Pharmazeutische Zeitung online
Covid-19

Kardiovaskuläre Spätschäden möglich

Eine durchgemachte SARS-CoV-2-Infektion erhöht das Herz-Kreislauf-Risiko nachhaltig, auch wenn sie mild verlaufen ist. Man müsse sich daher auf einen starken Anstieg der Zahl betroffener Patienten einstellen, heißt es in einer aktuellen »Nature«-Veröffentlichung.
Annette Rößler
25.02.2022  12:30 Uhr

Zu den akuten Folgen einer SARS-CoV-2-Infektion beziehungsweise der Erkrankung Covid-19 zählt ein erhöhtes Thromboserisiko. Daher erhalten Patienten, die aufgrund von Covid-19 im Krankenhaus behandelt werden, mittlerweile routinemäßig für die Dauer des Klinikaufenthalts eine gerinnungshemmende Medikation. Weniger gut untersucht war bislang, wie schnell sich das Herz-Kreislauf-Risiko der Patienten nach überstandenem Covid-19 wieder normalisiert. Ein Autorenteam um Yan Xie vom Veterans Affairs St. Louis Health Care System in den USA ist dem jetzt nachgegangen.

Wie die Forscher in »Nature Medicine« berichten, führten sie anhand von in der Datenbank des US Department of Veterans Affairs gespeicherten Gesundheitsdaten von US-Veteranen eine retrospektive Kohortenstudie durch. Eine Gruppe von 153.760 ehemaligen Covid-19-Patienten wurde mit zwei Kontrollgruppen ohne Covid-19-Vorerkrankung verglichen: 5.637.647 heutige Kontrollen, deren Daten in der Pandemie erhoben wurden, und 5.859.411 historische Kontrollen, deren Daten von vor der Pandemie stammten. Erfasst wurde jeweils das Ein-Jahres-Risiko für verschiedene Herz-Kreislauf-Erkrankungen; im Fall der Covid-19-Patienten begann der Untersuchungszeitraum 30 Tage nach der Infektion.

Die Auswertung zeigt, dass Covid-19 das Risiko für verschiedene Kategorien kardiovaskulärer Erkrankungen erhöht. So war die Wahrscheinlichkeit, innerhalb eines Jahres einen Schlaganfall zu erleiden, um 52 Prozent erhöht. In absoluten Zahlen bedeutet das, dass im ersten Jahr nach einer SARS-CoV-2-Infektion zusätzlich 4,03 von 1000 Personen einen Schlaganfall erleiden. Ähnliches galt unter anderem für Herzrhythmusstörungen, Herzinfarkt und Herzinsuffizienz: Der Risikoanstieg betrug für Herzrhythmusstörungen 69 Prozent (19,86 zusätzliche Fälle pro 1000 Personen), für Herzinfarkt 63 Prozent (2,91 zusätzliche Fälle pro 1000 Personen) und für Herzinsuffizienz 72 Prozent (11,61 zusätzliche Fälle pro 1000 Personen).

Auch für die entzündlichen Herzerkrankungen Myokarditis und Perikarditis war ein Risikoanstieg infolge von Covid-19 festzustellen. Dieser fiel zwar absolut betrachtet gering aus (Myokarditis: 0,31 zusätzliche Fälle und Perikarditis 0,98 zusätzliche Fälle, jeweils pro 1000 Personen). Da aber die Schutzimpfung gegen Covid-19 mit den mRNA-Impfstoffen Comirnaty® und Spikevax® auch mit einem erhöhten Risiko für Myo- und Perikarditis assoziiert ist, untersuchten die Autoren diese Fälle noch einmal genauer.

Sie schlossen in einer separaten Analyse alle Teilnehmer ab dem Zeitpunkt ihrer ersten Impfung gegen Covid-19 aus; zudem berücksichtigten sie die Impfung in einer weiteren separaten Analyse als zeitabhängige Kovariable. Beide Analysen bestätigten das erhöhte Risiko nach Covid-19. Aus Furcht vor einer Myokarditis oder Perikarditis auf die Impfung zu verzichten und stattdessen lieber zu risikieren, an Covid-19 zu erkranken, wäre demnach offenbar die falsche Entscheidung.

Seite12>

Mehr von Avoxa