Was bedeutet die EU-Krisenstelle HERA für Apotheken? |
Jennifer Evans |
23.01.2023 18:00 Uhr |
Vorbereitung, Erkennung, Prävention und Reaktion auf grenzüberschreitende Gesundheitsbedrohungen – das ist die Aufgabe der Krisenstelle HERA. Auch für Apotheken hat die neue EU-Behörde Relevanz. / Foto: Adobe Stock/Martina
Tritt ein Notfall ein, kümmert sich die neue EU-Behörde Health Emergency Preparedness and Response Authority (HERA) unter anderem um die Entwicklung, Produktion und Verteilung von Medikamenten, Impfstoffen, Schutzausrüstung sowie um andere medizinische Gegenmaßnahmen. Doch die Aufgaben der im Jahr 2021 von Europäischen Kommission ins Leben gerufenen Behörde fangen genau genommen schon vor den Notfällen an.
HERA soll nämlich Bedrohungen und potenzielle Gesundheitskrisen bereits im Vorfeld antizipieren, identifizieren und dann bestenfalls verhindern oder zumindest schnell darauf reagieren. Ziel ist es, dass die EU-Mitgliedsstaaten künftig bei grenzüberschreitenden Gesundheitsbedrohungen gemeinsam handeln können. Zum Beispiel bei Krankheitserregern, antimikrobiellen Resistenzen sowie chemischen, biologischen, radiologischen und nuklearen Gefahren.
Ruft die EU eine Notlage aus, schaltet HERA in den Notfallmodus um. In dem Fall darf sie schnell Entscheidungen treffen und Sofortmaßnahmen ergreifen. Dazu zählt auch, die sogenannte EU-FAB-Fazilität zu aktivieren. Das ist ein Netzwerk von Herstellern, die ständig einsatzbereit sind. Sie können bei Bedarf zügig die nötigen Impfstoffe und Arzneimittel produzieren.
Darüber hinaus sammelt die HERA Informationen, analysiert Gefahren und fördert Forschung und Entwicklung, etwa mithilfe eines Netzwerks für klinische Prüfungen sowie Plattformen zum Datenaustausch. Außerdem soll die Behörde nach dem Willen der EU-Kommission die industriellen Kapazitäten stärken und dafür Dialoge mit europäischen Gesundheitsbehörden und der Industrie führen.
Grundsätzlich begrüßt die Pharmaceutical Group of the European Union (PGEU) die Vernetzung und den Austausch in Krisenzeiten. Allerdings hat der Zusammenschluss der europäischen Apotheker Bedenken, wie die Analyse der Bestände in Zukunft konkret vonstattengehen soll. In einem Positionspapier forderte die PGEU, dass die angeforderten Daten aus den Apotheken grundsätzlich »verhältnismäßig, gerechtfertigt und notwendig« sein sollten. Bei der Bitte schwingen gleich mehrere Sorgen mit. Zum einen: Könnte das System durch die Masse der Zugriffe künftig ständig überlastet sein? Und zum anderen: Wie wehrt man sich eigentlich dann gegen unzulässige Zugriffe aus dem Ausland?
In diesem Zusammenhang hebt die PGEU hervor: »Wir sind der Ansicht, dass die Erhebung von Bestandsdaten über alle in öffentlichen Apotheken verfügbaren Arzneimittel für die Regulierungsbehörden nur von begrenztem Nutzen wäre, um das verfügbare Angebot eines bestimmten Produkts auf dem Markt abzubilden.«
Alternativ schlägt der Zusammenschluss der EU-Apotheker vor, die nötigen Informationen über die Lagerbestände der Großhändler abzufragen oder auf Daten zum konkreten Bedarf der europäischen Apotheken zurückzugreifen. Für geeignet hält die PGEU zudem, die in vielen Ländern bereits bestehenden apothekengestützten Meldesysteme einzubeziehen. Das habe den Vorteil, dass die Daten aufgrund der Harmonisierungskriterien vergleichbar wären, so das Argument. Rückenwind für diese Position kommt übrigens auch vom GIRP, dem EU-Großhandelsverband.
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