwarzen Verschorfungen
vorsichtige Erwärmung
Dermatika mit Antibiotika, Virustatika oder Antimykotika je nach Symptomatik
Frostbeule juckende, schmerzhafte, blasenartige Schwellungen der Haut, kältebedingte Durchblutungsstörungen (mit hohem Heilungserfolg), Chronifizierung bei wiederholter Kälteeinwirkung Fuß- oder Handbäder mit langsam steigender Wärme, Zusatz von Antiseptika (Iod) und Bewegung von Fingern oder Zehen
Analgetika, Antihistaminika
Erfrierungen
Grad 1: leicht betroffene Hautstelle ist blass, grau-weiß oder gelb-weiß verfärbt
harte gefühllose Haut, Rötung und Schmerzen bei Erwärmung
Fuß- oder Handbäder mit langsam steigender Wärme, Zusatz von Antiseptika (Iod) und Bewegung von Fingern oder Zehen
Analgetika
Grad 2: mäßig Blasenbildung, zum Teil blutgefüllt, rot-bläuliche Verfärbung der Haut
Reiz- und Schmerzempfindlichkeit erhöht oder vermindert
Notarzt (Telefon 112)!
Blasen werden punktiert und steril verbunden Analgetika verringern Entzündung und Schmerz, Antibiotika beugen Infektionen vor
Grad 3: schwer blau-schwarze Verfärbung der Haut, darunter gelegenes Gewebe stirbt ab (Nekrose, Gangrän), hartes Gewebe ohne Sensibilität Notarzt (Telefon 112)!
Nekrotischer Anteil wird abgestoßen Analgetika zur Schmerzlinderung, Antibiotika bei Infektion
Heilungsprozess unter Narbenbildung über Monate, mögliche Amputation
Tabelle 2: Symptome je nach Kälteschaden; mod. nach (9)

Im Unterschied zu Frostbeulen bilden sich bei Erfrierungen (Congelatio) Eiskristalle in den Zellen, die zu Gewebsschäden, Ödemen und Eindickung des Bluts führen können. Mögliche Folgen sind Thrombozytenaggregation, Gefäßverschluss oder Zelltod. Der Schweregrad einer Erfrierung lässt sich oft erst nach einigen Tagen beurteilen. Suchen Betroffene Rat in der Apotheke, sollte das Team sie zum Arzt schicken und auf den wichtigen Tetanusschutz hinweisen (9, 10).

Raynaud-Syndrom und Kälteagglutinin-Erkrankung

Eine Reihe von systemischen Erkrankungen wird nicht nur durch Kälte verschlimmert, sondern direkt ausgelöst. Dazu gehören das Raynaud-Syndrom, die Kälteagglutinin-Erkrankung und die Kälteurtikaria.

Das Raynaud-Syndrom ist eine Gefäßerkrankung mit gestörter Anpassung der Blutgefäße der Finger und ­Zehen an äußere Temperaturen (4, 5, 6, 7). Kälte verringert die arterielle Durchblutung und führt zu Spasmen und ­Gefäßverengung. Das Gewebe wird blass (­Ischämie) und verfärbt sich blau (Zyanose) mit einer reaktiven Rötung (­Hyperämie), dem Trikolore-Phänomen. Begleitsymptome sind Taubheitsgefühle, Kribbeln, motorische Einschränkungen und Schmerzen. Die Beschwerden können Minuten bis Stunden andauern und das Gewebe dauerhaft schädigen (Nekrose).

Die primäre Form zeigt Symptome symmetrisch an Fingern beider Hände. Die sekundäre Form mit asymmetrisch ausgeprägten Beschwerden ist Begleitsymptom von Autoimmunerkrankungen wie Lupus erythematodes und Kollagenosen (systemische Sklerodermie), von Gefäßerkrankungen wie Arteriosklerose und pAVK sowie von Vergiftungen mit Schwermetallen oder ­Vinylchlorid. Ein sekundäres Raynaud-Syndrom kann zudem eine Nebenwirkung von Medikamenten sein (Betablocker, Ergotamin-Derivate, Cabergolin, Clonidin, Analgetika, Onkologika, Estrogene). Die Migräneprophylaxe mit Betablockern kann das sekundäre Ray­naud-Syndrom antriggern; dies sollte das Apothekenteam bei der Medika­tionsanalyse beachten.

