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Häufige Arzneistoffe

Steckbrief Allopurinol

Allopurinol ist ein Wirkstoff-Oldie, aber bis heute der Goldstandard zur Behandlung der Gicht. Es bremst die Harnsäurebildung und verhindert damit Urat-Ablagerungen in den Gelenken. Gichtanfälle können allerdings vermehrt auftreten – vor allem zu Therapiebeginn.
AutorKontaktBrigitte M. Gensthaler
Datum 28.10.2020  07:00 Uhr

Welche Einsatzgebiete hat Allopurinol?

Allopurinol ist indiziert bei allen Formen der Hyperurikämie mit Serum-Harnsäurewerten ab 500 µmol/l (8,5 mg/100 ml), die diätetisch nicht beherrschbar sind, sowie bei klinischen Manifestationen wie Gicht oder Urat-Nephropathie. Ebenso kann es vorhandene Harnsäuresteine auflösen und deren Bildung verhindern. Gemäß der DEGAM-Leitlinie »Häufige Gichtanfälle und chronische Gicht« (2020) ist Allopurinol das Mittel der ersten Wahl zur Harnsäuresenkung. Für Kinder ist Allopurinol zugelassen bei sekundärer Hyperurikämie unterschiedlicher Ursache, bei Harnsäure-Nephropathie unter einer Leukämie-Behandlung sowie bei bestimmten angeborenen Enzymmangelkrankheiten.

Wie wirkt Allopurinol?

Allopurinol und sein Hauptmetabolit Oxipurinol senken die Harnsäurekonzentration in Blut und Urin, indem sie den Abbau von endogenen und exogen zugeführten Purinen zu Harnsäure hemmen. Dies erfolgt über eine Inhibition des Enzyms Xanthinoxidase, das bei der Oxidation von Hypoxanthin zu Xanthin und weiter zu Harnsäure eine wichtige Rolle spielt. (Hypo-)Xanthin wird renal ausgeschieden. Neben der Hemmung des Purin-Abbaus kann bei einigen Patienten auch die De-novo-Purinbiosynthese durch Hemmung der Hypoxanthin-Guanin-Phosphoribosyl-Transferase unterdrückt werden.

Wie wird Allopurinol dosiert?

Die durchschnittliche Dosis beträgt 300 mg für Erwachsene. Der Patient nimmt die Medikation einmal täglich unzerkaut mit reichlich Flüssigkeit nach einer Mahlzeit ein. Um das Risiko von unerwünschten Wirkungen zu verringern, beginnt man einschleichend mit 100 mg pro Tag und steigert bei unzureichender Wirkung. Die Tagesdosis kann auf 600 bis maximal 800 mg Allopurinol erhöht werden, wobei der Oxipurinol-Serumspiegel 15 µg/ml (100 µmol) nicht überschreiten sollte. Die hohe Dosis wird über den Tag verteilt auf Einzeldosen von maximal 300 mg. Kinder nehmen täglich 10 mg pro kg Körpergewicht bis maximal 400 mg pro Tag ein, verteilt auf drei Einzeldosen.

Da Allopurinol und seine Metaboliten renal ausgeschieden werden, wird die Dosis bei stark eingeschränkter Nierenfunktion auf höchstens 100 mg pro Tag oder Einzeldosen von 100 mg in größeren Abständen als einem Tag reduziert. Dies ist vor allem bei älteren Patienten wichtig.

Welche Nebenwirkungen sind möglich?

Häufige Nebenwirkungen sind Magen-Darm-Beschwerden wie Durchfall, Erbrechen und Übelkeit. In Einzelfällen wurde über Blutbildveränderungen wie Leukopenie, Leukozytose, Granulozytose und Eosinophilie berichtet. Hautreaktionen können zu jedem Zeitpunkt der Therapie auftreten. Dann ist Allopurinol sofort abzusetzen. Nach dem Abklingen leichter Symptome kann die Therapie niedrig dosiert wieder gestartet werden. Sehr selten sind anaphylaktische Reaktionen, Angioödem, Überempfindlichkeitsreaktionen wie DRESS (Arzneimittelexanthem mit Eosinophilie und systemischen Symptomen) sowie lebensbedrohliche Hautreaktionen wie Stevens-Johnson-Syndrom und toxisch epidermale Nekrolyse. Bei Anzeichen wie progredientem Hautausschlag, Blasenbildung oder Schleimhautläsionen muss der Patient sofort zum Arzt und die Therapie mit Allopurinol beendet werden. Frühzeitiges Absetzen verbessert die Prognose dieser schweren Erkrankungen. Patienten unter Ampicillin- oder Amoxicillin-Therapie oder mit Nieren- oder Lebererkrankungen erleiden häufiger Überempfindlichkeitsreaktionen. Das Risiko ist in den ersten Behandlungswochen am höchsten.

