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Selbstmedikation

Stressfrei mal drei

Arzneiliche Unterstützung gegen Stress soll schnell wirken und darf gerne pflanzlich sein. Zumindest die Frage nach einem Phytopharmakon lässt sich rasch mit einem Ja beantworten. Doch ist Beratung erforderlich. Drei Beispiele.
Maria Pues
13.08.2021  07:00 Uhr

Tagsüber ist man nervös und nachts lässt der erholsame Schlaf auf sich warten – eine anstehende Prüfung ist nur eine von zahlreichen möglichen Ursachen für eine stressreiche Zeit. Baldrianwurzel und daraus hergestellte Extrakte (wie Luvased® mono) kommen hier häufig zum Einsatz, sowohl allein als auch in Kombination mit Hopfen, Melisse und/oder Passionsblume. Sie enthalten unter anderem Sesquiterpenoide, Lignane und Flavonoide, die über das γ-Aminobuttersäure-(GABA-)System, am A1-Adenosinrezeptor und an 5-HT1A-Serotoninrezeptoren binden.

Sie verändern die Schlafarchitektur nicht und machen nicht abhängig. Aufgrund fehlender Daten sollte Baldrian nicht von Schwangeren oder Stillenden angewendet werden. Zu beachten ist außerdem, dass die Fähigkeit zum Autofahren und zum Bedienen von Maschinen beeinträchtigt werden kann.

Lavendel bei ängstlicher Verstimmung

Angst und Sorgen vor negativen Ereignissen, ohne dass eine manifeste Angststörung vorliegt, bezeichnen Mediziner als ängstliche Verstimmung oder subsyndromale Angststörung. Auch sie kann mit nervöser Unruhe und Schlafschwierigkeiten einhergehen. Lavendel und seine Extrakte (zum Beispiel Silexan® in Lasea®) enthalten ein ätherisches Öl, das unter anderem Linalool und Linalylacetat enthält.

Untersuchungen mit Silexan zeigen eine Modulation spannungsabhängiger Calciumkanäle, nach der sich eine Ausschüttung von Stresshormonen normalisieren kann. Das Reaktionsvermögen wird durch die Anwendung von Lavendel oder seinen Extrakten nicht beeinträchtigt. Aufgrund fehlender Daten sollte auch hier eine Anwendung während der Schwangerschaft und Stillzeit nicht erfolgen.

Johanniskraut bei nervöser Unruhe

Stress durch verminderte Energie und Aktivität – auch das kann die Betroffenen erheblich belasten. Bei depressiver Verstimmung, nervöser Unruhe und psychischer Erschöpfung können Johanniskraut und seine Extrakte (zum Beispiel Laif® 900 Balance) die Beschwerden bessern. Verschiedene Inhaltsstoffe, etwa Hyperforin, Adhyperforin und Amentoflavon, tragen über unterschiedliche Mechanismen zur Wirkung bei.

Da Johanniskraut und seine Extrakte ein sehr hohes Interaktionsrisiko besitzen, sollte vor der Abgabe stets die bestehende Medikation erfragt werden. Sie steigern unter anderem die Aktivität verschiedener Cytochrom-P450-Isoenzyme, insbesondere die von CYP3A4. So können sie unter anderem die Wirkung beispielsweise von Ciclosporin, Tacrolimus oder Indinavir vermindern. Auch die gerinnungshemmende Wirkung von Phenprocoumon kann herabgesetzt werden. Nachteilig beeinflusst werden kann außerdem die Wirksamkeit von oralen und anderen hormonalen Kontrazeptiva. Eine verminderte Sicherheit der Empfängnisverhütung und/oder Zwischenblutungen können die Folge sein.

Anwender sollten außerdem wissen, dass die Wirkung der Phytopharmaka erst nach mindestens zwei Wochen regelmäßiger Anwendung eintritt. Bleibt der Therapieerfolg trotz korrekter Anwendung aus, sollte eine ärztliche Untersuchung klären, ob den Beschwerden eine andere Ursache zugrunde liegt. Nervosität und Schlafstörungen können etwa durch eine Schilddrüsen-Überfunktion oder andere hormonelle Schwankungen ausgelöst werden.

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