Therapiert wird das Raynaud-Syndrom mit α-Rezeptorenblockern, Cal­ciumantagonisten, Prostacyclin sowie Prostaglandin-Analoga wie Alprostadil. Gele mit Nitroglycerin fördern die Durchblutung; kontraproduktiv ist die Verdunstungskälte.

Die Kälteagglutinin-Erkrankung (2, 3) ist eine seltene Autoimmunerkrankung. Bei niedrigen Temperaturen (0 bis 5 °C) binden IgM-Autoimmunantikörper an Erythrozyten und bedingen deren Agglutination sowie Hämolyse. Symptome wie Fatigue und chronische Anämie sind die Folge. Das Risiko von Thromboembolie und Mortalität ist erhöht. Äußerlich sichtbare Symptome sind Raynaud-Syndrom und Akrozyanose mit einer Minderdurchblutung vor allem von Fingern, Nase, Ohren oder Kinn.

Bei milden Verläufen verschwinden die Symptome in der Wärme, bei schwereren Fällen benötigen die Patienten Bluttransfusionen zur Behandlung der Anämie. Off Label werden Biologika (Rituximab, Eculizumab, Bortezomib) und Chemotherapeutika (Bendamustin, Fludarabin) mit unterschiedlichem Erfolg eingesetzt. Neue Hoffnung verspricht der kürzlich zugelassene Arzneistoff Sutimlimab. Der humanisierte monoklonale Antikörper blockiert selektiv den Signalweg des Immunsystems, der zur Hämolyse führt. Laut Studien kann Sutimlimab die hämolytische Anämie lindern.

Kälteurtikaria

Eine weitere Reaktion auf Kälte ist die Kälteurtikaria. Der Kontakt mit etwas Kaltem (Gegenstand, Luft, Wasser) verursacht an der betreffenden Hautstelle eine Mastzelldegeneration mit Ausschüttung von Histamin und weiteren Ent­zündungsmediatoren. Die Folge sind starker Juckreiz und Quaddeln. Einige Personen reagieren bei Temperaturen um den Nullpunkt, bei anderen reicht ein geringes Abkühlen der Haut von Normaltemperatur auf etwa 30 °C. Die körperliche Reaktion ist umso heftiger, je niedriger die Reizschwelle ist.

Symptome der Kälteurtikaria können auch beim Aufwärmen von kalten Hautbereichen oder beim Konsum von kalten Speisen oder Getränken auftreten. Bei Letzterem ist die Einengung der Atemwege durch die Schleimhautschwellungen gefährlich. Sind größere Körperbereiche betroffen, droht ein lebensgefährlicher allergischer Schock. Da keine Antikörperbildung stattfindet, handelt es sich nicht um eine echte Allergie.

Für den Patienten ist es wichtig, die individuell auslösende Temperatur zu kennen. Die Einnahme nicht sedierender Antihistaminika ist sowohl zur Prophylaxe als auch zur Behandlung Mittel der Wahl; mitunter wird zur vierfachen Dosis auftitriert. Der monoklonale Antikörper Omalizumab wird im Off-Label-Use bei Kälteurtikaria eingesetzt. In schweren Fällen sollten die Patienten ein Notfallset (Adrenalin-Autoinjektor, Corticoid, Antihistaminikum) griffbereit haben. Die positive Nachricht: Eine Kälteurtikaria kann spontan ausheilen (14, 15).

Kälte als Therapiemaßnahme

Kälte wird auch gezielt zur Behandlung von Erkrankungen angewandt (Tabelle 3). Bei der Kältetherapie verwendet man Temperaturen zwischen 0 °C und plus 15 °C; bei der Kryotherapie wird mit 0 °C bis minus 180 °C gearbeitet. Kontraindikationen sind alle Erkrankungen, die unter Kälteeinfluss angetriggert werden oder sich verschlimmern. Mit geringerer Kälteeinwirkung kommen Kälteprovokationstests (KT) zur Diagnostik aus: Sensibilitätsprüfung in der Zahnheilkunde, akraler KT bei Durchblutungsstörungen, dermaler KT bei Kälteurtikaria oder inhalativer KT bei Asthma bronchiale.

