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Covid-19

Tocilizumab senkt Sterberisiko bei Schwerkranken

Nach zuletzt widersprüchlichen Daten zum Nutzen von Tocilizumab bei Covid-19 zeigt jetzt die britische RECOVERY-Studie einen signifikanten Vorteil für hospitalisierte Patienten. Empfehlenswert ist demnach die Kombination mit Dexamethason.
Annette Rößler
12.02.2021  13:00 Uhr

Bei Patienten, die schwer an Covid-19 erkrankt sind, ist der antiinflammatorische Behandlungsansatz offenbar der richtige und es gilt: Viel hilft viel. Das lässt sich aus der jetzt von der Universität Oxford bekannt gemachten jüngsten Auswertung der RECOVERY-Studie (Randomised Evaluation of Covid-19 Therapy) ableiten. Nachdem RECOVERY-Ergebnisse bereits bei Dexamethason dazu geführt hatten, dass dieses oder andere Glucocorticoide mittlerweile zur Standardtherapie bei schwer kranken Covid-19-Patienten gehören, dürfte die neue Auswertung dazu führen, dass auch der Interleukin-6-Antagonist Tocilizumab (Roactemra®) in dieser Patientengruppe bald standardmäßig eingesetzt wird.

Die RECOVERY-Studie läuft seit März 2020 und untersucht verschiedene Arzneistoffe auf ihren Nutzen bei Covid-19. Tocilizumab war seit April 2020 darunter und wurde bei Patienten eingesetzt, die zusätzlichen Sauerstoff benötigten und Anzeichen einer Entzündung aufwiesen. Insgesamt erhielten 2022 Probanden den IL-6-Antagonisten; sie wurden verglichen mit 2094 Patienten, die ausschließlich die Standardtherapie erhielten, wobei die Mehrheit aller Patienten (82 Prozent) mit einem systemischen Glucocorticoid wie Dexamethason behandelt wurde.

Tocilizumab senkte signifikant die Sterberate: Innerhalb von 28 Tagen starben 694 Patienten unter Standardtherapie (33 Prozent), aber nur 596 Patienten in der Tocilizumab-Gruppe (29 Prozent). Das bedeutet, dass die Tocilizumab-Gabe je 25 behandelten Patienten ein zusätzliches Leben rettete. Auch die Wahrscheinlichkeit der Entlassung aus dem Krankenhaus innerhalb von 28 Tagen erhöhte sich (von 47 auf 54 Prozent). Diese Vorteile waren in allen Subgruppen vorhanden, auch bei invasiv beatmeten Patienten auf der Intensivstation. Bei denjenigen, die zunächst nicht mechanisch beatmet wurden, sank die Wahrscheinlichkeit, dass dies notwendig wurde (von 38 auf 33 Prozent). Bei bereits beatmeten Patienten zeigte sich jedoch kein Einfluss auf die Chancen, die Beatmung wieder zu beenden.

Für Studienleiter Professor Dr. Peter Horby ist der Nutzen von Tocilizumab bei Covid-19 damit nach zuletzt widersprüchlichen Ergebnissen klar nachgewiesen: »Jetzt wissen wir, dass alle Covid-19-Patienten mit niedriger Sauerstoff-Sättigung und signifikanter Entzündung von Tocilizumab profitieren.« Der doppelte Effekt von Dexamethason und Tocilizumab sei beeindruckend und hochwillkommen.

Der zweite Studienleiter Professor Dr. Martin Landray präzisiert: »Die Ergebnisse der RECOVERY-Studie zeigen deutlich die Vorteile von Tocilizumab und Dexamethason zur Bewältigung der schlimmsten Folgen von Covid-19 – sie erhöhen die Überlebensrate, verkürzen die Krankenhausbehandlung und senken den Bedarf an mechanischer Beatmung. Beim Einsatz der Kombination ist der Effekt beträchtlich.«

Die Ergebnisse sollen zeitnah zunächst auf dem Preprint-Server »MedRxiv« und dann auch in einer wissenschaftlichen Fachzeitschrift veröffentlicht werden.

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