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Gerinnung gestört

Thromboserisiko nach Covid-19 monatelang erhöht

Eine Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 kann die Blutgerinnung offenbar nachhaltig durcheinanderbringen. Laut einer schwedischen Studie haben ehemalige Covid-19-Patienten hinterher noch über Monate ein erhöhtes Thromboserisiko.
Annette Rößler
08.04.2022  14:00 Uhr

Komplikationen einer gestörten Blutgerinnung sind nach einer SARS-CoV-2-Infektion deutlich häufiger als nach anderen Infektionen. Das zeigt eine große Studie von Forschern um Ioannis Katsoularis von der Universität Umeå in Schweden, die jetzt im Fachjournal »BMJ« erschienen ist. Es ist nach ähnlichen Ergebnissen etwa aus den USA ein weiterer Fingerzeig darauf, dass Risikopatienten auch nach überstandenem Covid-19 noch überwacht und möglicherweise auch länger präventiv mit einem Gerinnungshemmer behandelt werden sollten.

Für die Studie konnte das Team um Katsoularis wegen der lückenlosen Erfassung anhand der Personennummer alle Einwohner Schwedens mit positivem SARS-CoV-2-Nachweis zwischen dem 1. Februar 2020 und dem 25. Mai 2021 heranziehen – insgesamt 1.057.174 Fälle. Deren Thromboserisiko in der Zeit unmittelbar nach ihrer Infektion wurde im Rahmen einer gematchten Kohortenstudie mit dem von 4.076.342 Kontrollpersonen verglichen und im Rahmen einer selbstkontrollierten Fallserie mit ihrem eigenen Risiko vor beziehungsweise im großen Abstand nach der Infektion. Durch die Kombination dieser beiden statistischen Methoden, die jede für sich bei dieser großen Teilnehmerzahl schon sehr belastbare Ergebnisse liefert, gewinnt die Studie noch zusätzlich an Aussagekraft.

Das Risiko für eine tiefe Venenthrombose (TVT) war demnach bis zu drei Monate nach der SARS-CoV-2-Infektion signifikant erhöht, im ersten Monat danach sogar um das Fünffache (Faktor 4,98). Eine Lungenembolie kam laut der Studie im ersten Monat nach der Infektion 33,05-mal häufiger vor als bei nicht Infizierten und blieb noch bis zu sechs Monate nach der Infektion signifikant erhöht. Bei Patienten, die wegen Covid-19 im Krankenhaus behandelt werden mussten, waren im ersten Monat danach auch Blutungen doppelt so häufig (Faktor 1,88). Insgesamt stieg das Risiko sowohl für thromboembolische Komplikationen als auch für Blutungen mit der Schwere des ursprünglichen Covid-19-Verlaufs.

Letzteres werten die Autoren als starkes Argument für eine Schutzimpfung gegen Covid-19, da diese bekanntlich das Risiko für einen schweren Verlauf beträchtlich senkt. Ob ihre Ergebnisse auch dazu dienen sollten, die Indikation für eine medikamentöse Thromboseprophylaxe nach Covid-19 auszuweiten, bezeichnen sie selbst mit Blick auf das ebenfalls erhöhte Blutungsrisiko aber als fraglich.

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