Sicherheit für Mutter und Kind |
Reichen Inhalationstherapie, ausreichende Flüssigkeitszufuhr und die unterstützende Gabe von Expektoranzien nicht aus, darf bei quälendem unproduktiven Reizhusten Dextromethorphan für kurze Zeit angewendet werden. Bei Kindern mit Apnoe-Neigung ist Vorsicht geboten, da eine atemdepressive Wirkung nicht ausgeschlossen werden kann.
Erkältungssalben sollten möglichst gemieden werden, da diese nicht nur den Geschmack der Milch und somit die Trinkneigung des Kindes verändern, sondern beim Säugling auch zu Atemnotsyndromen führen können. Das Gleiche gilt für Cineol-haltige Sekretolytika. Zum Befeuchten und Spülen der Nase eignen sich Salzlösungen. Nasensprays mit Xylo- und Oxymetazolin können entsprechend der üblichen Dosierung (zwei- bis dreimal pro Tag) und Anwendungsdauer (nicht länger als sieben Tage) verwendet werden (3, 7, 6).
Reichen bei Magen-Darm-Erkrankungen diätetische Maßnahmen nicht aus, so gilt der Einsatz von Dimenhydrinat bei Übelkeit und Erbrechen sowie Loperamid bei Diarrhö für einige Tage als akzeptabel. Bei mütterlichem Sodbrennen kommen Schichtgitterantazida und Alginate zum Einsatz. Falls Protonenpumpenhemmer notwendig sind, können sowohl Omeprazol als auch Pantoprazol eingesetzt werden.
Gerade nach der Entbindung kann es verstärkt zur Obstipation und auch zur Bildung von Hämorrhoiden kommen. Linderung bei Hämorrhoiden verschaffen Salben mit Hamamelis (heilend) oder Zink (adstringierend) sowie (Sitz-)Bäder mit Gerbstoffen in Eichenrindenextrakten, die auch bei Hautverletzungen im Intimbereich und Dammrissen verwendet werden. Für die Stillzeit geeignet sind gut untersuchte Laxanzien wie Flohsamenschalen, Macrogole und Lactulose. Kurzzeitig steht der Verwendung von Bisacodyl oder Natriumpicosulfat nichts im Wege (3, 6, 7).
Zu den typischen Begleiterscheinungen des Wochenbetts und somit der Stillzeit zählen auch Harnwegsinfekte. Hier gilt es, an den Arzt zu verweisen, nicht zuletzt, da eine Antibiotikatherapie notwendig werden kann. Bärentraubenblätter-haltige Tees und Präparate sollten aufgrund ihres Arbutin-Gehalts nicht eingesetzt werden. Auch wenn für die Stillzeit keine Daten vorliegen: In der Schwangerschaft gelten sie als kontraindiziert. Diskutiert wird, dass das Stoffwechselprodukt Hydrochinon mutagene und kanzerogen Wirkungen besitzt. Möglich ist der Einsatz von Cranberry-Präparaten und D-Mannose, wobei auch hier der Nutzen gegen die Risiken für das Kind abgewogen werden muss (3, 14, 15, 16).
Bei Ekzemen und Erkrankungen der Haut durch Bakterien, Pilze oder Viren können spezifische Dermatika unumgänglich werden. Bei Wunden eignen sich zur Desinfektion Octenidin und Polyhexanid, anschließend zur Heilung und Narbenbehandlung Dexpanthenol. Kleine ekzematöse Erkrankungen können mit gerbstoffhaltigen Cremes oder Salben behandelt werden (3, 6).
Bei Herpes simplex ist der Einsatz von Aciclovir erlaubt. Die Mutter sollte jedoch auf jeden Fall vermeiden, das Kind zu küssen. / Foto: Adobe Stock/Wladimir Wetzel
Werden bei schwereren entzündlichen Erkrankungsbildern topische Glucocorticoide notwendig, so können in der Stillzeit Glucocorticoide der Klasse 1 und 2, zum Beispiel Hydrocortison und Triamcinolonacetonid, verwendet werden. Clobetasolpropionat (Klasse 4) ist in der Stillzeit zu meiden (3).
Topische Glucocorticoide sollten nicht unmittelbar in Brustnähe aufgetragen werden. Gleiches gilt für ätherische Öle, die nicht in direkten Kontakt mit dem Säugling kommen sollten. Bei Haut- und Candidapilzinfektionen ist der Einsatz von Clotrimazol, Miconazol und Nystatin akzeptabel. Bei Parasitenbefall mit Läusen darf auch unter einer oralen oder lokalen mütterlichen Therapie mit Dimeticon gestillt werden (3, 6, 7).
Eine große Herausforderung stellen Skabies-Infektionen dar. Es wird auch in der Stillzeit eine Arzneimitteltherapie empfohlen, da sich das Kind sonst infizieren kann. Mittel der Wahl ist Permethrin. Inzwischen wird in der Stillzeit auch auf Ivermectin als Wirkstoff zurückgegriffen, der nur zu einem kleinen Teil (circa 1 Prozent) in der Milch nachzuweisen ist (13, 17, 18).
Ebenfalls nicht unproblematisch sind Herpesinfektionen der stillenden Mutter für Neugeborene, wobei wie in der Schwangerschaft auch in der Stillzeit Aciclovir zum Einsatz kommen kann. Die Mutter sollte das Kind jedoch bis zum Abklingen der Symptome nicht küssen und strikte Hygienemaßnahmen einhalten.
Die Gewährleistung der Arzneimitteltherapiesicherheit für Mutter und Kind in der Schwangerschaft und Stillzeit hat oberste Priorität. Wichtig ist es, der Patientin im Beratungsgespräch zu vermitteln, dass für die meisten Behandlungsindikationen Arzneimittel mit einem ausreichend hohen Erfahrungsumfang existieren. Dabei müssen die entsprechenden Informationen im Beratungsgespräch in der Apotheke so kommuniziert werden, dass bestehende Risiken realistisch beschrieben, unnötige Ängste jedoch vermieden werden.
Im Rahmen des Aktionsplans AMTS 2021 bis 2024 (»Aktionsplan 2021–2024 des Bundesministeriums für Gesundheit zur Verbesserung der Arzneimitteltherapiesicherheit in Deutschland«) wurde kürzlich eine Information für Frauen im gebärfähigen Alter sowie Schwangere und Stillende veröffentlicht. Das Merkblatt wurde gemeinsam von den Beratungszentren »Embryotox« und »Reprotox« und multiprofessioneller Mitarbeit erstellt. Der Patientinnenflyer kann in entsprechenden Beratungssituationen in der Apotheke direkt an die Frauen abgegeben werden.
Dörte Schröder-Dumke studierte Pharmazie an der Universität Hamburg. Seit 1996 arbeitet sie als angestellte Apothekerin in Hamburg und Schleswig-Holstein. Sie ist seit 2002 als Referentin für verschiedene Apothekerkammern sowie im begleitenden Unterricht für Pharmazeuten im Praktikum aktiv. Ihre Schwerpunktthemen sind neben Erkrankungen der Haut unter anderem Arzneimittel in Schwangerschaft und Stillzeit sowie Kindererkrankungen. Auch stehen im Fokus ihres Interesses die Herstellung und Anwendung von Rezepturarzneimitteln sowie Hinweise zur und bei der Abgabe von Arzneimitteln in der Praxis. Schröder-Dumke ist Mitglied der Kammerversammlung und des Fortbildungsausschusses der Apothekerkammer Schleswig-Holstein.