Therapie off Label, aber hilfreich |
Bei den sprachbetonten FTD-Varianten sind drei Formen zu unterscheiden:
Patienten mit nichtflüssiger agrammatischer Aphasie haben ausgeprägte Wortfindungsstörungen mit hoher Anstrengung, sich adäquat mitzuteilen, sowie grammatikalischen und lexikalischen Fehlern. Dies ist ein progredienter Prozess. Merkfähigkeit und Orientierung sowie Alltagskompetenz bleiben lange erhalten und sind erst später im Krankheitsverlauf betroffen. Wenn die Patienten ihre Krankheit subjektiv ausgeprägt wahrnehmen, entwickeln sie häufig eine Depression.
Bei der logopenischen PPA stehen sprachliche Defizite mit Kommunikationsstörung im Vordergrund (gestörter lexikalischer Zugriff, Störung der phonologischen Schleife des Arbeitsgedächtnisses). Jedoch sind auch das nonverbale Gedächtnis und andere kognitive Funktionen beeinträchtigt. Viele Patienten sind leicht irritierbar und ängstlich. Meist besteht eine Alzheimer-Pathologie.
Patienten mit PPA (nichtflüssiger agrammatischer Aphasie und vor allem auch mit der logopenischen Variante) profitieren von Acetylcholinesterase-Hemmern in Bezug auf die expressive Sprachstörung manchmal merklich. Die Sprachflüssigkeit nimmt potenziell wieder etwas zu. Diese Wirkstoffe sollten daher eingesetzt werden (off Label) (3). Memantin kann versucht werden (1), insbesondere bei geringer Sprachproduktion.
Wenn sich Demenzpatienten ihrer Defizite und Veränderungen bewusst sind, sind sie oft -irritiert und depressiv. / Foto: Adobe Stock/Nenad
Bei ausgeprägter depressiver Symptomatik sollten Antidepressiva erwogen werden. Außer trizyklischen Antidepressiva (wegen anticholinerger Wirkungen) sind alle Substanzen grundsätzlich geeignet; die individuelle Auswahl muss nach Begleiterkrankungen und Komedikationen getroffen werden.
Die semantische PPA ist gekennzeichnet durch einen schleichenden Verlust des Sprachverständnisses, wobei zusätzlich eine Veränderung von Wesen und Verhalten eintreten kann. Patienten sprechen meist sehr flüssig, aber der Text wird zunehmend inhaltsärmer und für das Gegenüber schwer verständlich. Auf mangelndes Verstandenwerden reagieren Betroffene potenziell gereizt. Sie verlieren nicht nur das Wissen um die Bedeutung von Worten und Texten, sondern können auch vertraute Gesichter nicht mehr erkennen.
Behavioral: auf das Verhalten oder Handeln einer Person bezogen
Echolalie: automatisches zwanghaftes Nachahmen und Wiederholen von Gehörtem eines Gegenübers
Fluktuation: Schwankung/Veränderung eines Zustands
Halluzination: Trugwahrnehmung oder Sinnestäuschung mit subjektiv als real empfundener Wahrnehmung; kann alle Sinnesqualitäten betreffen: visuell (Sehen), akustisch (Hören), olfaktorisch (Riechen), gustatorisch (Schmecken), coenaesthetisch (Körperwahrnehmung). Halluzinationen können auch beim Einschlafen (hypnagog) oder Aufwachen (hypnopomp) auftreten.
Mini-Mental-Status-Test: Kurztest für die Erfassung kognitiver Störungen mit Untersuchung von Orientierung, Merkfähigkeit, Gedächtnis und Konzentration via Rechnen und Buchstabieren, Handeln und Visuokonstruktion; maximal erreichbar sind 30 Punkte.
Mutismus: Kommunikationsstörung, bei der keine Defekte der Sprechorgane und des Gehörs vorliegen, aber die Betroffenen nicht sprechen
Perseveration: formale Denkstörung mit Haftenbleiben und Wiederholen von zuvor gebrauchten Gedanken, Worten und Redewendungen, die im aktuellen Kontext nicht mehr sinnvoll sind
Anfangs können sie sich gut an Ereignisse der jüngsten Vergangenheit erinnern. Im Verlauf treten Verhaltensauffälligkeiten mit Vergröberung des Sozialverhaltens, nachlassendem Mitgefühl und Einengung des Verhaltensrepertoires mit Ich-Bezogenheit auf. Das subjektive Krankheitsempfinden schwindet zunehmend.
Zur medikamentösen Behandlung der semantischen PPA kann Memantin potenziell eingesetzt werden (1). Acetylcholinesterase-Hemmer sind analog zur bvFTD meist nicht nützlich oder sogar ungünstig. Bei Gereiztheit können serotonerge Antidepressiva zum Einsatz kommen (SSRI, duale Substanzen, Trazodon) unter Beachtung möglicher Wechselwirkungen mit der Komedikation (7).
Unruhe und Aggressivität können durch Risperidon oder niederpotente Antipsychotika gelindert werden. Dabei ist Pipamperon bezüglich Interaktionen unproblematisch, jedoch potenziell leicht prokonvulsiv; gastrointestinale Nebenwirkungen sind möglich. Melperon wirkt in Tagesdosen ab etwa 50 mg als CYP2D6-Inhibitor, ist jedoch als einziges Antipsychotikum nicht prokonvulsiv. Sedierung, Schwindel, Zunahme kognitiver Beeinträchtigung und Sturzgefahr können unter diesen Substanzen zunehmen.
Dies gilt auch für den symptomatischen Einsatz von Benzodiazepinen, die allenfalls nur kurzfristig gegeben werden sollten. Dabei sind Präparate mit kürzerer Halbwertszeit aufgrund der Kumulationsgefahr zu bevorzugen (Lorazepam oder Oxazepam, kein Diazepam).
Nicht medikamentös ist bei den sprachproduktionsgestörten Formen im Einzelfall eine logopädische Behandlung sinnvoll, wenn sie die Erkrankten nicht zu sehr »stresst«. Erkrankte mit semantischer Demenz profitieren hiervon nicht; bei dieser Form ist durch das reduzierte subjektive Krankheitsempfinden kein Zugang diesbezüglich gegeben.