Warum gibt es mehr Impfzertifikate als Impfungen? |
Die Frage, warum es deutlich mehr Impfzertifikate gibt als dokumentierte Impfungen, konnte das BMG nicht beantworten, ebenso wenig die KBV und das RKI. / Foto: Adobe Stock/Michael Bihlmayer
Millionenfach durchgeführte Covid-19-Impfungen, aber noch viel mehr Impfzertifikate: Dass die Rechnung bei der laufenden Impfkampagne offenbar nicht aufgeht, hat jetzt ein Zeitungsbericht zutage gefördert. Auf Anfrage der »Neuen Osnabrücker Zeitung« (NOZ) teilte demnach das Bundesgesundheitsministerium mit, bis dato (Stand: 21. Januar 2022) seien 204,7 Millionen digitale Impfzertifikate erstellt worden. Gleichzeitig allerdings hätten sich die verabreichten Dosen für Erst-, Zweit- und Drittimpfungen bis zum 24. Januar 2022 auf »nur« 162,1 Millionen Dosen summiert, wie die Zeitung am gestrigen Donnerstag berichtete. Wie erklärt sich diese Diskrepanz von mehr als 42 Millionen?
An gefälschten Zertifikaten liege es laut Bundesgesundheitsministerium (BMG) jedenfalls nicht, wie die Zeitung schreibt. Mit solchen müssen sich Apotheker bekanntermaßen massenhaft auseinandersetzen. Die enorme Lücke erkläre das aber nicht, ebenso wenig seien angebliche millionenfach nicht gemeldete Impfungen dafür verantwortlich. Es gebe vielmehr »verschiedene Gründe«, sagte ein Ministeriumssprecher dem Blatt. So habe es insbesondere zu Beginn der Kampagne Mehrfachausstellungen gegeben, etwa wenn die Zertifikate automatisch durch die Impfzentren erstellt und an die Geimpften geschickt wurden, »während die betroffenen Personen oftmals bereits ein Zertifikat in einer Apotheke ausgestellt bekommen haben«, zitiert die »NOZ« das BMG. Auch wenn jemand seinen Nachweis verliere, könnten Zertifikate mehrfach ausgestellt werden.
Am schnellsten wuchs die Lücke zwischen Impf- und Zertifikatezahl laut »NOZ« allerdings erst in den vergangenen Wochen, was die Theorien des BMG bröckeln lässt. Auch bei der weiteren Suche nach den Ursachen kam die Zeitung nicht wirklich weiter; die Kassenärztliche Bundesvereinigung jedenfalls könne sich die Lücke auch nicht erklären und »stochert selbst im Nebel«. Im vergangenen Oktober hatte das Robert-Koch-Institut (RKI) bereits festgestellt, dass wohl deutlich mehr Menschen geimpft seien als berechnet. Das RKI hatte damals, so berichtet die »NOZ«, Meldelücken etwa bei Betriebsärzten oder auch bei Einsätzen der mobilen Impfteams vermutet. Die Ärzte ihrerseits verwiesen bei der »NOZ«-Anfrage wiederum auf das RKI, das aber auch nichts dazu sagen wollte und ans BMG weiterverwies.
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