Zu Therapiebeginn kann es zu einem reaktiven Gichtanfall kommen, da Urat-Depots im Körper aktiviert werden und dadurch die Harnsäure-Blutspiegel steigen. Im akuten Gichtanfall helfen Corticoide, nicht steroidale Antirheumatika (NSAR), deren Kombination, Coxibe und Colchicin, um die Entzündungskaskade zu durchbrechen und Schmerzen zu lindern. 

Was ist in Schwangerschaft und Stillzeit zu beachten?

Während Schwangerschaft und Stillzeit sollten Frauen kein Allopurinol einnehmen. Allopurinol und Oxipurinol gehen in die Muttermilch über.

Welche Wechselwirkungen sind möglich?

Die Liste potenzieller Wechselwirkungen ist recht lang. Eine wichtige Interaktion ist die Hemmung des Metabolismus und der Elimination von 6-Mercaptopurin und Azathioprin. Deren Dosis muss auf 25 Prozent der sonst üblichen reduziert werden. Ferner kann Allopurinol die Wirkung von Antikoagulanzien wie Phenprocoumon verstärken.

Bei gleichzeitiger Gabe mit Zytostatika wie Cyclophosphamid, Doxorubicin, Bleomycin, Procarbazin und Alkylhalogeniden können Blutbildveränderungen auftreten. In Kombination mit Furosemid können die Urat- und Oxipurinol-Konzentrationen ansteigen. Vor allem Patienten mit Niereninsuffizienz haben ein erhöhtes Risiko für eine Überempfindlichkeit, wenn Allopurinol mit Diuretika, insbesondere Thiaziden, oder mit ACE-Hemmern kombiniert wird.

Zur Historie von Allopurinol

Allopurinol wurde Anfang der 1960er-Jahre von den Chemikern George H. Hitchings und Gertrude B. Elion bei Burroughs-Wellcome & Co (heute Glaxo-Smith-Kline) entwickelt. 1977 nahm die Weltgesundheitsorganisation den Stoff in die Liste der unentbehrlichen Arzneimittel auf. 1988 erhielten Hitchings und Elion gemeinsam mit dem Arzt James Black den Nobelpreis für Physiologie oder Medizin für die Entwicklung so bahnbrechender Arzneistoffe wie Pyrimethamin, Mercaptopurin, Trimethoprim, Azathioprin, Allopurinol und Aciclovir.

Welchen Stellenwert hat Allopurinol in der Therapie der Gicht?

Die Palette der Gichtmedikamente war jahrzehntelang klein: Colchicin im Gichtanfall, Allopurinol sowie die Urikosurika Probenecid und Benzbromaron zur Dauertherapie. 2010 kam mit Febuxostat ein neuer Xanthinoxidase-Hemmer hinzu. Allerdings sollten Patienten mit schwerer kardiovaskulärer Erkrankung diesen Wirkstoff nicht bekommen.

Ein Medikament mit neuem Wirkmechanismus, das in Deutschland nicht auf dem Markt ist, ist der URAT-1-Inhibitor Lesinurad, der die Rückresorption der Harnsäure in der Niere hemmt. Er ist nur in Kombination mit einem Xanthinoxidase-Hemmer zugelassen.

Rasburicase, ein rekombinantes Uratoxidase-Enzym, das den Abbau von Purinen zum wasserlöslichen Allantoin katalysiert, wird laut DEGAM in Deutschland nur in spezialisierten Fachabteilungen zur Behandlung sehr seltener schwerer Formen von Gicht eingesetzt.

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