Seh- und Hörstörungen bei Covid-19 |
Christina Hohmann-Jeddi |
23.11.2021 18:00 Uhr |
Rote Augen können auf eine Coronainfektion hindeuten: In Studien war eine Bindehautentzündung (Konjunktivitis) ein häufiges Symptom einer SARS-CoV-2-Infektion am Auge. / Foto: Adobe Stock/Marian Fil
Schon seit Längerem ist bekannt, dass das SARS-Coronavirus-2 über den ACE2-Rezeptor auch Nerven- und Gliazellen befallen und über direkte und indirekte Mechanismen neurologische Beschwerden verursachen kann. Das bekannteste Beispiel sind Probleme mit dem Geruchs- oder Geschmackssinn, die bei Coronainfizierten häufig auftreten. Bei manchen Menschen kann die Infektion aber auch den Gehörsinn treffen oder andere Probleme mit den Ohren bereiten. Wie häufig diese sind, hat ein Forscherteam um Dr. Zahra Jafari von der University of Lethbridge in Kanada untersucht und die Ergebnisse im »Canadian Journal of Neurological Sciences« veröffentlicht.
Für ihre Metaanalyse hatten die Forschenden die bestehende Literatur analysiert und zwölf Studien zu Ohrproblemen bei Covid-19-Patienten gefunden. Ihrer Analyse zufolge könnten etwa 3,1 Prozent unter einer Hörminderung leiden, 4,5 Prozent unter Tinnitus (Ohrgeräuschen) und 12,2 Prozent unter Schwindel, der auf Probleme im Innenohr hindeutet. Die Daten seien aber mit Vorsicht zu interpretieren, da die Datenlage insgesamt unzureichend sei und beispielsweise die Symptome von den Patienten selbst und nicht von behandelnden Ärzten berichtet wurden. Hier bestehe weiterer Forschungsbedarf, schreiben die Autoren.
Mit den Manifestationen einer Coronainfektion an den Augen haben sich Forschende um Naser Nasiri von der Kerman University of Medical Sciences in Kerman, Iran, befasst. Ihre Metaanalyse, die im »Journal of Ophthalmic & Vision Research« erschien, schließt 38 Studien zu dem Thema mit insgesamt 8300 Patienten ein. Der Analyse zufolge weisen etwa 11 Prozent der SARS-CoV-2-Infizierten Symptome am Auge auf, am häufigsten Konjunktivitis, trockenes Auge oder Fremdkörpergefühl, Rötung, Tränenbildung, Jucken und Schmerzen am Auge. Gerade die Konjunktivitis könne als Hinweis auf eine Coronainfektion dienen, schreiben die Autoren. Allerdings nennen auch sie auch Limitationen ihrer Studie, vor allem die heterogene Datenlage und die insgesamt geringe Probandenzahl in manchen Studien.
Dass ein rotes Auge bei Covid-19-Patienten häufig ist, hatten chinesische Forscher sehr früh in der Pandemie, schon im März 2020 berichtet. In einem Fallbericht im Journal »JAMA Ophthalmology« wiesen immerhin 32 Prozent der 38 untersuchten Patienten eine Manifestation am Auge auf – auch hier wurde vor allem eine Konjunktivitis genannt. Trotzdem wurden die Augen in der Pandemie bislang als Ort der Infektion und auch als möglicher Übertragungsweg wenig berücksichtigt.
Dabei war auch schon früh klar, dass SARS-CoV-2 in Tränenflüssigkeit nachzuweisen ist. Untersuchungen mit Rhesusaffen zeigen zudem, dass sich die Tiere durch kontaminierte Tropfen in die Augen infizieren lassen. Ob und in welchem Ausmaß der Übertragungsweg über Tränenflüssigkeit beim Menschen eine Rolle spielt, ist durch Tieruntersuchungen allerdings schlecht zu ermitteln.
Gegenüber der Zeitung »Scientific American« sagt der Ophthalmologie-Professor Dr. Shahzad Mian von der University of Michigan, dass das Symptom rotes Auge bei der Covid-19-Diagnostik stärkere Beachtung finden sollte. In der Pandemie sollten Eltern von Kindern, aber auch Patienten insgesamt bei einer Konjunktivitis abklären, ob sie auf eine Coronainfektion zurückgeht.
Das Virus SARS-CoV-2 hat unsere Welt verändert. Seit Ende 2019 verbreitet sich der Erreger von Covid-19 und stellt die Wissenschaft vor enorme Herausforderungen. Sie hat sie angenommen und rasch Tests und Impfungen, auch für Kinder, entwickelt. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite Coronavirus.