Therapiemaßnahme Behandlung Therapieziel
Kältekammer gesamter Organismus einige Minuten bei –110 °C ohne Hautkontakt antiphlogistische, analgetische Wirkung bei rheumatischen Erkrankungen, Psoriasis, Neurodermitis, Schlafstörungen, Migräne
Leistungssportler zur Vorbeugung von Muskelkater
physikalische Kälteanwendung kurzzeitiger (10 bis 15 Minuten) oder längerer (1 bis 2 Stunden) Hautkontakt mit Eiskompressen oder Eislolly oder im Wasserbad analgetische, antiphlogistische, abschwellende Wirkung bei Sportverletzungen, Schleimhaut­entzündungen, lokalen entzündlichen Hautveränderungen
Hypothermie intensivmedizinische Behandlung
bei 32 bis 34 °C
Reanimation bei Herz-Kreislauf-Stillstand und bei herzchirurgischen Eingriffen
Kryochirurgie flüssiger Stickstoff mit sehr tiefen Temperaturen: führt zur intra- und extrazellulären Bildung von Eiskristallen, Nekrose, Denaturierung von Zellproteinen und Verschluss von kleinen Gefäßen lokale Zerstörung von Gewebe in der Onkologie (Lebermetastasen, Prostatakarzinome) und Dermatologie (Warzen, hypertrophe Narben, Hämangiome, aktinische Keratose, Basalzellkarzinome)
Kryoextraktion Entfernung der Augenlinse Kataraktbehandlung
Kryostripping Kryosonde mit einer durch NO2 auf –85 °C abgekühlten Spitze Varikosis, minimalinvasive Entfernung der Stammvene (Vena saphena magna und Vena saphena parva)
Kryoablation Vernarbung durch Abkühlung auf Minusgrade mit Ballonablation (Einleitung von flüssigem Kühlmittel) Behandlung von Vorhofflimmern und Arrythmie
Tabelle 3: Kälte als Therapiemaßnahme

Eine erprobte Kryotherapie ist das Vereisen von Warzen, zum Beispiel Dorn- und Stielwarzen. Im Gewebe bilden sich ab minus 5 °C Eiskristalle zwischen den Zellen. Bei der Erwärmung entzündet sich das Gewebe, die Zellen sterben ab. Es bildet sich eine weiß­liche, auch mit Blut gefüllte Blase und nach 10 bis 14 Tagen fällt die Warze ab. In hartnäckigen Fällten muss die Behandlung wiederholt werden. In der Hautarztpraxis wird zur Vereisung flüssiger Stickstoff, Trockeneis oder Lachgas eingesetzt. Dabei werden Temperaturen von minus 196 °C erreicht.

Bei Produkten zur Warzenvereisung aus der Apotheke wird zum Beispiel ­Dimethylether verwandt. Die maximal erreichbare Einfriertemperatur des Metallapplikators entspricht der Verdampfungs-/Siedetemperatur des Kältemittels. Diese wird mit minus 24 °C angegeben. Entscheidend für den Erfolg der Behandlung ist nicht die absolut erreichte Temperatur, sondern die Länge der Auftauzeit des Gewebes. Zur Schonung des gesunden Bereichs wird der Schaumstoff- oder Metallapplikator möglichst punktgenau für 20 Sekunden (Hand) oder 40 Sekunden (Fuß) auf die Warze gedrückt. Das Apothekenpersonal sollte dem Kunden die Anwendung erklären. Kinder unter vier Jahren, Menschen mit Durchblutungsstörungen oder Diabetes, Schwangere und Stillende sollten Warzen beim Arzt behandeln lassen.

Forschungen zeigen, dass sich der natürlicherweise bei Säuglingen vorhandene, bei Erwachsenen dagegen reduzierte Anteil des braunen wärmenden Fettgewebes durch Kältereize erhöhen lässt. Eine Möglichkeit sind Kneipp′sche Kälteanwendungen. Zur Heilung seiner Tuberkulose entwickelte Pfarrer Kneipp damals verschiedene Methoden wie Wassertreten, Wechselduschen, kalte Güsse oder Eisbaden im Wasser bei 4 °C. Ein Cochrane-Report von 2019 ergab keinen eindeutigen durch Studien belegten Nachweis der Wirksamkeit. Es gibt aber Hinweise, dass die Kneipp′schen Anwendungen den Körper abhärten und das Herz-Kreislauf-System positiv beeinflussen, wenn sie nicht übertrieben und Risikofaktoren ärztlich abgeklärt werden.

Temperaturempfindliche Arzneimittel

Das Thema Kälte spielt auch bei der Arzneimittellagerung eine große Rolle. Apothekenmitarbeiter kennen die Temperaturempfindlichkeit von Arzneimitteln gut, während diese in der breiten Öffentlichkeit erst mit den extremen Lagerungsbedingungen vieler Corona-Impfstoffe deutlich geworden ist.

Kühlpflichtige Arzneistoffe werden bei 2 bis 8 °C im Kühlschrank aufbewahrt; sie dürfen aber bei Raumtemperatur, das heißt bei 15 bis 25 °C, kurzzeitig transportiert werden. Nach Anbruch dürfen sie bei Raumtemperatur gelagert werden, dabei gelten unterschiedliche Aufbrauchfristen (Fallbeispiel).

Kühlkettenpflichtige Medikamente benötigen die notwendige tiefe Temperatur durchgängig bei der Lieferung vom Hersteller bis zum Anwender. Das Medikament darf beim Transport nicht mit dem Kühlakku oder bei der Lagerung nicht mit der hinteren Kühlschrankwand direkt in Berührung kommen. Punktuelles Gefrieren führt zur irreversiblen Veränderung der Proteinstruktur und verringert die Wirksamkeit.

Seit Oktober 2019 besteht mit § 17 Absatz 2a Apothekenbetriebsordnung die Pflicht der Temperaturkontrolle beim Versand von Arzneimitteln (16). Diese ist bei der Versendung von Arzneimitteln aus dem Ausland eventuell nicht immer gewährleistet.

Das Apothekenpersonal sollte den Kunden bezüglich Transport, Lagerung, Aufbrauchfrist und Anwendung kühlpflichtiger Arzneimittel ausführlich beraten. Diese gehören auf Flugreisen in eine Kühltasche ins Handgepäck und im Hotel in den Kühlschrank. Auch Medikamente, die bei Raumtemperatur gelagert werden dürfen, können bei tieferen Temperaturen Veränderungen in Galenik, Arzneimittelstruktur und Wirkung erfahren: Suppositorien werden bröcklig, Salben oder Cremes bilden Eiskristalle, empfindliche TTS können leiden.

Für ganz empfindliche Medikamente bietet sich zur Messung der aktuellen Temperatur ein kleines Temperaturmessgerät an. Ein Signalton warnt bei Temperaturschwankungen.

Tipps aus der Apotheke

Kälte reizt den Körper; der verantwortungsvolle Umgang damit stärkt das Immunsystem. Es sollte auf ausreichende Flüssigkeitsaufnahme geachtet werden. Kälteschutz durch angepasste Kleidung, die schon in beheizten Räumlichkeiten angezogen wird, ist die beste prophylaktische Maßnahme. Den Kunden, besonders Kindern und älteren Menschen, ist zu empfehlen, unbedeckte Haut einschließlich Ohren und Lippen mit einer reichhaltigen W/O-Formulierung mit hohem Fettanteil oder sogar einer Kälteschutzcreme mit Vaseline zu schützen. Diese Pflegeprodukte enthalten wenig Wasser, das auf der Haut zu Eiskristallen frieren könnte. In beheizten Räumen dagegen sollten die Kältecremes entfernt werden, um einen Wärmestau auf der Haut zu vermeiden.

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